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Veröffentlicht am 6. Oktober 2025

Klimaleistungen von Wald und Holz

Wald und Holz umfassen verschiedene Klimaleistungen. Erstens wandeln Bäume durch Photosynthese Kohlenstoffdioxid in Kohlenstoff um und speichern diesen in der Biomasse im Wald. Zweitens kann der Kohlenstoff durch die Holzverwendung für lange Zeit in Holzprodukten gespeichert bleiben. Drittens kommt der Substitutionseffekt hinzu, wenn Holz anstelle von Produkten verwendet wird, die in der Herstellung emissionsintensiver sind (materielle Substitution), oder anstelle fossiler Energieträger. Das BAFU rapportiert jährlich über die Treibhausgasbilanz der Schweiz.

Die Klimaleistungen von Wald und Holz werden in der Fachliteratur auch als die «drei S-Klimaleistungen» bezeichnet:

  • CO2-Sequestrierung im Wald (CO2-Aufnahme bis zur C-Speicherung in der lebenden ober- und unterirdischen Biomasse, im Totholz, der Streu und im organischen und mineralischen Boden),
  • C-Speicherung in Holzprodukten und
  • Substitution (materielle und energetische Substitution).

Damit die drei Klimaleistungen langfristig erbracht werden können, ist eine Anpassung des Waldes an den Klimawandel sowie eine nachhaltige, angepasste und zukunftsgerichtete Wald- und Holzwirtschaft zentral. Die Vitalität und Biodiversität des Waldes bilden dabei die zentrale Basis für die Funktionalität und Resilienz des Ökosystems Wald. Die Wälder erfüllen verschiedene Waldfunktionen (Multifunktionalität) und erbringen eine Vielzahl an Waldleistungen, wobei die Klimaleistung eine davon ist.

Die Waldbewirtschaftung und Holzverwendung beeinflussen die 3S-Klimaleistungen von Wald und Holz. So kann eine naturnahe und angepasste Waldbewirtschaftung unter Berücksichtigung aller Waldfunktionen und -leistungen in Kombination mit der mehrfachen materiellen Verwendung von Holz und abschliessender energetischer Verwendung die 3S stärken.

Klimaleistungen in den internationalen Klimaabkommen

Seit dem 19. Jahrhundert haben die Treibhausgase – darunter auch Kohlendioxid (CO2) – in der Atmosphäre um gut ein Drittel zugenommen und eine Änderung des Klimas bewirkt (IPCC, 2023). Um das Ausmass der Klimaänderung zu vermindern, muss der Ausstoss der Treibhausgase durch Massnahmen in verschiedenen Sektoren, darunter auch den Landnutzungssektor (Sequestrierung im Wald, Speicherung in Holzprodukten), sowie den Sektor Energie (Substitution und Herstellung der Holzprodukte), reduziert werden.

Die drei Klimaleistungen im Schweizer Treibhausgasinventar

Die Schweiz hat sich in internationalen Klimaabkommen (Pariser Klimaabkommen 2021-2030; vorher Kyoto-Protokoll 2008-2012 und 2013-2020) auf internationaler Ebene dazu verpflichtet, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Über die Treibhausgasbilanz muss jährlich im nationalen Treibhausgasinventar berichterstattet werden. Dieses Inventar umfasst auch Zahlen über die drei Klimaleistungen des Wald- und Holzsektors.

Die CO2-Sequestrierung des Waldes entspricht der CO2-Bilanz des Waldes. Diese Bilanz setzt sich zusammen aus der CO2-Aufnahme als Folge des Baumwachstums, aus Veränderungen des gespeicherten Kohlenstoffs in der Streu, im Boden und im Totholz abzüglich der Verluste als Folge der Holznutzung und von natürlichen Abgängen (abgestorbene Bäume). Der Wald ist eine Senke, wenn er mehr CO2 aufnimmt als abgibt. Gibt der Wald mehr CO2 ab als er aufnimmt, so ist er eine Quelle. Der Klimawandel erfordert proaktive waldbauliche Massnahmen zur Anpassung des Waldes an den Klimawandel und die Nutzung der erneuerbaren Ressource Holz, was entscheidend für die CO2-Bilanz von Wald und Holz ist.

Durch den Klimawandel kann es in Zukunft auch im Wald zu mehr Schäden kommen. Naturnahe, strukturreiche Wälder und Wälder mit hoher Biodiversität bieten die beste Absicherung gegen biotische und abiotische Schäden und gewährleisten eine hohe Regenerationsfähigkeit. Basierend auf einer Risikoabschätzung sollen die Wälder bestmöglich mittels eines naturnahen und adaptiven Waldbaus an das aktuelle und zukünftige Klima angepasst werden.

Die C-Speicherung in Holzprodukten wie Brettschichtholz, Massivholzplatten und Schalungen wird im Treibhausgasinventar als Veränderung (Bilanz) des Kohlenstoffvorrats erfasst. Berücksichtigt werden ausschliesslich Holzprodukte, die aus in der Schweiz geerntetem Holz hergestellt werden.

Die Klimaleistung «Substitution» entsteht, wenn Holz emissionsintensive Materialien (materielle Substitution) oder fossile Energieträger (energetische Substitution) ersetzt. Dadurch können Treibhausgasemissionen vermieden oder deutlich reduziert werden.
Die für die Herstellung von Holzprodukten aufgewendete Energie und die Substitutionswirkung durch die Verwendung von Holz anstelle emissionsintensiveren Materialien sind nur indirekt im Treibhausgasinventar abgebildet. Sie zeigen sich in den bilanzierten Emissionen im Energie- und Baubereich, die im Sektor «Energie» ausgewiesen werden. Fossile Energieträger sind die Hauptverursacher des verstärkten Treibhauseffekts. Deshalb sollten sie vorrangig durch erneuerbare Energien ersetzt und der Energieverbrauch insgesamt effizienter und sparsamer gestaltet werden. Durch eine Kaskadennutzung wird die Kohlenstoffspeicherung verlängert und der Substitutionseffekt vervielfacht.

Der Wald- und Holzsektor unter dem Übereinkommen von Paris

Im Rahmen des Übereinkommens von Paris hat sich die Schweiz auf internationaler Ebene verpflichtet, bis 2050 nicht mehr Treibhausgase auszustossen, als über natürliche und technische Speicher aufgenommen werden können. Dies bedeutet, dass Netto-Null Emissionen bis zum Jahr 2050 erreicht werden müssen. Treibhausgasemissionen sollen so weit wie möglich vermieden werden. Die verbleibenden Emissionen sollen neben natürlichen CO2-Speichern wie Wälder und Holzprodukten auch durch Technologien ausgeglichen werden, die der Atmosphäre Treibhausgase dauerhaft entziehen und diese speichern.

Im Vergleich zur zweiten Kyoto-Verpflichtungsperiode wurden die Anrechnungsmodalitäten für den Wald- und Holzsektor unter dem Übereinkommen von Paris angepasst: Für den Landnutzungssektor wird ohne Referenzwert abgerechnet (Switzerland’s NDC, 13.11.2024). Zudem muss auch die CO2e-Bilanz aller Landnutzungsarten wie Grünland und Ackerland zwingend angerechnet werden. Die Umsetzung der Reduktionsziele wird auf nationaler Ebene mit dem Klima- und Innovationsgesetz (KlG) und konkret mit dem CO2-Gesetz geregelt.

Der Wald- und Holzsektor unter dem Kyoto-Protokoll

Gemäss Kyoto-Protokoll konnten die Länder weitere landwirtschaftliche Aktivitäten durch welche CO2 aus der Luft gebunden werden kann, zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nutzen. Die Schweiz hat sich sowohl in der ersten als auch in der zweiten Kyoto-Verpflichtungsperiode entschieden, nur Veränderungen in der CO2e-Bilanz aus der Waldbewirtschaftung und von Holzprodukten anzurechnen.

Zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls
In der Periode 2013-2020 musste die Schweiz ihre Emissionen im Durchschnitt um 15,8 Prozent gegenüber 1990 senken. Tatsächlich wurden die Emissionen jedoch nur um 11 Prozent reduziert. Nur durch die Berücksichtigung der Senkenleistung des Wald- und Holzsektors sowie den Einkauf von Emissionszertifikaten konnte das Verminderungsziel erreicht werden.
In dieser Periode wurde die CO2e-Bilanz des Wald- und Holzsektors gegenüber einem zuvor definierten Referenzwert (Forest Management Reference Level) abgerechnet. Das bedeutet, dass von der absoluten mittleren Senke von jährlich -2,5 Mt CO2e nur -0,7 Mt CO2e angerechnet werden konnten. Unter Berücksichtigung der Senkenwirkung von Aufforstungen und der Emissionen von Rodungen (gesamt +0,2 Mt CO2e j-1), trug der Wald- und Holzsektor zu einer Senkenleistung von jährlich -0,5 Mt CO2e bei. Aufgrund der relativen Anrechnung mit dem Referenzwert war der Beitrag des Wald- und Holzsektors zur Zielerreichung eher bescheiden und betraft lediglich 6%.

Erste Verpflichtungsperiode des Kyoto Protokolls
In der Periode von 2008 bis 2012 konnte die Schweiz rund 40 Prozent ihrer Reduktionsverpflichtungen durch die Wirkung des Waldes als CO2-Senke erfüllen. In dieser Periode konnte die absolute Senkenleistung, d.h. ohne Referenzwert angerechnet werden, da andere internationale Anrechnungsregeln galten.

Projekt KWHS: Zukünftige Klimaleistungen von Wald und Holz in der Schweiz

Im Rahmen des Projekts «Klimaleistungen der Waldbewirtschaftung und Holzverwendung in der Schweiz (KWHS)» hat das BAFU untersucht, wie die 3S-Klimaleistungen durch die Waldbewirtschaftung und Holzverwendung beeinflusst werden. Mit Hilfe von Modellrechnungen wurden im Projekt die Klimaleistungen im In- und Ausland für verschiedene Szenarien in den kommenden Jahrzehnten untersucht.

Die zentralen Erkenntnisse dieser Studie sind folgende:

  • Absolute Beiträge der 3S-Klimaleistungen:
    Veränderungen in der Waldbewirtschaftung und Holzverwendung können die Klimaleistungen des Waldes beeinflussen. Für die gesamten Klimaleistungen von Wald und Holz ist bei allen untersuchten Szenarien die Entwicklung der CO2-Sequestrierung im Schweizer Wald entscheidend. Die Speicherung von Kohlenstoff in Holzprodukten und die Substitution haben im Vergleich dazu einen geringen Einfluss.
  • Die Grössenordnung der 3S-Klimaleistungen
    Die CO2e-Bilanz der 3S-Klimaleistungen ist mittel- bis langfristig von den direkten und indirekten Folgen des Klimawandels abhängig. Eine nachhaltige, angepasste und zukunftsgerichtete Wald- und Holzwirtschaft ist eine notwendige Grundvoraussetzung für die langfristige Aufrechterhaltung dieser Klimaleistungen.
    Eine Waldbewirtschaftung, die die 3S-Klimaleistungen stärken soll, setzt auf differenzierte Bewirtschaftungsansätze. Je nach örtlichen Waldverhältnissen und Bewirtschaftungszielen können Bewirtschaftungsentscheidungen die Klimaleistungen in unterschiedlichem Masse beeinflussen.
  • Substitutionseffekte sind zeitlich begrenzt
    Der Einsatz von Holz kann CO₂-Emissionen durch materielle (Mittelwert: 730 kg CO₂/m³) und energetische Substitution (Mittelwert: 575 kg CO₂/m³) einsparen. Aufgrund der fortschreitenden Dekarbonisierung (Netto-Null-Ziel bis 2050) ist jedoch davon auszugehen, dass die Substitutionseffekte durch Holzprodukte künftig abnehmen werden.
  • Kaskadennutzung von Holz verbessert die gesamte Klimaleistung
    Um im Sinne der Kreislaufwirtschaft eine möglichst grosse Klimawirkung zu erzielen, soll Holz mehrmals in langlebigen Holzprodukten (materielle Substitution) verwendet werden und erst am Ende der Nutzungskaskade energetisch verwertet werden (energetische Substitution).
  • Keine direkte Verbindung zwischen Holzernte und Holzverwendung
    Preiseffekte können dazu führen, dass entweder die Nachfrage nach Holzprodukten und -energie zu vermehrten Importen führt oder dass vermehrt Schweizer Rundholz exportiert wird. Massnahmen, die die Preise beeinflussen, führen stets zu Veränderungen in der Aussenhandelsbilanz entlang der Wertschöpfungskette.
  • Bezugsrahmen beeinflusst Bewertung
    Die Klimaleistungen unterscheiden sich je nachdem, ob eine nationale (gem. THGI) oder eine globale Betrachtung erfolgt. Exporte von Rundholz reduzieren den Kohlenstoffvorrat im Wald des exportierenden Landes. Aufgrund der aktuell geltenden IPCC-Regeln können diese jedoch nicht dem HWP-Pool des importierenden Landes angerechnet werden und tragen somit nicht zur Treibhausgasbilanz bei.

Die Studienergebnisse wurden sowohl in einen wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Kontext eingebettet. Das BAFU hat anschliessend Folgerungen gezogen, deren Umsetzung durch die nationale Waldbewirtschaftung und Holzverwendung zur Stärkung der Klimaleistungen beitragen soll.

  • Betrachtung der Klimaleistungen von Wald und Holz auf integrale Weise.
  • Stärkung der Klimaleistung des Schweizer Waldes durch naturnahen und adaptiven Waldbau.
    Priorisierung der materiellen Nutzung von Holz, um Kohlenstoff in langlebigen Produkten zu binden und anstreben einer Kaskadennutzung
  • Steigerung der Holzverarbeitung und -verwendung im Inland, um Importe zu reduzieren und die Wertschöpfung zu erhöhen.
  • Nutzen des begrenzten Zeitfensters der Substitution durch Innovationen im Bausektor und neue Produkte aus Holzbestandteilen.

Die KWHS-Studie liefert eine fundierte Grundlage für die Weiterentwicklung der Wald- und Holzpolitik in der Schweiz – mit dem Ziel, die Klimaleistungen gezielt zu stärken und zur Erreichung des Netto-Null-Ziels beizutragen. Ihre Schlussfolgerungen sind in die Integrale Wald- und Holzstrategie 2050 (IWHS) eingeflossen.

7. Oktober 2025

Die Klimaleistungen von Wald und Holz in der Schweiz

Aktualisierte Erkenntnisse zu den Klimaleistungen von Wald und Holz heute und in den nächsten Jahrzehnten

PDF2.13 MB

Ergänzend dazu siehe dazu auch den Bericht «Reflexion über die Studie ‹Klimaleistungen der Waldbewirtschaftung und Holzverwendung in der Schweiz›» in Dokumente bei Weiterführende Informationen (unten).

3S- Projekt: Instrumente zur Stärkung der 3S-Klimaleistungen von Wald und Holz

Im Rahmen des 3S-Projekts untersucht das BAFU umweltpolitische Instrumente, die dazu dienen können die Wirkung der 3S-Klimaleistungen insgesamt zu stärken. Diese Instrumente sollen Anreize für Verhaltensweisen setzen, die die Waldbewirtschaftung und oder die Holzverwendung zielführend beeinflussen können. Das 3S-Projekt befindet sich aktuell in der Durchführung. Die Projektergebnisse werden zur gegebenen Zeit kommuniziert.

Weiterführende Informationen