Zwischenergebnisse des fünften Landesforstinventars (LFI5)

Die lang anhaltenden trockenen und warmen Verhältnisse während der Vegetationszeit haben seit 2018 deutliche, messbare Veränderungen im Wald verursacht. Es gibt mehr tote und geschädigte Bäume. Ausserdem wachsen in einigen Regionen wenig junge Bäume nach. Dies zeigen die Zwischenresultate über die Erhebungsjahre 2018 bis 2022 des laufenden fünften Landesforstinventars (LFI5). Diese Entwicklungen werden dann problematisch, wenn die gesetzlich verankerten Waldfunktionen (Schutz-, Nutz- und Wohlfahrt) nicht mehr gewährleistet werden können.

Wie stark die Bäume unter den Trockenperioden leiden, hängt von vielen Faktoren und Zusammenhängen vor Ort ab. Die Topographie und Höhenlage, die Bodenzusammensetzung, wie auch die vorhandenen Baumarten sowie die Dichte des jeweiligen Waldes spielen eine Rolle.


Die Trends in den Regionen


Fehlende Verjüngung

Wälder in hohen Lagen auf der Alpennordseite sind aufgrund ausgiebiger Niederschläge und tiefen Temperaturen am wenigsten von Trockenheit betroffen. Allerdings sind viele Wälder in höheren Gebieten und auf der Alpensüdseite in den letzten Jahrzehnten immer dichter geworden – bedingt durch die Aufgabe von Alpwirtschaftsbetrieben und die teils minimale oder gar nicht erfolgte Waldbewirtschaftung, die in topografisch schwierigem Gelände sehr kostspielig ist.

Für das Keimen aller Pflanzen ist direkt einfallendes Sonnenlicht bis auf den Boden zentral. Diese Voraussetzung ist nicht in allen Wäldern gleich gegeben. Durch die regelmässige Waldbewirtschaftung in den tieferen Lagen sowie an Standorten, wo die Wälder wegen den abgestorbenen Bäumen lichter geworden sind, ist die Bodenvegetation artenreicher. Hingegen fällt in dichten und dunklen Wäldern häufig zu wenig Licht auf den Boden. Dadurch fehlen vielenorts nachwachsende junge Bäume, aber auch Sträucher und eine vielfältige Krautschicht.

Mit waldbaulichen Massnahmen kann ein Wald stufig – strukturreich – gestaltet werden. Auf diese Weise können die Lichtverhältnisse verbessert und die natürliche Verjüngung der Bäume gefördert und unterstützt werden. Auch ist ein stufiger Mischwald mit vielen Baumarten und Altersklassen widerstandsfähiger gegenüber Störungen und verbessert das Nahrungsangebot für die Wildtiere.

Gleichzeitig ist in gewissen Regionen das Ausmass von Wildverbiss seit dem zweiten Landesforstinventar 1993/95 stetig gestiegen und seit dem vierten Inventar 2009/17 konstant auf einem hohen Niveau geblieben. Die Entwicklung des Wildbestandes ist jedoch nicht Bestandteil des Landesforstinventars und nur mit LFI-Resultaten kann keine abschliessende Interpretation der Zusammenhänge gemacht werden. Die vollständige Analyse in diesem Bereich soll gemeinsam mit weiteren betroffenen Akteuren gemacht werden.

Aktuelle Entwicklungen im Schutzwald

Auch im Schutzwald sind immer mehr Bäume geschädigt oder abgestorben und die Fläche mit ungenügender Verjüngung nimmt zu. Gleichzeitig hat sich der Anteil dicht geschlossener Schutzwälder erhöht und die Wälder werden einschichtiger. Diese Trends führen dazu, dass die Widerstandsfähigkeit der Schutzwälder gegen Störungen wie Sturm und Borkenkäfer abnimmt.

In vielen Schutzwäldern ändern sich zudem die Standortsbedingungen, wenn es durch den Klimawandel wärmer wird. Zukünftig gewährleisten hier andere Baumarten als heute die Schutzwirkung. Damit diese zukunftsfähigen Baumarten aufkommen können, müssen die Wälder verjüngt werden. Die Verjüngung ist damit ein Schlüsselelement für die Anpassung der Schutzwälder an den Klimawandel.

Die Kombination aus zunehmender Störungsanfälligkeit und fehlender Verjüngung ist ein Risiko für die langfristige Schutzwirkung. Denn wenn grössere Lücken im Schutzwald entstehen und junge Bäume fehlen, kann der Schutz vor Naturgefahren für eine gewisse Zeit ungenügend sein. Auch kann sich dadurch die Anpassung der Wälder an den Klimawandel verzögern.

Aktuelle Entwicklungen für die Waldbiodiversität

Der Klimawandel stellt für die Biodiversität eine Gefahr dar und erhöht die Aussterbewahrscheinlichkeit vieler Arten.

Doch können die Folgen von Störungen wie Stürme und Trockenheit auch eine Chance für die Biodiversität bieten. Durch die Zunahme des Totholzanteils oder Entstehung von Öffnungen im Wald werden vielfältige Lebensräume für zahlreichen Insekten- Tier- und Pflanzenarten geschaffen, die sich z.B. auf den Abbau des Totholzes spezialisiert haben, oder als Pionierarten in einem jungen Wald vorkommen.

Neben der Artenvielfalt spielt auch die genetische Vielfalt eine wichtige Rolle. Eine hohe genetische Vielfalt reduziert die Anfälligkeit auf Schadenorganismen wie Insekten, Pilzerkrankungen und Bakterien, die mit dem Klimawandel voraussichtlich vermehrt auftreten werden. Eine natürliche Verjüngung des Waldes fördert auch eine hohe genetische Vielfalt.

Mit dem zunehmenden Auftreten von Extremereignissen zeigt sich auch die Bedeutung der Biodiversität für die Anpassung an den Klimawandel. Standortgerechte Baumarten und eine hohe Struktur- und Artenvielfalt erhöhen die Widerstandsfähigkeit des Waldes. In der biologischen Vielfalt liegt daher nicht nur ein wesentliches Naturkapital, sondern auch eine natürliche «Versicherung» gegenüber Extremereignissen und Schadenorganismen

Für die Zukunft ist es entscheidend, dass die Herausforderungen des Klimawandels im Zusammenhang mit der Biodiversitätsförderung gesehen werden und in guter Abstimmung geplant werden.

Aktuelle Entwicklung Waldressourcen und Holzproduktion

Von den drei Hauptbaumarten der Schweiz - Fichte, Buche und Tanne – sind sowohl die Bestände der Fichte (Jura, Mittelland und Voralpen) als auch der Buche (Jura) zurückgegangen. Es ist zu erwarten, dass sich die Fichte mit den veränderten klimatischen Bedingungen weiter in den höheren Lagen zurückziehen wird. Die klimasensitivsten Fichtenbestände in tieferen Lagen sind bereits in den letzten Jahren durch Borkenkäferbefälle und die damit verbundenen Zwangsnutzungen stark betroffen. Im Jura sind die Standortbedingungen wegen den flachen und durchlässigen Böden zusätzlich herausfordernd. Auch wenn die Baumartenzusammensetzung als standortgerecht betrachtet werden kann, leiden die Bäume während den längeren Trockenperioden rasch an Wassermangel.

Trotz den aktuellen Herausforderungen ist der Holzvorrat immer noch hoch in der Schweiz. Mit einer regional differenzierten Analyse und Planung können die klimasensitiven Waldbestände erkannt und Massnahmen eingeleitet werden, damit alle Waldfunktionen, inklusiv die nachhaltige Holznutzung, auch in der Zukunft gewährleistet werden. Es soll überprüft werden, ob in den Gebieten mit klimagefährdeten Baumartenzusammensetzung ausnahmsweise für gewisse Zeit mehr Holz genutzt werden kann, damit die Bestände für die veränderten Standortbedingungen angepasst und der wertvolle Rohstoff Holz für langlebige Produkte genutzt werden kann. Auch in höheren Lagen und auf der Alpensüdseite braucht es Anpassungsmassnahmen, damit die dichten und wenig bewirtschafteten Wälder verjüngt werden können.

Fotos

Ergebnisse des LFI 5 im Detail

Die Zwischenergebnisse der fünften Erhebung (LFI5) liegen im Internet in Form von Tabellen und Karten vor.

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Letzte Änderung 30.05.2023

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