15. Newsletter Programmvereinbarungen im Umweltbereich November 2015

Christine Hofmann
Christine Hofmann, Vizedirektorin BAFU

Zwischenfazit und Ausblick zur programmorientierten Umweltpolitik

Christine Hofmann, Stellvertretende Direktorin BAFU

Ende 2015 findet bereits die zweite (Vierjahres-)Periode der programmorientierten Subventionspolitik im Umweltbereich ihren Abschluss. Das nächste Jahr wird – wo nötig – der Nachbesserung der Zielerreichung zur zweiten Programmperiode gewidmet sein und gleichzeitig den Einstieg in die dritte Programmperiode darstellen. Mit anderen Worten, die programmorientierte Subventionspolitik im Umweltbereich und ihre Abläufe sind längst im Alltag der Umweltverwaltungen auf Stufe Bund und Kantone verankert. Wie die Evaluation 2014/15 aufzeigte, möchte niemand zum ehemaligen System der kostenorientierten Subvention von Einzelprojekten zurückkehren – zu aufwändig, inneffizient und einschränkend erscheinen die damaligen Verfahren im Rückblick.

Die letzten acht Jahre haben aber nicht nur dazu geführt, dass sich die programmorientierte Subventionspolitik einspielte – die Erfahrungen dieses Umgestaltungsprozesses haben uns auch grundlegende Aspekte zur strategischen Steuerung im Umweltbereich lernen lassen.

  • Indikatoren der Zielerreichung: Umweltveränderungen sind langfristige Prozesse - zumindest wenn es sich beispielsweise um die Entwicklung des Waldes oder der Biodiversität handelt. Dementsprechend sind auch Wirkungen entsprechender Massnahmen erst mit zeitlicher Verzögerung wahrzunehmen. Indikatoren der Zielerfüllung lassen sich deshalb selten auf der Wirkungsebene festmachen. Die Programmvereinbarungen im Umweltbereich konzentrieren sich auf Indikatoren der Leistungserbringung verbunden mit Qualitätsanforderungen - und dies basierend auf der Hypothese, dass qualitativ hochstehende Massnahmen letztlich Wirkung mit sich bringen werden. Gleichzeitig geht die Weiterentwicklung der Indikatoren erfahrungsgestützt weiter.
  • Planungssicherheit: In einigen Umweltbereichen lässt sich die Zukunft selten planen! Lawinenwinter können Zwangsnutzungen im Wald mit sich bringen und dazu führen, dass geplante und vereinbarte Eingriffe im Schutzwald zeitlich verschoben werden müssen. Hochwasser können Schutzbauten zerstören und langfristige Massnahmenprogramme über den Haufen werfen. Die vierjährigen, kantonsweiten Programmvereinbarungen schaffen dafür zeitlich und örtlich Spielräume. Und in Sonderfällen, können Programmvereinbarungen auch neu verhandelt und angepasst werden. Bund und Kantone haben sich in den vergangenen Jahren entsprechend flexibel gezeigt.
  • Zusammenspiel von Bund und Kanton: Ziel der programmorientierten Subventionspolitik im Umweltbereich ist es, den Kantonen grössere Handlungsspielräume zur operativen Umsetzung strategischer Ziele zu eröffnen. Dies bedingt allerdings, dass auch auf Kantonsebene entsprechende Flexibilität geschaffen wird - und dies insbesondere was das Übertragen finanzieller Ressourcen von einem auf das nächste Jahr anbelangt.
  • Umsetzung von Erfahrungen: Die Laufzeiten der programmorientierten Subventionspolitik sind auf vier Jahre angelegt. Die Erfahrungen der ersten Programmperioden haben gezeigt, dass sich die Vorbereitung einer neuen Programmperiode samt Bereinigung von Verordnungen und Handbuch sowie dem Aushandeln der Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen jeweils rund zwei Jahre in Anspruch nehmen. Erfahrungen aus einer Programmperiode können somit in der Regel erst für die übernächste Periode fruchtbar gemacht werden. Das neue System der programmorientierten Subventionspolitik ist somit flexibel - aber dies immer nur mittelfristig.

Gesamthaft betrachtet hat somit die Umsetzung der NFA nicht nur zu einer grundsätzlich neuen Subventionspolitik im Umweltbereich geführt, sondern vielfältige grundsätzliche Erkenntnisse zur strategischen Steuerung im Umweltbereich und darüber hinaus ermöglicht. Und daran werden wir auch in den kommenden Jahren weiterarbeiten.


Forschungsseminar Umsetzung NFA im Umweltbereich an der Universität Lausanne (Studiengang Public Policy and Management)

Dr. Dr. h.c. Barbara Haering, econcept AG, Lehrbeauftragte UNIL

Im Rahmen eines dreitägigen Forschungsseminars widmeten sich im Mai 2015 rund 40 Studierende des Masterstudiengangs «Public Policy and Management» der Universität Lausanne der Umsetzung der Neugestaltung der Aufgabenteilung und des Finanzausgleichs im Umweltbereich. Im Zentrum des Interesses standen dabei insbesondere folgende Themen und Fragen:

  • Umsetzung Politikentscheide: Wie setzen Verwaltungen auf Stufe Bund und Kantone grundlegende Politikentscheide um? Welche Schritte braucht es dazu? Welche Auswirkungen kann ein so grundlegender Systemwechsel auf die Arbeiten und Strukturen der Verwaltungen auf Bundesebene wie auch in den Kantonen haben? Wie passen sich die Kantone an Veränderungen auf Bundesstufe an? Und: Wie können solche Umsetzungsprozesse evaluiert werden?

  • Neue Subventionspolitik: Inwiefern gelang es, im Rahmen der neuen programmorientierten Subventionspolitik im Umweltbereich den Schrittwechsel von einer input- zu output-orientierten Subventionspolitik zu vollziehen? In welchen Umweltthemen konnten tatsächlich output-Indikatoren zur Überprüfung der Zielerreichung identifiziert werden? Wo sind Optimierungspotenziale zu erkennen?

Die Studierenden hatten sich also mit komplexen Fragestellungen auseinanderzusetzen und dazu entweder einen Bericht zur Umsetzung der NFA in einem der Umwelt Programme zu verfassen – oder aber eine entsprechende Evaluation zu konzipieren. Die Vorlesungsblöcke wurden ergänzt durch Referate von Christine Hofmann, stellvertretende Direktorin des BAFU, Bruno Röösli, Sektionschef und stellvertretender Abteilungsleiter Wald im BAFU, Alban Brigger, Verantwortlicher Wald und Naturgefahren im Kanton Wallis sowie David Walker, Evaluationsexperte Interface, Luzern. Die Möglichkeit des direkten Gesprächs mit den Akteuren der Umsetzung NFA im Umweltbereich wurde von den Studierenden besonders geschätzt. Auch an dieser Stelle: Herzlichen Dank allen Beteiligten!

Die dreizehn Gruppenarbeiten zeigen, dass sich die Studierenden im Verlaufe der drei Seminartage intensiv mit diesem grossen Innovationsprozess der Umweltverwaltungen auf den Stufen von Bund und Kantonen auseinandersetzten. In ihren Arbeiten weisen die Studierenden auch kritisch auf Grenzen einer output-orientierten Subventionspolitik hin. So kritisieren sie Programme, deren Bestimmungen, in ihren Augen, nicht den Anforderungen output-orientierter Indikatoren entsprechen. Und sie stellen die Frage, inwiefern eine output-orientierte Subventionspolitik nicht ihrerseits wieder falsche Anreize setze, indem sich Massnahmen der Kantone auf Bereiche und Regionen konzentrieren könnten, in denen vereinbarte Ziele einfacher zu erreichen seien als in anderen. Gleichzeitig wurden sich die Studierenden der Komplexität eines so grundsätzlichen Systemwechsels bewusst – und der Schwierigkeit, die entsprechenden Wirkungen und Nebenwirkungen vorauszusehen und in einem Wirkungsmodell entsprechend abzubilden.

Das Seminar wird im nächsten Jahr wiederum im Frühlingssemester durchgeführt.


Waldleistungen längerfristig sichern

Bruno Röösli, Leiter Sektion Walderhaltung und Waldpolitik, BAFU

Waldgesetz und Programmvereinbarungen werden ergänzt.

Durch den Klimawandel und die Ausbreitung von Schadorganismen sowie die wirtschaftlich schwierige Situation der Waldeigentümer ist der Schweizer Wald mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Damit er seine Leistungen auch längerfristig erbringen kann, sind Ergänzungen im Waldgesetz erforderlich, welche im Parlament in der Wintersession 2015 verabschiedet werden sollen. Die Anpassungen werden bereits in die Programmvereinbarungen für die Periode 2016-2019 einfliessen.
Verdorrte Waldföhren im Wallis, gebietsfremde Arten wie der Götterbaum oder Schadorganismen wie die Eschenwelke oder der Asiatischen Laubholzbockkäfer sind Beispiele, wie der Wald und seine wichtigen Leistungen im Zuge des Klimawandels und der Verschleppung von fremden Arten durch den internationalen Warenverkehr rasch gefährdet werden können. Aufgrund neuer Forschungsergebnisse wird erwartet, dass der Klimawandel Trockenperioden nicht nur länger, sondern auch häufiger auftreten lässt. Dies führt zu einem Trockenstress, der das bestehende Baumartengefüge mittelund längerfristig auf vielen Standorten verändern wird. Die Geschwindigkeit des Klimawandels droht dabei die natürlichen Anpassungsprozesse im Wald zu überfordern.

Anpassung langfristig ausgerichtet

Bei der Jungwaldpflege stellen die Waldeigentümer und Forstdienste heute Weichen für die Waldgeneration, welche ihre Leistungen in 30, 50 oder 100 Jahren erbringen wird – und zwar unter den dannzumal erwarteten Klimabedingungen. Das Bundesparlament hat die Bedeutung dieser Massnahmen erkannt. In der Herbstsession 2015 hat der Nationalrat wie zuvor der Ständerat beschlossen, Förderbestimmungen für die Anpassung an den Klimawandel gesetzlich zu verankern und die Voraussetzungen für einen naturnahen, standortgerechten, leistungsfähigen sowie anpassungsfähigen Jungwald oder Schutzwald zu schaffen. Dazu sind eine entsprechende minimale Pflege und im Störungsfall eine angepasste Wiederbewaldung erforderlich. Um die Anpassung nicht durch unerwünschte Wildschäden zu gefährden, bleibt die Schaffung eines Gleichgewichts zwischen Wildbeständen und Waldverjüngung weiterhin eine wichtige Anforderung für alle Beteiligten.

Auch zur besseren Prävention und Bekämpfung von Schadorganismen hat das Parlament neue Bestimmungen im Waldgesetz ergänzt, um beispielsweise seitens Bund die Unterstützung von Massnahmen ausserhalb des Schutzwaldes zu ermöglichen. Damit wird die subventionsrechtliche Trennung von Schutzwald und Nicht-Schutzwald in diesem Bereich aufgehoben und ermöglicht ein koordiniertes Vorgehen gegen Waldschäden, wo Probleme auftreten und Waldleistungen erheblich gefährdet sind.

Wirtschaftliches Umfeld verschärft

Der Klimawandel und die Ausbreitung von Schadorganismen sind nicht die einzigen Entwicklungen, denen der Schweizer Wald ausgesetzt ist und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung erschweren. Auch das ökonomische Umfeld hat sich verschärft. Seit Anfang 2015 wirkt sich nun auch noch die Frankenstärke negativ auf die Branche aus. Mit verschiedenen Massnahmen soll die Holznutzung gestärkt werden, allerdings ist sich das Parlament über den Umfang der Massnahmen noch nicht ganz einig. So hat der Nationalrat beispielweise abweichend vom Ständerat beschlossenen, dass der Bund für die Anpassung ungenügend befestigter Waldstrassen und den Einsatz von Seilkrananlagen neu auch ausserhalb des Schutzwalds Finanzhilfen gewähren kann. Damit will der Nationalrat Anreize schaffen, um auch in bisher ungenügend erschlossenen Wäldern mit hohen Holzvorräten eine nachhaltige Bewirtschaftung zu ermöglichen und die Waldleistungen hier auch längerfristig zu erhalten. Die Bereinigung der Differenzen zwischen National- und Ständerat sowie die Verabschiedung der Mittelaufstockung sind für die Wintersession 2015 geplant.

Die Änderungen bezüglich Anpassung an den Klimawandel sind in die Programmvereinbarung Waldbewirtschaftung und bezüglich Waldschutz in die Programmvereinbarung Schutzwald eingeflossen und werden in der Programmperiode 2016-2019 ab Inkraftsetzung der neuen Bestimmungen, welche im 2. Quartal 2016 geplant ist, umgesetzt.

Falls auch die Unterstützung von Erschliessungsanlagen ausserhalb des Schutzwaldes beschlossen wird, werden die Förderbedingungen in der Programmvereinbarung Waldbewirtschaftung im Hinblick auf eine Umsetzung per 2017 konkretisiert. Keine gesetzliche Anpassung benötigt die Neuausrichtung des Programmziels zur Optimierung der betrieblichen Strukturen und Prozesse, um den unterschiedlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen in den Kantonen besser Rechnung zu tragen. Die Förderung basiert neu auf einem kantonalen Optimierungskonzept zur Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und kann bereits ab 2016 umgesetzt werden.


Q&A 

Franziska Furrer, Zentrale Koordinationsstelle Programmvereinbarungen, BAFU

Im Jahr 2016 überlappen die zweite und die dritte Programmperiode. Was gilt es dabei zu beachten?

Mit dem Jahreswechsel 2015/16 findet ein Wechsel von der zweiten in die dritte Programmperiode der Programmvereinbarungen im Umweltbereich statt. Zur Vorbereitung der dritten Programmperiode haben sich Kantone und Bund bereits im Jahr 2015 über die in der dritten Programmperiode zu erbringenden Leistungen geeinigt. Die Kantone können ab Januar 2016 beginnen Leistungen im Rahmen der dritten Programmperiode zu erbringen.

Nach vier Jahren Laufzeit ist die zweite Programmperiode Ende 2015 für einen Kanton aber nur dann vollständig abgeschlossen, wenn sämtliche vereinbarten Leistungen erbracht wurden oder Rückzahlungen für nicht erbrachte Leistungen erfolgen. Rückzahlungen können verhindert werden, indem die Kantone nicht vollständig erbrachte Leistungen der zweiten Programmperiode im «Nachbesserungsjahr» 2016 nachholen.

Im Jahr 2016 können also parallel zu den ersten Leistungen für die dritte Programmperiode auch noch nicht vollständig erbrachte Leistungen der zweiten Programmperiode nachgeholt werden. Werden die nachzuholenden Leistungen auch bis Ende 2016 nicht erfüllt, müssen die entsprechenden Bundesbeiträge rückbezahlt werden. Es können keine Bundesbeiträge der zweiten Programmperiode für vereinbarte Leistungen der dritten Programmperiode verwendet werden.


News aus dem BAFU und aus den Kantonen

Der nächste Newsletter PV im Umweltbereich erscheint im Juli 2016. Anregungen dazu nimmt Franziska Furrer gerne entgegen

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Letzte Änderung 27.11.2015

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