Kontrollen von Bauernbetrieben: Wenn das Gesicht lacht, sind die Gewässer geschützt

Noch kontrollieren die Kantone den Schutz der Gewässer auf Bauernbetrieben sehr unterschiedlich. Deshalb soll nun eine schweizweit gültige Liste für einen einheitlichen und wirksameren Vollzug in der Landwirtschaft sorgen. Sie umfasst Kontrollpunkte und ein Handbuch für die zuständigen Behörden.

Text: Hansjakob Baumgartner

Wer mit Stoffen hantiert, die Wasserorganismen schädigen oder im Trinkwasser unsere Gesundheit gefährden können, hat spezielle Sorgfaltspflichten. Die Betroffenen müssen sicherstellen, dass solche Stoffe nicht in einen Bach abfliessen oder ins Grundwasser sickern. Genauso wie für Industrie- und Gewerbetriebe gilt dies auch für die Landwirtschaft. Denn Gülle, Mist, Silosäfte, Pestizide, aber auch Treibstoffe, Fette, Öle, Säuren und Laugen, die auf Bauernbetrieben zum Einsatz kommen, stellen ein Risiko für die Gewässer dar. Mehrere Rechtsvorschriften regeln den korrekten Umgang mit den Problemstoffen.

Doch Gesetze wirken nur, wenn sie auch eingehalten werden. Deshalb braucht es regelmässige Kontrollen. Dafür sind in der Landwirtschaft hauptsächlich Kontrolleure und Kontrolleurinnen zuständig, die prüfen, ob der Betrieb den ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) erbringt und somit zu Recht Direktzahlungen bezieht. Teil der ÖLN-Anforderungen ist nämlich auch, dass ein Betrieb die Bestimmungen zum Schutz der Gewässer einhält. Deshalb müssen beispielsweise Bäche entlang von Äckern über einen ausreichend breiten Pufferstreifen verfügen. Damit weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel in die Gewässer gelangen, ist es untersagt, diese Stoffe in solchen Pufferstreifen auszubringen. Zudem ist für Landwirtschafts­betriebe eine ausgeglichene Düngerbilanz vorgeschrieben, die eine Überdüngung der Böden verhindert.

Bestehende Vollzugslücken

Doch für die Gewässer sind auch weitere gesetzliche Anforderungen relevant, die der ÖLN nicht regelt. Dazu zählen Vorschriften für Gülle- und Mistlager, Siloanlagen, Laufhöfe und Weiden oder Plätze, auf denen das Güllefass befüllt oder Spritzgeräte gereinigt werden. Gleiches gilt für die Aufbewahrungsräume von Pflanzenschutzmitteln, Treibstoffen und Ölen sowie für die Entwässerungs- und Einlaufschächte zu eingedolten Bächen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen.

In einigen Kantonen überprüfen die ÖLN-Kontrolleure auch diese potenziellen Verschmutzungsquellen, doch anderswo haben sie dafür keinen Auftrag. Zudem fehlte bislang ein schweizweit einheitliches Kontrollsystem. «Der Gewässerschutz in der Landwirtschaft wird von Kanton zu Kanton unterschiedlich umgesetzt», stellt Georges Chassot von der Sektion Wasserqualität beim BAFU denn auch fest. «Dies verstösst gegen das Gebot der Rechtsgleichheit und führt zu Vollzugslücken.»

Checkliste für Kontrollpersonen

Diesem Missstand will der Bund nun abhelfen. Im Auftrag der Kantone sollen die Kontrolleure künftig im ganzen Land umfassender und mit gleicher Gründlichkeit überprüfen, ob die ÖLN-Betriebe die Vorschriften zum Schutz der Gewässer einhalten. Als Instrument dafür hat die Konferenz der Vorsteher kantonaler Umweltschutzämter (KVU) eine für die gesamte Schweiz gültige Liste der Kontrollpunkte sowie ein Konzept zum Vollzug der Inspektionen erarbeitet.

Ein Handbuch dient den kontrollierenden Per­sonen dabei als Richtschnur für ihre Arbeit. Es besteht hauptsächlich aus Fotos, die bezüglich der einzelnen Kontrollpunkte Mängel oder vorschriftsgemässes Verhalten anzeigen. Je nach Situation steht neben dem Bild ein positives oder negatives Gesichtssymbol.

Gülle, Mist oder Silosaft

Griesgrämig ist die Figur etwa, wenn Gülle, Mist- oder Silosaft in einen Bach oder in das Grundwasser gelangen können. Weil die Abwasserreinigungsanlagen nicht dafür ausgerüstet sind, solche Schmutzfrachten zu bewältigen, gehören diese Flüssigkeiten oder damit verunreinigtes Regenwasser auch nicht in die Kanalisation.

So muss zum Beispiel ein dauernd zugänglicher Laufhof vollständig in die Güllegrube entwässert werden. Zudem darf der Belag keine Risse und Löcher aufweisen. Aus den Mistlagern soll ebenfalls kein verschmutztes Wasser abfliessen. Der Kontrolleur wird deshalb auf eine intakte Umrandung achten. Findet er Risse oder Löcher auf der Aussenseite eines frei stehenden Güllelagers, ist zu befürchten, dass Jauche auslaufen kann. In solchen Fällen drängt sich eine Dichtheitsprüfung durch Spezialisten auf. «Derartige Grundkontrollen sollen auch den Kantonen dazu dienen, die dringendsten Fälle für intensivere Untersuchungen zu erkennen», sagt Georges Chassot.

Die Weiden dürfen keine grossen, morastigen Flächen aufweisen. Denn wo die Grasnarbe fehlt, können Nährstoffe und Krankheitserreger aus Gülle und Tierexkrementen viel schneller ins Grundwasser sickern. Überdies droht Gefahr, dass Niederschläge den Morast in einen Bach schwemmen. Solche Verunreinigungen sind auch beim Silosaft zu vermeiden. Abgestorbenes Gras am Rand eines Silobehälters oder neben gelagerten Siloballen deutet dabei auf mögliche Lecks hin.

Spritz- und Sprühgeräte

Es wird ebenfalls erhoben, ob Spritz- und Sprühgeräte während Niederschlägen im Unterstand, unter Dach oder mit einer mobilen Abdeckung geparkt sind. Um diese Geräte zu befüllen und zu reinigen, braucht es zudem einen fixen oder mobilen Platz ohne Risse und Löcher, der verhindert, dass auslaufende Flüssigkeiten oder Reinigungswasser im Boden versickern. Auch Gemeinschaftsanlagen sind möglich.

Ein weiterer Kontrollpunkt betrifft die Lagerung von Pestiziden, Düngern, Diesel und anderen wassergefährdenden Flüssigkeiten. Für Pflanzenschutzmittel braucht es Gestelle mit einer Auffangwanne ohne Risse und Löcher. Dasselbe hat auch für Treib- und Schmierstoffe sowie für Hydrauliköl Gültigkeit. Für den Fall der Fälle sollte genügend absorbierendes Material in der Nähe bereitstehen. Leicht entzündliche Stoffe gehören in einen feuerresistenten, abschliessbaren Schrank. Und um zu verhindern, dass Gülle und Pflanzenschutzmittel über Entwässerungs- und Einlaufschächte sowie Kontrollschächte von eingedolten Bächen in der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Gewässer gelangen, müssen sie mit einem Deckel ohne sichtbare Löcher oder Risse verschlossen sein. Ein Konzept definiert die zu ergreifenden Massnahmen, falls die Kontrolleure bei ihrer Arbeit nicht konforme Situationen oder Mängel feststellen.

Es gibt noch viel zu tun

«Die Liste der Kontrollpunkte und die entsprechenden Handbücher sind das Ergebnis einer beispielhaften Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Gewässerschutz», sagt Georges Chassot vom BAFU. «Auch die Kontrolleurinnen und Kontrol­leure selbst wurden beigezogen. Das Kontrollschema ist deshalb breit abgestützt und gewährleistet, dass wir alle Betriebe gleich behandeln. Ziel ist eine schweizweite gewässerschutzkonforme Landwirtschaft.»

Bei Testläufen des Kontrollschemas in mehreren Landwirtschaftsbetrieben zeigte sich, dass dazu noch etliche Anstrengungen nötig sind. Die Vorgaben erwiesen sich als praxistauglich, und der zeitliche Aufwand für die Kontrollpersonen lag jeweils unter einer Stunde. Aber auf keinem einzigen Bauernhof gab es nur positive Gesichtssymbole.

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Letzte Änderung 04.12.2019

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