«Meine Natur» mit Sten Smola

Der halbprofessionelle Snowboarder Sten Smola will seinen Sport nachhaltig ausüben. Deshalb reist er mit dem ÖV in die Berge und erklimmt die Gipfel zu Fuss. Als Mitbegründer der Organisation Ride Greener engagiert er sich für einen achtsamen Umgang mit der Natur im Sport.

Sten Smola
Sten Smola arbeitete nach seinem Geografiestudium an der Universität Bern zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL). 2009 gründete der semiprofessionelle Snowboarder mit Gleichgesinnten die Umwelt- und Klimabildungskampagne Ride Greener und setzte sich als Projektleiter für einen umweltverträglichen Sport in den Bergen ein. 2013 realisierte er mit «STEPS – A journey to the edge of climate change» den ersten klimaneutral produzierten Dokumentarfilm. Dieser stiess in der Schweiz auf grosses Echo. Heute arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Fachbereich Agrarökonomie, Soziales und Regionales des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW).

Seit meinen ersten Abfahrten auf den Skipisten von Prés-d'Orvin sind die Berge meine Leidenschaft. Meine Suche nach den schönsten Gipfeln und dem pulvrigsten Schnee führten mich um die ganze Welt. Aber schon bald wurde mir bewusst, dass Snowboarden und Freeriden auch eine Kehrseite haben: Die Verkehrsmittel, die ich für meine Ausflüge in die Natur nutzte, störten deren Gleichgewicht. Deshalb gründete ich 2009 zusammen mit Gleichgesinnten die Vereinigung Ride Greener, die sich für klimafreundlichen Ski- und Snow­boardsport sowie für ein umweltbewusstes Verhalten in den Bergen einsetzt. In diesem Kontext drehte ich vier Jahre später mit «STEPS» den ersten klimaneutral produzierten Dokumentarfilm. Gedreht wurde ausschliesslich in den Schweizer und den französischen Alpen, auf Helikopterflüge haben wir bewusst verzichtet. Der Film sollte die Zuschauerinnen und Zuschauer ermutigen, über die Klimafolgen gewisser Gewohnheiten nachzudenken. Und ihnen zeigen, dass man die Bergwelt in vollen Zügen geniessen und dabei gleichzeitig seinen CO2-Abdruck auf ein Minimum reduzieren kann, etwa mit weniger häufigen, dafür längeren Touren.

Bereits 2006 beschloss ich, wenn immer möglich mit den ÖV in die Berge zu reisen und die verschneiten Gipfel mit dem Board auf dem Rücken zu Fuss zu ersteigen. Durch den bewussten Verzicht auf den bequemen und schnellen Flug mit dem Helikopter erlebte ich den manchmal mehr als vierstündigen Aufstieg viel intensiver. Diese Entschleunigung veränderte meinen Blick auf meine eigene Rolle in unserem Ökosystem, und mir wurde klar, dass diese viel bescheidener ist, als das Verhalten der Menschen zuweilen vermuten lässt. Auf dem Gipfel angekommen, verspürte ich jeweils eine grenzenlose Freiheit. Dieser Moment ist schwer zu beschreiben: Dort oben, weit weg vom Stress und der Hektik der Zivilisation, herrscht absolute Stille, und die Zeit scheint stillzustehen.

Meine Hirnblutung im Jahr 2015 machte mir bewusst, welch grosses Geschenk ein solcher Bezug zur Natur ist. Als ich plötzlich nicht mehr in der Lage war, die unberührte Bergwelt zu erkunden, merkte ich, wie wichtig diese Ausflüge für mein inneres Gleichgewicht waren. Heute treibe ich immer noch Sport und bin auch mit dem Mountainbike unterwegs, aber es ist nicht mehr das Gleiche.

Bei meinen zahlreichen Expeditionen in die Berge habe ich mehr als einmal hautnah erlebt, wie gewaltig und auch gefährlich die Natur sein kann. Glücklicherweise wurde ich nie von einer Lawine erfasst, aber einmal wurde ich in einer Rinne von einem Sluff, also einem von mir selbst ausgelösten Lockerschneebrett, mit rasantem Tempo talwärts befördert. In einer solchen Situation ist man als Mensch absolut machtlos. Momente wie dieser gehören zu meinem Sport und führen einem die Zerbrechlichkeit der eigenen Existenz vor Augen. Dann wird die Grenze zwischen Leben und Tod fast greifbar. Das Bewusstsein, dass wir Menschen der Natur letztlich ausgeliefert sind und sie deshalb besser achten sollten, anstatt sie auszubeuten, ist aus meiner Sicht die beste Voraussetzung, um die Tragweite der aktuellen Klimaproblematik zu erkennen.»

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Letzte Änderung 15.03.2023

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