Wintersmog: Schädlicher Rauch aus Cheminées und Kaminöfen

Vor allem im Winter leidet ein Teil der Schweizer Bevölkerung noch immer unter zu hohen Belastungen der Atemluft mit gesundheitsschädigendem Feinstaub. An solchen Smogtagen bilden kleinere Holzfeuerungen vielerorts die Hauptquelle der Luftverschmutzung. Nun hat der Bund die Auflagen für diese Anlagen verschärft.

Text: Nicolas Gattlen

Kamine
Im Winter laufen die Heizungen auf Hochtouren und verursachen oft mehr die Hälfte der Feinstaubbelastung.
© ky

An vielen Orten in der Schweiz ist die Qualität der Atemluft im Freien zumeist gut. Dies zeigen die laufend aktualisierten NABEL-Berichte des BAFU. Die Konzentrationen der wichtigsten Luftschadstoffe erreichten 2018 erfreulich tiefe Werte. Die landesweit verteilten Messstandorte widerspiegeln die Situation unterschiedlicher Expositionstypen – so zum Beispiel in Stadtzentren, Vorstädten und ländlichen Regionen oder an stark befahrenen Strassen. Besonders markant ist der Rückgang beim Feinstaub PM10, der neben Ozon und Stickoxiden zu den Leitschadstoffen zählt. Einzig an stark verkehrsbelasteten Standorten wurde der Jahresmittelgrenzwert von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) Luft leicht überschritten.

Allerdings variieren die Feinstaub-Konzentrationen je nach Jahreszeit und Wetterlage erheblich. Im Winter leidet die Bevölkerung insbesondere in den Städten und in verkehrsnahen Gebieten noch immer unter zu hohen Feinstaubbelastungen. Dann bilden sich vermehrt Inversionswetterlagen, bei denen die bodennahen Luftschichten kälter sind als die höher gelegenen, wodurch die Luft zwischen den Schichten nicht zirkulieren kann. Die oberen Luftmassen liegen dann wie ein Deckel über den bodennahen Kälteseen, in denen sich die Luftschadstoffe anreichern. Je länger eine solche Wetterlage besteht und je tiefer unten die Grenzschicht liegt, desto höher steigt die Luftbelastung in Bodennähe.

Smog im Südtessin

Im Südtessin kam es zum Beispiel im Januar 2017 zu einer solchen Situation. Während einer Woche wurde der Tagesmittelgrenzwert von 50 µg/m3 deutlich überschritten. Die Messstation in Mendrisio zeigte einmal sogar einen Wert von 192 µg/m3 an. Als Sofortmassnahme sprach die Tessiner Regierung für alte Dieselautos ein Fahrverbot aus, und auf der A2 galt südlich des Monte Ceneri eine Höchstgeschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde. Zudem riefen die Behörden die Bevölkerung dazu auf, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Velo zur Arbeit zu fahren, wobei Busse und Regionalzüge gratis zur Verfügung standen. Überdies forderte man die Betreiber von Holzfeuerungen auf, ihre Öfen weniger zu benutzen. Erleichterung brachte schliesslich ein flächendeckender Regen mit Wind, was die Luft von den schädlichen Partikeln befreite.

Die hohe winterliche Feinstaubbelastung hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Heizungen in dieser Jahreszeit auf Hochtouren laufen. An feuchtkalten Tagen verursachen sie oft mehr als die Hälfte der Feinstaubbelastung. Aufs Jahr gerechnet, bemisst sich ihr Anteil an den PM10-Emissionen auf rund einen Sechstel – das ist gleich viel, wie dem Strassenverkehr zugeschrieben wird. Ins Gewicht fallen insbesondere die Holzfeuerungen: Obschon sie nur etwa 10 Prozent zur gesamten Heizleistung beitragen, sind sie für über 90 Prozent des beim Heizen freigesetzten Feinstaubs verantwortlich.

Gut fürs Klima, aber ungesund

Heizen mit Holz mag zwar klimaneutral sein, weil bei der Verbrennung nur so viel Kohlendioxid freigesetzt wird, wie das Holz während seines Wachstums der Atmosphäre entzogen hat. Für die Gesundheit erweist sich diese Art der Wärmegewinnung jedoch als problematisch: «Proportional zur gewonnenen Energiemenge emittieren Holzheizungen 100- bis 1000-mal mehr Feinstaub als Öl- oder Gasfeuerungen», erklärt Beat Müller, Leiter der Sektion Industrie und Feuerungen beim BAFU. Zudem setzen sie meist deutlich mehr Verbrennungsgase wie Stickoxide, Kohlenmonoxid und flüchtige organische Verbindungen (VOC) frei. Letztere verströmen den typischen und von vielen Leuten als angenehm empfundenen Holzfeuerduft, enthalten aber teils hochtoxische Komponenten. Zu den giftigsten zählt Benzo[a]pyren, eine Substanz aus der Klasse der polyaromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK). Sie kann über die Atmung in die Lunge gelangen und gilt als krebserregend.

Kanzerogene Russpartikel

Ähnlich gefährlich sind die Russpartikel, die bei unvollständiger Verbrennung in Öfen und Motoren entstehen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft sie seit 2012 als «erwiesenermassen lungenkrebserregend» ein. Seit einigen Jahren häufen sich zudem die Beweise, dass Feinstaub auch das Herz-Kreislauf-System negativ beeinflusst. «Man geht davon aus, dass die kurzfristige und vor allem die langfristige Belastung mit Feinstaub örtliche Entzündungen hervorruft, die sich zu einer systemischen Entzündung und oxidativem Stress im ganzen Körper ausweiten», erklärt Meltem Kutlar Joss, Projektleiterin bei der Dokumentationsstelle Luftverschmutzung und Gesundheit (LUDOK) in Basel. Dies begünstige Herz-Kreislauf-Krankheiten, aber auch Atem­­wegserkrankungen, Arteriosklerose, Bluthochdruck, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder gar ein tiefes Geburtsgewicht. Bekannt seien auch Einflüsse auf das vegetative Nervensystem, was zu Veränderungen der Lungenfunktion oder des Herzrhythmus beitragen könne.

Als besonders schädlich gilt die Fraktion der Partikel unter 2,5 Mikrometern, zu denen auch Russpartikel zählen. Im Unterschied zur gröberen Feinstaub-Fraktion, die zum grossen Teil in der Nase und in den oberen Atemwegen abgeschieden wird, können ultrafeine Partikel bis tief in die feinsten Verästelungen der Lunge eindringen. Sie sind sogar in der Lage, die Luft-Blut-Schranke in der Lunge zu überwinden, gelangen so in den Blutkreislauf und verteilen sich im ganzen Körper.

Im Wissen um das grosse Gefahrenpotenzial der kleinen Partikel hat der Bundesrat auf den 1. Juni 2018 einen neuen Immissionsgrenzwert für Feinstaub mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern (PM2.5) in Kraft gesetzt. Für die PM2.5 gilt nun ein Grenzwert von 10 µg/m3 im Jahresmittel, wie ihn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihren «Luftgüteleitlinien für die Europäische Region» empfiehlt.

Es braucht mehr Massnahmen

Gemessen werden die PM2.5 bereits seit 1995. Dabei zeigte sich, dass sie an fast allen Messstandorten nahezu parallel zur PM10-Fraktion zurückgegangen sind. «Die eingeleiteten Massnahmen zur Luftverbesserung tragen also auch zur Verminderung von PM2.5-Konzentrationen bei», erklärt Beat Müller vom BAFU. Dazu zählen die Reduktion des Schwefelgehalts in Brenn- und Treibstoffen sowie die Einführung von Katalysatoren, die einen wesentlichen Beitrag zur Abnahme des sekundären Feinstaubs geleistet haben. Entscheidend war zudem der Einsatz von Elektrofiltern bei grossen Holzheizungsanlagen und von Dieselpartikelfiltern, die den primären Feinstaub reduzieren. Seit September 2018 müssen nun auch die neu zugelassenen Benzinwagen mit Direkteinspritzung über Partikelfilter verfügen, was eine weitere Reduktion der Emissionen erwarten lässt. «Doch es braucht zusätzliche Massnahmen, damit die Grenzwerte für Feinstaub auch bei schwierigeren Wetterbedingungen und an besonders exponierten Lagen eingehalten werden können», sagt Beat Müller.

Handlungsbedarf besteht insbesondere bei den kleinen Holzfeuerungen: Dazu zählen Holzheizkessel mit einer Leistung von weniger als 70 Kilowatt sowie Einzelraumfeuerungen. Gerade Cheminées und Kaminöfen stossen im Vergleich zur Energieleistung deutlich mehr Feinstaub aus als die grossen modernen Holzfeuerungsanlagen, die meist mit Filtern ausgerüstet sind. Ein Grund dafür ist, dass die Verbrennung in kleinen Anlagen in der Regel weniger gut abläuft, weil oft zu wenig oder zu viel Luft in den Brennraum geführt wird und die verwendeten Holzscheite vielfach zu dick oder zu feucht sind. Bei unvollständiger Verbrennung entsteht Rauch mit giftigen Gasen und viel Russ. Wenn in einem Dorf oder Quartier mehrere Haushalte derart feuern, kann das in der Summe Erstaunliches bewirken. «Es kommt immer wieder vor, dass schlecht betriebene Holzfeuerungen ein ganzes Dorf oder Tal in Smog hüllen», berichtet Beat Müller.

Möglichst emissionsarm

Seit Mai 2018 gelten nun auch für die kleineren Holzfeuerungen Emissionsgrenzwerte. Die geänderte Luftreinhalte-Verordnung (LRV) schreibt für drei Feuerungskategorien differenzierte Grenzwerte für Feinstaub und Kohlenmonoxid sowie periodische Schadstof­f­messungen vor. Zudem wurden für die Holzheizkessel Wärmespeicher vorgeschrieben. Diese tragen dazu bei, dass die Feuerung auch in den Übergangszeiten möglichst häufig im emissionsärmeren Volllastbetrieb läuft und seltener ein- und ausgeschaltet werden muss.

Cheminées und Kaminöfen mit einem jährlichen Holzverbrauch von mehr als 1 Kubikmeter gelten als regelmässig betriebene Anlagen. Für sie verlangt die LRV alle zwei Jahre eine Sichtkontrolle durch den Kaminfeger. Er kann aufzeigen, wie sich die Anlage optimal und emissionsarm betreiben lässt (siehe Box unten). Am wichtigsten sind dabei die ausschliessliche Verwendung von naturbelassenem, trockenem Holz, der sparsame Einsatz von Anzündhilfen und eine ausreichende Luftzufuhr. «Zudem darf der Feuerraum nicht überfüllt sein, und die möglichst nicht zu grossen Scheite sollten nachgelegt werden, solange das Feuer noch brennt», erklärt Beat Müller. Auch technische Massnahmen können den Schadstoffausstoss markant reduzieren. So minimieren Wärmespeicher die Anzahl der Brandzyklen, und elektrostatische Staubabscheider halten einen wesentlichen Anteil der Feinpartikel zurück.

Tückischer Feinstaub

Beim Feinstaub handelt es sich um ein vielseitiges Gemisch von winzigen Schwebeteilchen, die sich längere Zeit in der Luft halten können. Wenn sie auf direktem Weg entstehen, handelt es sich um primären Feinstaub. Dieser wird etwa verursacht durch Heizungen (insbesondere Holzfeuerungen), Verbrennungsprozesse in Industrieanlagen, Diesel- und Benzinmotoren ohne Partikelfilter, Strassen-, Schienen- und Reifenabrieb oder durch Aufwirbelungen von Pollen, mineralischen Teilchen und weiteren Partikeln.

Der sekundäre Feinstaub bildet sich aus Vorgängersubstanzen in der Luft, insbesondere aus Schwefeldioxid, Ammoniak, Stickoxiden und flüchtigen organischen Verbindungen (VOC). Die Hauptquellen dieser Vorläufersubstanzen sind der Verkehr und die Feuerungen sowie die Tierhaltung mit ihren Ammoniakemissionen.

Bei der Zusammensetzung des gesamten Feinstaubs dominieren die sekundär gebildeten Salze aus anorganischem Material – wie Nitrat, Ammonium und Sulfat – und organische Verbindungen sowie elementarer Kohlenstoff, zu dem auch Russ zählt. Hinzu kommen in geringerem Ausmass mineralische Bestandteile und weitere Spurenelemente.

Die Luftreinhalte-Verordnung (LRV) des Bundes unterscheidet zwei Kategorien von Feinstaub: PM10 und PM2.5 (PM = Particulate Matter). PM10 umfasst Teilchen mit einem Durchmesser von weniger als 10 Mikrometern (= 0,001 Zentimetern) Grösse; zu den PM2.5 zählen Partikel, die kleiner sind als 2,5 Mikrometer. Für beide Kategorien gelten Immissionsgrenzwerte.

Das BAFU am «Point of Fire»

Das BAFU am «Point of Fire»

Wie lassen sich Betreiberinnen und Betreiber von kleinen Holzöfen oder -herden überzeugen, nur naturbelassenes, trockenes Holz zu verwenden und möglichst rauchfrei zu feuern? Das BAFU wendet sich dafür an Kaminfegerinnen, Feuerungskontrolleure sowie Installateure. In Kooperation mit deren Berufsverbänden setzt eine entsprechende Kampagne am «Point of Fire» an, also dort, wo die Berufsleute im direkten Kontakt mit Besitzerinnen und Besitzern von Holzfeuerungsanlagen stehen. Die Kampagne unterstützt die Berufsleute darin, mit überzeugenden Ratschlägen und Argumenten auf eine optimale Nutzung des Energieholzes und das korrekte Anfeuern hinzuwirken. Basis ist die E-Learning-Plattform point-of-fire.ch.

Weiterführende Informationen

Kontakt
Letzte Änderung 04.12.2019

Zum Seitenanfang

https://www.bafu.admin.ch/content/bafu/de/home/themen/thema-luft/luft--dossiers/magazin2019-4-schaedlicher-rauch-aus-cheminees-und-kaminoefen.html