Kein Kavaliersdelikt

Editorial von Christine Hofmann, Vizedirektorin BAFU.

Christine Hofmann
Christine Hofmann, Vizedirektorin BAFU

Beim Thema Umweltkriminalität denkt kaum jemand an die Schweiz. Man verortet sie vielmehr in fernen Ländern, wo Wälder illegal abgeholzt, geschützte Tiere eingefangen oder Elektrogeräte illegal entsorgt werden. Schwache Staatsstrukturen, geringe Strafen und knapp dotierte Strafverfolgungsbehörden ermöglichen dort ein hochprofitables Geschäft mit geringem Risiko. Bis zu 258 Milliarden US-Dollar pro Jahr werden gemäss Schätzungen in diesem Bereich umgesetzt. Aber auch die Schweiz ist in die internationale Umweltkriminalität verwickelt, beispielsweise als Importeurin von verbotenen Tier- und Pflanzenprodukten und illegal geschlagenem Holz. Oder als Transit- und Ursprungsland von Abfalltourismus und illegaler Abfallentsorgung.

Hinzu kommen zahlreiche «Inland-Delikte». Dem BAFU werden jedes Jahr rund 900 Verurteilungen wegen Umweltstraftaten gemeldet. Oft stecken handfeste finanzielle Interessen dahinter, beispielsweise wenn ein Unternehmen die Kosten für die korrekte Abfallentsorgung oder Abwasserreinigung einsparen will. In den meisten Fällen handeln die Täter jedoch nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig. Sie bedenken die Folgen ihrer Handlung nicht, obschon sie zur Vorsicht verpflichtet sind – oder sie nehmen keine Rücksicht darauf. Verstösse gegen die Umweltgesetze gelten in Teilen der Gesellschaft immer noch als Kavaliersdelikt. Die daraus resultierenden Schäden an der Umwelt werden ignoriert oder heruntergespielt, die Bussen in Kauf genommen.

Müssten also die Strafen härter ausfallen? Das BAFU liess in einer Studie die strafrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten in den Umweltgesetzen überprüfen und kam zum Schluss, dass die Strafrahmen – mit wenigen Ausnahmen – hoch genug sind. Gleichzeitig stellt das BAFU fest, dass die Staatsanwaltschaften und Gerichte diese Rahmen in ihren Strafanträgen und -entscheiden nur selten ausschöpfen.

Beim Vollzug des Umweltstrafrechts sind viele Akteure beteiligt: die Polizei, der Zoll, das BAFU, das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), die kantonalen Umweltbehörden, Gemeindebehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte. Wenn eines dieser Räder nicht ins nächste greift, gerät der Vollzug ins Stocken. Das BAFU setzt sich deshalb dafür ein, dass die Koordination zwischen den Akteuren verbessert und die Sensibilität für die Umwelt sowohl bei den Behörden wie in der Bevölkerung geschärft wird.

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Letzte Änderung 14.02.2018

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