Um die Beschichtungen an Gebäudefassaden vor einem Bewuchs mit Pilzen und Algen zu schützen, werden Putzen und Farben oft biozide Wirkstoffe zugesetzt, die einen solchen Bewuchs verhindern sollen. Nicht immer ist die biozide Ausrüstung allerdings nötig.
Algen und Pilze gelangen über den Wind an die Fassade und können dort bei ausreichender Feuchtigkeit wachsen. Algen erhalten die Nährstoffe über den Wind und nutzen die Energie des Sonnenlichts. Pilze ernähren sich von Kohlenstoffquellen aus der Luft oder im Beschichtungsmittel.
Besonders durch einen zu geringen Dachvorsprung und regelmässig anfallendes Kondenswasser (besonders an der gedämmten Fassade), wird die Fassade immer wieder feucht, was ein Pilz- und Algenwachstum ermöglicht.
Fassadenfarben und Putzen werden deshalb oft biozide Wirkstoffe zugesetzt, die einen Bewuchs verhindern. In der Schweiz werden jährlich schätzungsweise 10 bis 30 Tonnen Biozide auf Fassaden verwendet. Um ihre Wirksamkeit zu entfalten, müssen biozide Wirkstoffe wasserlöslich und an der Oberfläche verfügbar sein. Aus diesem Grund werden die Wirkstoffe mit dem Regenwasser leicht ausgewaschen und gelangen in Böden, Oberflächengewässer und Grundwasser. In Gewässern können diese Wirkstoffe aquatische Lebewesen schädigen. Einige Wirkstoffe sind sehr langlebig, andere dagegen bauen sich in der Umwelt sehr schnell ab.
Durch Vorbeugemassnahmen (z.B. ausreichender Dachvorsprung und Spritzwasserschutz) und eine geeignete Produktwahl (z.B. biozidfreie mineralische Putze und Farben) kann die Fassade auch ohne biozide Wirkstoffe ausreichend vor Feuchtigkeit und damit vor einem Algen- und Pilzbewuchs geschützt werden.
Um Algen- und Schimmelpilzbefall an der Fassade vorzubeugen und das optische Erscheinungsbild einer Fassade länger zu erhalten, sollte der Feuchtigkeitsanfall auf der Fassade geringgehalten werden. Folgende Massnahmen können dazu beitragen:
Vordach: Ein Vordach schützt die Fassade vor Feuchtigkeit und damit vor Pilz- und Algenbefall. Das Vordach schützt in etwa die dreifache Höhe seines Überstandes bei starkem Schlagregen und führt dazu, dass bei vielen Regenereignissen sogar die Fassade trocken bleibt. Zusätzlich reduziert es auch die nächtliche Wärmeabstrahlung, wodurch sich weniger Tauwasser bildet.
Spritzwasser: Um Spritzwasser zu vermeiden, kann ein geeigneter Spritzwasserschutz (z.B. im Sockelbereich) installiert werden. Dachrinnen sollten regelmässig überprüft, von Laub und Schmutz befreit und nach Bedarf repariert werden. Bewässerungsanlagen sollten so eingestellt werden, dass sie die Fassade nicht befeuchten.
Pflanzen zurückschneiden: Bäume und Sträucher sollten zurückgeschnitten werden, um Spritzwasser und die Beschattung zu reduzieren und um Beschädigungen der Fassade durch Pflanzenteile zu vermeiden.
Reinigung: Um Schmutz und Mikroorganismen zu entfernen, können verschmutzte oder befallene Stellen (Fensterbrett, Sockelbereich) vorsichtig mit heissem Wasser und einer weichen Bürste gereinigt werden. Fassaden sollten nicht mit einem Hochdruckreiniger gereinigt werden, da der hohe Druck die Beschichtung beschädigen kann.
Wartung und Instandhaltung: Eine regelmässige Sichtkontrolle und Instandhaltung ist wichtig, um Schäden an der Fassade zu erkennen und zu beheben. An Beschädigungen kann sich Feuchtigkeit ansammeln, die das Befallsrisiko erhöht. Um Defekte zu vermeiden, sollten keine Gegenstände wie Fahrräder an einer gedämmten Kompaktfassade abgestellt werden.
Lüften: Fenster sollten nicht über längere Zeit gekippt offen bleiben, denn die austretende warme Luft kondensiert an der Aussenfassade oberhalb der Fenster. Pilz- und Algenbewuchs sind die Folge. Stattdessen sollten Fenster mittels Stosslüften drei bis vier Mal täglich für wenige Minuten geöffnet werden.
Schnee: Schnee sollte von der Fassade weggeräumt werden. Neben der Feuchtigkeit können auch Streusalze die Oberfläche schädigen.
Grillgeräte: Grillgeräte sollten nicht in unmittelbarer Nähe an der Fassade aufzustellen, da manche Dämmstoffe temperaturempfindlich reagieren. Es empfiehlt sich ein Mindestabstand von einem Meter einzuhalten.
Das Befallsrisiko durch Algen und Pilze auf einer Fassade hängt von den Umgebungsfaktoren, der Architektur des Gebäudes und den Materialeigenschaften des Produktes ab. Zu berücksichtigende Standortfaktoren sind vor allem die Höhenlage, Windverhältnisse, die Lage zum Gewässer und die Luftqualität und -feuchtigkeit. Fällt an der Fassade regelmässig Feuchtigkeit in Form von Regen, Nebel, Spritzwasser oder Tauwasser an, ist das Risiko eines Bewuchses erhöht. Ein sichtbarer Algenbewuchs sollte rasch entfernt werden, bevor er sich weiter ausbreitet. Vorbeugemassnahmen (siehe oben) und ein fachgerechter Fassadenunterhalt können dazu beitragen, die Feuchtigkeit auf der Fassade zu verringern und den Befall frühzeitig zu minimieren oder zu entfernen. Für den individuellen Fall sollte eine Beratung eingeholt werden. An Standorten mit sehr hohem Befallsrisiko, kann es nötig sein, Schutzmittel mit bioziden Wirkstoffen einzusetzen, da biozidfreie Systeme unter Umständen einen Bewuchs nicht verhindern.
Durch die richtigen Vorbeugemassnahmen und eine regelmässige Wartung und Pflege bewahren alle Fassadenprodukte länger ihr optisches Erscheinungsbild.
Biozidfreie Produkte
Sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung sind biozidfreie Beschichtungsprodukte verfügbar. Dazu werden zum Beispiel mineralische Farben und Putze verwendet. Im Gegensatz zu den verbreiteten organischen oder teilmineralischen Farben, auf deren Oberfläche sich Kondenswasser bilden kann, sind rein mineralische Farben und Putze voll diffusionsoffen (kapillaraktiv). Die Fassade nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie rasch wieder ab. Durch die rasche Rücktrocknung und den hohen pH-Wert (pH >11) ist die hydroaktive Fassade vor Algen- und Pilzbefall geschützt. Der Nachteil einer solchen Beschichtung liegt in der anspruchsvolleren Verarbeitung (Dickschichtputz), dem hoch alkalischen pH (Arbeitsschutz) und dem höheren Preis.
Die Schweizer Stiftung Farbe gibt für Fassadenfarben wertvolle Hinweise zu deren Umweltverträglichkeit (Biozidausrüstung) und Materialeigenschaften. Beispielsweise gelten optimierte Produkte mit schnell abbaubaren, verkapselten Bioziden als umweltverträglicher als Produkte mit langsam abbaubaren, frei verfügbar vorliegenden Bioziden. Produkte ohne Biozide gehören zur Kategorie A und B.
Produkte mit einer bioziden Ausrüstung
An einem Standort mit sehr hohem Befallsrisiko, an dem ein Bewuchs ohne biozide Wirkstoffe nicht verhindert werden kann, sollten bevorzugt Produkte mit verkapselten Wirkstoffen (oder gleichwertigen Technologien) und mit in der Umwelt leicht abbaubaren Wirkstoffen zum Einsatz kommen.
Zur Verkapselung werden Wirkstoffe in 10 bis 20 μm kleine Polymerkugeln eingebettet. Diese bewirkt, dass die Wirkstoffe weniger ausgewaschen werden, womit die Produkte länger geschützt sind. Labor- und Feldstudien belegen, dass die Auswaschung von verkapselten Wirkstoffen geringer ist als bei den freien Wirkstoffen.
Bei der Auswahl von Produkten können Gefahrensymbole und –Sätze sowie Produktlabels beigezogen werden, die zur Einstufung oder als Aufnahmekriterium auch die Umweltauswirkung der bioziden Wirkstoffe berücksichtigen.
Korrekte Anwendung und Entsorgung
Produkte sollten gemäss Herstellerangaben angewandt und entsorgt werden. Farbreste in Eimern oder auf Anstrichmaterialien dürfen immer der Verkaufsstelle zurückgebracht werden.
Auf keinen Fall dürfen Farbreste oder Reinigungsflüssigkeiten mit dem Abwasser über die Toilette, das Waschbecken oder direkt in die Kanalisation entsorgt werden, denn in der Kläranlage können solche Schadstoffe ungenügend entfernt werden. Farbreste und Reinigungsflüssigkeiten dürfen deshalb auch auf keinen Fall auf der Strasse entsorgt werden, denn über Strassenschächte wird das Wasser oftmals sogar direkt ins Gewässer geleitet.
Weiterführende Informationen
Letzte Änderung 05.05.2020