Zum Hauptinhalt springen

Veröffentlicht am 4. Januar 2024

Biologie der Fliessgewässer

Ein Grossteil der Gewässer im Mittelland kann ihre Rolle als Lebensraum für Tiere und Pflanzen nur eingeschränkt wahrnehmen, wie die biologische Beurteilung der Bäche und der kleinen Flüsse zeigt. Auch in den grossen Flüssen ist die Zusammensetzung der Arten stark von menschlichen Einflüssen und invasiven gebietsfremden Arten geprägt. Die starke Beeinträchtigung der Gewässer spiegelt sich auch in den Roten Listen wider. Über 50 Prozent aller Arten, die in und an Gewässern leben, sind gefährdet oder bereits ausgestorben.

Biologische Beurteilung der Bäche und Flüsse

Im Rahmen der biologischen Untersuchungen aus der Nationalen Beobachtung Oberflächengewässerqualität (NAWA) werden rund hundert Fliessgewässer umfassend biologisch untersucht. Anhand der Bioindikatoren Kieselalgen, Makrozoobenthos (am Gewässergrund lebende Kleinlebewesen), Wasserpflanzen und Fische lässt sich beurteilen, wie gut ein Gewässer seine Funktion als Lebensraum für Tiere und Pflanzen erfüllt und ob die ökologischen Ziele der Gewässerschutzverordnung erreicht werden. Diese Ziele besagen, dass die Lebensgemeinschaften von Wasserlebewesen naturnah und standortgereicht sein sollen.

Im weiteren Sinne gehören auch die biologischen Untersuchungen des Hochrheins, die im Rahmen des Rhein-Messprogramms Biologie der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) seit anfangs der 1990er Jahren durchgeführt werden, zu NAWA.

Nationale Beobachtung Oberflächengewässerqualität (NAWA)

Modul-Stufen-Konzept

Leben in Bächen und kleinen Flüssen unter Druck

Die vierte Messkampagne im Jahr 2023 zeigte, dass das Leben in den Bächen und Flüssen weiter unter starkem Druck steht. Grundsätzlich haben sich die Fliessgewässer als Lebensraum wie auch deren Biodiversität auf tiefem Niveau stabilisiert – stellenweise sogar verbessert.
Beobachtet wird, dass Tier- und Pflanzengemeinschaften oft dort nicht naturnah sind, wo der Mensch die Gewässer mit Verbauungen sowie Schad- und Nährstoffen aus Siedlungen, Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie beeinträchtigt. Auch waren Abfall, Schaum oder Gerüche an vielen Messtellen sicht- und riechbar.
Insbesondere die Fischbestände und Wasserpflanzen leiden unter diesem Druck – vor allem dort, wo viele Menschen leben und die Flächen um die Gewässer intensiv genutzt werden. Die Fischbeobachtungen zeigen, dass auch der Klimawandel die Gewässerbiologie verändert.
Mehr Informationen zum biologischen Zustand kleiner Fliessgewässer: Wasserlebewesen unter der Lupe

Publikation "Gewässer in der Schweiz"

Grosse Defizite auch bei der Biologie grosser Flüsse

Auch in den grossen Flüssen sind die Lebensgemeinschaften des Makrozoobenthos, der Wasserpflanzen und der Fische stark defizitär. Dies zeigen sowohl die regelmässig stattfindenden Hochrheinuntersuchungen als auch kantonale Kampagnen.
Langdistanzwanderer wie beispielsweise der Lachs sind in der Schweiz bereits seit längerer Zeit ausgestorben – wohl primär aufgrund der vielen kraftwerksbedingten Wanderhindernisse. Andere Wanderfische sind stark gefährdet. Auch die Bestände von Spezialisten für frei fliessende und kühle Flüsse sind rückläufig. Die Zusammensetzung der Wasserpflanzen ist ebenfalls stark von hydrologischen und morphologischen Beeinträchtigungen geprägt. Als Folge der Begradigung und Verbauung verschwanden bedeutende Vorkommen höherer Wasserpflanzen. Die aufgestauten Bereiche mit viel Sand und Schlamm sind zudem von Algen und Wasserpflanzen besiedelt, die für Flüsse eher untypisch sind.
Die Makrozoobenthos-Gesellschaften sind geprägt von Generalisten und gebietsfremde Arten. Spezialisierte Arten, die beispielsweise strömungsberuhigte Ufer oder Auen als Lebensraum brauchen, sind sehr selten geworden.

Wasserlebewesen sind bedroht

Die aufgezeigten ökologischen Defizite werden durch die Tatsache bestätigt, dass die Biodiversität in und an den Gewässern stark zurückgegangen oder in hohem Masse gefährdet ist. Über 50 Prozent aller Arten, die in und an Gewässern leben, sind gefährdet oder bereits ausgestorben. Invasive gebietsfremde Pflanzen und Tiere, die sich in grossen Flüssen und Seen teilweise rasant ausbreiten, setzen die angestammten Arten zusätzlich unter Druck. Eine reiche Biodiversität ist essenziell, damit Ökosysteme widerstandsfähig gegenüber Umweltveränderungen wie dem Klimawandel oder gebietsfremde Arten bleiben.

Invasive gebietsfremde Arten

Weiterführende Informationen