Unter dieser Rubrik sind seit dem 30. Nov. 2015 täglich schriftliche Kurzbeiträge von Mitgliedern der Schweizer Delegation, von Expertinnen und Experten und weiteren Referenten erschienen. Diese Beiträge sollten einen Blick hinter die Kulissen der Verhandlungen vermitteln.
- Mehr Transparenz und gemeinsame Regeln benötigt (09.12.2015)
- Zwei oder eineinhalb Grad (08.12.2015)
- Kompensieren der eigenen Emissionen ist jetzt einfach, glaubwürdig und günstig (04.12.2015)
- Over 5 USD billion for forests and REDD+ in the period 2015–2020 (02.12.2015)
- Anpassung, Schäden und Verluste in den Klimaverhandlungen (01.12.2015)
- Message de l'Ambassadeur de Suisse en France (30.11.2015)
Paris, 9. Dezember 2015
Mehr Transparenz und gemeinsame Regeln benötigt
Abkürzungen wie BR, TACCC, TTE, ICA und FSV lassen die Herzen von Transparenz-VerhandlerInnen höher schlagen: wie alle anderen VerhandlerInnen spezifischer Elemente des neuen Abkommens behaupten auch sie gerne, mit überzeugter Stimme und ernster Miene, das wohl wichtigste Element des neuen Abkommens zu verhandeln.
Die Transparenz- oder sogenannten MRV-VerhandlerInnen (Measurement, Reporting, Verification) beschäftigen sich hauptsächlich mit drei Bereichen: Methodologien für die Berechnung von Emissionen, Richtlinien bezüglich der einzureichenden Informationen und deren Überprüfung. Im Detail geht es dabei von der Festlegung der Inhaltsverzeichnisse der Berichte über Methoden zur Abgrenzung von Sektoren bis hin zur Anwendung verschiedener Werte des Wärmepotentials von Treibhausgasen. Dabei wird schnell klar, dass eine der grossen Herausforderungen die sowohl technische, gleichzeitig aber sehr politische Natur des Themas ist.
Die Wichtigkeit von gemeinsamen Regeln für Transparenz sowie auch für die Methodik der Anrechnung von Gasen und Sektoren an ein definiertes Ziel ist speziell in einer Welt der selbstdefinierten Emissionsreduktionsziele wichtig. In Lima wurde beschlossen, dass die Reduktionsziele, welche die Länder für die Zeit nach 2020 vorgelegt haben, selber bestimmt werden. Wenn die Reduktionsziele in ihrer Form auch zukünftig heterogen bleiben werden, sind robuste Berichterstattungs- und Überprüfungssysteme und gemeinsame Anrechnungsregeln umso wichtiger.
Um zu wissen, wo die Länder im Hinblick auf die Erreichung des 2°C-Ziels stehen, und um Vertrauen zwischen den Ländern zu schaffen ist Transparenz bezüglich der vergangen Emissionen, Projektionen von zukünftigen Emissionen, Berichte zu Massnahmen zur Reduktion von Emissionen und zur Anpassung an den Klimawandel sowie zu geleisteter und erhaltener Unterstützung zugunsten der Entwicklungsländer zentral. Es ist wichtig, dass wir wissen was die verschiedenen Länder tun um die Ambition der Ziele zu verstehen und zu erhöhen sowie um sicherzustellen, dass auch andere Länder umsetzen was sie versprochen haben umzusetzen.
Zurzeit unterscheiden sich die Anforderungen an Transparenz für die traditionellen Industrie- und Entwicklungsländer. Die Unterschiede betreffen die Regeln, den Umfang der Informationen, die Häufigkeit der Berichterstattung sowie den Überprüfungsprozess. Dies ist nicht mehr zeitgemäss. So müssen kleine Länder mit eingeschränkter administrativer Kapazität wie z.B. Liechtenstein viel striktere und umfangreichere Anforderungen erfüllen als Schwellenländer, die unterdessen z.T. sehr hohe Emissionswerte haben. Das Ziel des Transparenz-Systems im neuen Abkommen soll es sein, für alle Länder dieselben Anforderungen zu erreichen, ohne für Länder mit weniger Kapazitäten neue Verpflichtungen zu schaffen.
Dina Spörri BAFU Mitglied der Schweizer Delegation
Paris, 8. Dezember 2015
Zwei oder eineinhalb Grad?
An der Klimakonferenz in Cancun 2010 ist durch die Staatengemeinschaft beschlossen worden, dass die mittlere Erdtemperatur nicht mehr als 2 Grad gegenüber vorindustriellen Verhältnissen ansteigen dürfe. Würde die Erderwärmung höher ausfallen, wird meist angenommen, dass die Auswirkungen fatal wären. Oft beruft man sich hier ohne genauere Überlegungen auf die Wissenschaft.
Dabei wird übersehen, dass die Wissenschaft schon seit Längerem so viel besser über Klimafolgewirkungen Bescheid weiss, dass den 2 Grad keineswegs mehr die Rolle einer Sicherheitsschranke zugeschrieben werden kann. Heute wissen wir z.B., dass in der Erdgeschichte eine Erwärmung von 2 Grad längerfristig immer mit einem Meeresspiegelanstieg von mindestens 3 bis 5 m einherging.
Die bisherige Erwärmung beträgt heute 0.85 Grad. Unzählige wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass diese vergleichsweise geringfügige Erwärmung schon erhebliche negative Auswirkungen hat: Der Meeresspiegel steigt kontinuierlich und nun gar beschleunigt an, Gletscher schmelzen weltweit, Überschwemmungen, Dürren, oder Hitzeperioden, treten gehäuft auf. Im Vorfeld der Klimaverhandlungen, dem sog. Structured Expert Dialogue ist nun kaum überraschend sehr deutlich geworden, dass unterhalb 2 Grad schon mit erheblichen weiteren negativen Folgen zu rechnen ist.
Wen erstaunt's, dass nun hier in Paris eine Mehrheit der Länder auf lange Sicht eine verschärfte Obergrenze von 1.5 Grad fordert. Dadurch steigen die Anforderungen an den Klimaschutz. Jedoch zeigen viele wissenschaftliche Untersuchungen, dass unabhängig vom genauen Langfristziel von 2 beziehungsweise 1.5 Grad, die Anforderungen an den Klimaschutz in etwa gleich sind. Was jetzt und heute auf alle Fälle benötigt wird, ist eine radikale Trendwende. Warum sich über den Parkpatz streiten, wenn man in die falsche Richtung fährt!?
Andreas Fischlin, ETH Zürich, Experte für die Schweizer Delegation
Paris, 4. Dezember 2015
Kompensieren der eigenen Emissionen ist jetzt einfach, glaubwürdig und günstig
Seit wenigen Monaten gibt es keine Ausrede mehr, auf persönlicher Ebene nichts zu tun. Das Klimasekretariat der Vereinten Nationen (UNFCCC) offeriert eine elektronische Plattform, seine nicht vermeidbaren Treibhausgas-Emissionen abzuschätzen, zu kompensieren und damit qua einer einzelnen Handlung über Jahre klimaneutral zu leben. Mit diesem freiwilligen Entwerten von Klimazertifikaten wird der UNFCCC Ausgleichsmechanismus zu einem echten Reduktionsinstrument, welches dank den zertifizierten Massnahmen effektive Nettoreduktionen ermöglicht. Damit wird Klimaneutralität für jeden nicht nur einfach möglich, sondern aufgrund der Dringlichkeit zur moralischen Pflicht.
Die auf den Mechanismus für eine saubere Entwicklung (Clean Development Mechanism - CDM) beschränkten Zertifikate stammen aus Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern. Beim Kauf der Zertifikate kann nicht nur das einzelne Projekt gemäss den eigenen Nachhaltigkeitsvorstellungen und Preiswünschen ausgewählt werden, sondern auch die Menge und Emissionsreduktionsperiode. Das aktuelle Angebot umfasst eine Vielzahl von Projekttypen: z.B. Windparkanlagen in Indien, Smart Bus Transportprojekte in China, Energieproduktion aus Biomasseanlage in Chile, Kleinwasserkraftwerke in Brasilien oder auch zusätzlich nach Goldstandard zertifizierte Windanlagen in Costa Rica. Dank Wettbewerb, breiter Transparenz und Vermeidung von Finanzintermediären ermöglicht die einfach gehaltene Plattform eine Kompensation der nicht vermeidbaren Emissionen von einer Person während einem Jahr je nach Projekttyp und Lebensstil zu einem Preis von rund Fr. 5.- bis Fr. 30.-. Wäre das nicht ein nachhaltiges Weihnachtsgeschenk mit positivem Zukunftscharakter?
Paris, 2nd December 2015
Over 5 USD billion for forests and REDD+ in the period 2015–2020
At COP 21 world leaders have given a clear and decisive signal that forests will continue to be a cornerstone of fighting climate change. Reducing deforestation and degradation of forests, as well as their conservation and sustainable management will continue to receive unprecedented amounts of international finance.
These incentives for forests also scale up support and technical assistance for countries to build capacity, improve governance, address land tenure, conserve biodiversity, promote sustainable land-use and adaptation, and promote the full and effective participation of indigenous peoples and local communities.
Forested developing nations and donor countries have both announced ambitious climate measures from forests. Germany, Norway and the UK have pledged new support for REDD+ (Reduction of Emissions from Deforestation and Forest Degradation), conditioned on forest countries coming forward with ambitious and high quality proposals. REDD+ has already received roughly USD 10 billion since 2010, and at COP 21 governments and over 300 multinational corporations have demonstrated their will to invest in forests and sustainable supply commodity supply chains.
The leading role of the donor governments of Germany, Norway and the UK is demonstrated by their declaration to provide $5 billion in the period 2015–2020 for forests and REDD+, $339M for five new large-scale emissions reductions programs under the World Bank's Carbon Fund, for Colombia over $100M in payments for verified emissions reductions, maintained level of payments from Norway for the Amazon Fund of Brazil through 2020, and $500 million for seven countries of the Congo Basin, the second largest forest surface area of the world.
Forests are higher on the political agenda than ever before, and though the destruction of forests is decreasing globally the 2015–2020 period is seen as only a stepping stone. Changing destructive practices of the private sector in forests and the possibility of countries using their emissions reductions in forests toward their climate commitments is clearly the next step.
Paris, den 1. Dezember 2015
Anpassung, Schäden und Verluste in den Klimaverhandlungen
Die Anpassung an den bereits stattfindenden Klimawandel ist ein wichtiges Element des neuen Klima -Abkommens, das im Paris zurzeit verhandelt wird. Ein Teil davon ist auch der Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten (auf Englisch Loss and Damage).
Der Bereich «Schäden und Verlusten» ist an einer Schnittstelle zwischen Umwelt und Entwicklung anzusiedeln und umfasst verschiedene Aspekte: Den Umgang mit Naturkatastrophen und langsame, dauerhafte Umweltveränderungen wie die Gletscherschmelze oder den Meeresspiegelanstieg. Entsprechend gibt es nicht eine einzige Lösung für diesen Bereich.
Das Risiko für Schäden und Verluste von Naturkatastrophen kann durch integrales Risikomanagement auf ein Minimum beschränkt werden. Die Schweiz verfügt über eine grosse Erfahrung bezüglich Risikomanagement (siehe Links unten). Studien der Swiss Re, eines global tätigen Rückversicherers zeigen, dass durch das Risikomanagement bis 2030 ungefähr 60% der Schäden kosteneffizient vermeiden werden können. Diese Risikominderung vereinfacht zudem den Einsatz von Versicherungslösungen.
Deutlich schwieriger ist der Umgang mit langsamen, dauerhaften Umweltveränderungen. Daher ist es essentiell, diese auf ein Minimum zu beschränken und a priori die Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren. Klimabedingte Umweltveränderungen finden jedoch bereits statt. Die globalen Klimaverhandlungen zielen darum darauf ab, solche Veränderungen auf ein Minimum zu beschränken. Ansätze zu einer nachhaltigen Entwicklung helfen, die Auswirkungen solcher Umweltveränderungen zu dämpfen.
Die Klimakonvention kann und soll in diesen Bereichen eine katalytische Rolle spielen. Die bereits bestehenden Ansätze und Werkzeuge müssen berücksichtigt werden. Die Schweiz engagiert sich für einen differenzierten Umgang mit der Thematik in den Klimaverhandlungen. Dazu gehören die Anerkennung der Relevanz und Langfristigkeit der Thematik im Schlussdokument von Paris sowie die Weiterführung des Warsaw International Mechanism on Loss and Damage, der Massnahmen prüft, um Klimaschäden zu verhindern oder zu verringern.
Einen zusätzlichen Mechanismus zu Kompensationszahlungen lehnt die Schweiz hingegen ab, da ein solcher der dargestellten Komplexität nicht gerecht wird.
André Wehrli Sektion Globalprogramm Klimawandel DEZA
David Bresch Leiter Produktentwicklung Swiss Re
Paris, le 30 novembre 2015
Message de l'Ambassadeur de Suisse en France à l'occasion de la COP21
La Conférence des Nations Unies sur le Climat (COP21), qui revêt une importance cruciale pour l'avenir de notre planète, s'ouvre aujourd'hui à Paris, sur le site du Bourget. Quelques chiffres pour en comprendre les enjeux :
- 196 : 195 pays plus l'Union européenne participeront à cette conférence mondiale sur le climat. L'objectif est de parvenir à un accord juridiquement contraignant et universel visant à limiter les émissions de gaz à effet de serre ;
- 2 degrés : les Etats se sont entendus sur un objectif à long terme: contenir le réchauffement climatique au-dessous des 2°C par rapport à l'ère préindustrielle ;
- 40% : c'est la réduction nécessaire d'ici 2050 des émissions de gaz à effet de serre pour demeurer sous le seuil critique des 2°C de réchauffement climatique;
- 100 milliards $ : ce sont les fonds publics et privés que les pays développés ont pris l'engagement de mobiliser d'ici à 2020 pour permettre aux pays en développement de faire face au dérèglement climatique ;
- 30% : c'est la perte en termes de biodiversité d'ici à la fin du siècle si le rythme actuel des émissions de gaz à effet de serre se poursuit ; un tiers des espèces vivantes serait privé d'un environnement adapté à leur survie ;
- 1 mètre : c'est l'élévation attendue du niveau moyen des océans à l'horizon 2100 si le réchauffement climatique se poursuit au rythme actuel ;
- 400 millions : c'est le nombre de personnes vivant à moins d'un mètre au-dessus du niveau des mers.
Ces chiffres font prendre conscience de la responsabilité qui est la nôtre. La Suisse s'est engagée à une réduction des émissions de gaz à effet de serre (moins 50% d'ici à 2030 par rapport à 1990) et apporte ainsi une contribution ambitieuse à l'objectif international consistant à limiter le réchauffement à 2 degrés. Une importante délégation suisse, de plus d'une vingtaine de négociateurs, sera présente à la COP21 pour porter ce message et arriver à un accord contraignant engageant tous les Etats.
La Suisse sera également bien représentée au niveau scientifique et économique en occupant du 4 au 10 décembre, un vaste stand, dans le cadre de l'exposition Solutions COP21 au Grand Palais. Sous le titre «De la Suisse dans les idées», le stand accueillera une dizaine d'acteurs et huit entreprises suisses. Celles-ci présenteront des solutions de transition énergétique dans le domaine solaire et aquatique pour lutter contre le réchauffement climatique.
Surmontant l'exposition, la maquette de l'avion Solar Impulse sera la vedette, rappelant cette extraordinaire aventure, celle de faire voler, jour et nuit, un appareil mû par la seule énergie du soleil. Quant au navire solaire Race for Water, il sera amarré au quai de Javel. Sa mission est la recherche scientifique dans le domaine de la préservation de l'eau des océans et la lutte contre la pollution plastique. Et dans le domaine ferroviaire, les Chemins de Fer fédéraux vous feront découvrir comment « les trains suisses carburent à l'eau de source » !
Cette présence suisse à Solutions COP21 me tient tout particulièrement à cœur. Lutter contre le réchauffement climatique, c'est trouver des solutions concrètes et innovantes pour limiter l'utilisation de ressources naturelles et la production de CO2. En ce sens, le secteur privé est un vecteur important de solutions durables, qui agit de concert avec l'engagement pris par les Etats.
Bernardino Regazzoni
Ambassadeur de Suisse en France
Letzte Änderung 12.12.2015