«In den technisch geprägten Umweltberufen sind Frauen untervertreten»

Monika Joss, Spezialistin für Genderfragen und Kommunikation, hat die Broschüre «Zukunftsberufe Umwelt – für Frauen und Männer. Informationen für Berufsberatende» im Auftrag der OdA Umwelt und der Fachfrauen Umwelt (FFU) verfasst. Sie erklärt im Interview, was es braucht, damit Frauen vermehrt im (technischen) Umweltbereich arbeiten.

Interview: Kaspar Meuli

umwelt: Frau Joss, welchen Stellenwert haben Umweltberufe für junge Frauen? 

Monika Joss: In der Umweltbildung, der Umweltberatung und in den Umweltnaturwissenschaften auf Hochschul- und Fachhochschulebene sind Frauen schon heute gut vertreten. Noch sehr wenige Frauen gibt es hingegen in den technisch geprägten Umweltbranchen wie Recycling, Wasserversorgung, Erneuerbare Energie und Bauwesen. Technik wird auch heute noch als ein typisch männliches Berufsfeld angesehen, und das schlägt sich auch in den technisch geprägten Umweltberufen nieder. Momentan sind die Frauen in diesem Zukunftsfeld noch untervertreten.

Sind die Umweltberufe «gendergerecht»? Oder braucht es Anpassungen?

Es braucht Anpassungen auf verschiedenen Ebenen. Die Vermarktung der Berufe muss so gestaltet sein, dass sich auch junge Frauen angesprochen fühlen.

Monika Joss
«Eine Frau, die einen sogenannten ­Männerberuf wählt, setzt sich auch heute noch dem Verdacht aus, ‹unweiblich› zu sein.» Monika Joss.

Die Gebäudetechnik-Branche versucht, mit einer «Miss Gebäudetechnik»-Wahl junge Frauen für den Beruf zu gewinnen. Was halten Sie davon?

Eine Frau, die einen sogenannten Männerberuf wählt, setzt sich auch heute noch dem Verdacht aus, «unweiblich» zu sein. Die bevorstehende Miss-Wahl werte ich als einen Versuch, dem etwas entgegenzuhalten. Und das ist leider auch gleich der Schönheitsfehler dieser Veranstaltung. Die stereotype Vorstellung «Frauen interessieren sich nicht für Gebäudetechnik» wird mit der nächsten stereotypen Vorstellung «Frauen interessieren sich für Miss-Wahlen» bekämpft.

Wie können mehr junge Frauen für technische Umweltberufe gewonnen werden?

Wir wissen, dass Mädchen andere Spielsachen bekommen als Jungen. Wir wissen auch, dass Mädchen bei gleichen Leistungen damit rechnen müssen, von unerfahrenen Lehrpersonen schlechtere Mathematiknoten zu bekommen als Jungen. Junge Frauen wählen ihre Lehrstelle aus einem viel kleineren Spektrum von Berufen aus. All dies führt dazu, dass junge Frauen und Männer schliesslich geschlechtstypische Berufe wählen. Es muss deshalb auf allen Ebenen angesetzt werden – vom Kindergarten bis zum Berufseinstieg. Die vom BAFU mitfinanzierte Broschüre «Zukunftsberufe Umwelt – für Frauen und Männer» setzt bei der Berufsberatung an.

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Letzte Änderung 08.06.2017

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