Umwelt und Finanzwelt nähern sich an

Editorial von Marc Chardonnens, Direktor BAFU.

Porträt Marc Chardonnens
Marc Chardonnens, Direktor BAFU

Das Naturkapital ist neben dem Finanz- und dem Humankapital grundlegend für unser Wirtschaften. Gleichzeitig belasten unsere heutigen Produktions- und Konsumweisen die natürlichen Ressourcen. In den meisten Ländern hat das Naturkapital laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) drastisch abgenommen. Dies führt unter anderem dazu, dass die Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten überschritten werden – wir sehen die Folgen: Klimawandel, Wasserknappheit oder Biodiversitätsverlust. Der ökologische Handlungsbedarf ist gross. Der Übergang zu einer ressourcenschonenden zukunftsfähigen Weltwirtschaft kostet zwar, aber er bietet gleichzeitig Chancen, etwa für Innovationen durch neue Geschäftsmodelle, für die Entwicklung und Vermarktung neuer sauberer Technologien (Cleantech) oder auch für umweltverträgliche Infrastrukturen. Gerade für Infrastrukturen werden gemäss Schätzungen der OECD bis 2030 rund 5000 Milliarden US-Dollar pro Jahr an Investitionen benötigt. Das Finanzsystem kann hier eine wichtige Rolle spielen und gleichzeitig Geschäftsopportunitäten wahrnehmen, wenn es verstärkt ökologische Kriterien in Finanzierungsund Investitionsentscheide integriert. Die Nachhaltigkeitsdiskussion im Finanzbereich ist in der Schweiz und international im Gang. Weltweiten Schub gab das Pariser Klimaübereinkommen von 2015, das verlangt, dass die Finanzflüsse klimaverträglich ausgerichtet werden sollen. Im Klimabereich wissen wir, dass das heutige Investitionsverhalten in der Schweiz eher eine Erwärmung von 4 bis 6 Grad statt das international vereinbarte Erwärmungsziel von maximal 2 Grad unterstützt. Doch es geht auch anders, wie das vorliegende Magazin zeigt: Nachhaltig Investieren – und zwar mit einem attraktiven Rendite-Risiko-Verhältnis – ist nicht nur möglich, sondern unumgänglich für unsere Zukunft. Inspirierende Pionierleistungen aus der Schweiz im Bereich nachhaltiger Finanzen bestätigen, dass finanziell erfolgreiche, innovative Finanzprodukte einen positiven Umweltbeitrag leisten können. Für eine erfolgreiche schweizerische Finanzmarkt – und Wirtschaftspolitik fokussiert der Bund sich auf das Setzen von Rahmenbedingungen, die eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand ermöglichen und dabei die Umweltauswirkungen unseres Konsums berücksichtigen sowie den Wettbewerb zwischen den Wirtschaftsakteuren fördern. In diesem Sinne begrüsst und unterstützt der Bund die derzeitigen Bestrebungen des Finanzsektors in der Rolle des Fazilitators. Das BAFU hat schon 2014 gemeinsam mit weiteren Bundesämtern den Dialog mit Experten und Expertinnen aus dem Finanzsektor, der Wissenschaft und von Nichtregierungsorganisationen aufgenommen. Dabei bringt es in den Folgediskussionen seine Umweltexpertise und entsprechende Methodologien zur Erhebung von Umweltdaten ein. Die in der Publikation «Proposals for a Roadmap towards a Sustainable Financial System in Switzerland» vorgeschlagenen Massnahmen sind ein wichtiges Ergebnis dieser fruchtbaren Zusammenarbeit. Wir sind alle Teil der Finanzwelt – mit unseren privaten Spareinlagen bei Banken und über die Anlagestrategien unserer Vorsorgeeinrichtungen wie Pensionskassen und AHV. Aber auch unsere individuellen Investitions- und Finanzierungsentscheide haben Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen. Ökologische Markttransparenz gilt es für uns Konsumentinnen und Konsumenten auch punkto Finanzdienstleistungen einzufordern. 

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Letzte Änderung 31.05.2017

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