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Veröffentlicht am 23. Mai 2024

Schadorganismen

Der Klimawandel und der stetig zunehmende internationale Handels- und Reiseverkehr führen dazu, dass immer mehr Arten neue Lebensräume fern ihres Ursprungsgebietes erreichen, sich dort etablieren und zum Teil ein erhebliches Risiko für die Umwelt, die Wirtschaft und die menschliche Gesundheit darstellen können. Die Schweiz ist aufgrund ihrer geografischen Lage und der vielfältigen internationalen Handelsbeziehungen besonders betroffen und gefordert. Häufig werden Schadorganismen für den Wald mit Pflanzenmaterial oder Holzverpackungen verschleppt und tauchen daraufhin im Wald auf.

Schädlich für den Wald können Insekten, Fadenwürmer (Nematoden), Phytoplasmen, Bakterien, Pilze, Viren,Viroide und Pflanzen sein. Diese Organismen bedrohen Waldbäume und -sträucher innerhalb und ausserhalb des Waldes.

Je nach Verbreitungsgrad und Bekämpfungsmöglichkeiten unterscheidet man zwischen gefährlichen (gSO) und besonders gefährlichen Schadorganismen (bgSO).

Besonders gefährliche Schadorganismen

Seit dem Inkrafttreten der Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV) am 1.1.2020 unterscheidet man zwischen vier Kategorien der bgSO: Quarantäneorganismen, prioritäre Quarantäneorganismen inkl. potentielle Quarantäneorganismen, Schutzgebiet-Quarantäneorganismen und geregelte nicht-Quarantäneorganismen. All diese Organismen sind gebietsfremd, weisen ein sehr hohes Schadenspotential auf und kommen je nach Kategorie noch gar nicht oder nur lokal in der Schweiz vor. Daher haben die Behörden Schutzmassnahmen gegen die Einschleppung und Verbreitung dieser Organismen erlassen. Auch die anderen Länder Europas haben entsprechende Massnahmen erlassen, um sich vor diesen gefürchteten Schadorganismen zu schützen. Wenn sie doch einmal auftreten, müssen sie je nach Kategorie den Pflanzenschutzbehörden gemeldet und bekämpft werden. In der Schweiz sind die allgemeinen Massnahmen zum Schutz vor bgSO in der Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV) geregelt. In den Anhängen der Verordnung des WBF und des UVEK zur Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV-WBF-UVEK) sind die einzelnen bgSO sowie ihre Kategorien aufgeführt. Anpassungen dieser Verordnung sind europaweit koordiniert. Für einzelne Organismen gibt es weitere Präzisierungen in der Verordnung des BAFU über phytosanitäre Massnahmen für den Wald (VpM-BAFU), sowie in der Vollzugshilfe Waldschutz des BAFU.

Beispiele für besonders gefährliche Schadorganismen:

Asiatischer Laubholzbockkäfer - Anoplophora glabripennis

Birkenprachtkäfer – Agrilus anxius

Citrusbockkäfer – Anoplophora chinensis

Kiefernholznematode - Bursaphelenchus xylophilus

Rotband- und Braunfleckenkrankheit

Sibirischer Seidenspinner – Dendrolimus sibiricus

Einschleppung und Ausbreitung verhindern

Um den Schweizer Wald vor schädlichen Auswirkungen durch bgSO zu schützen, ist deren Einschleppung und Ausbreitung zu verhindern. Dieses Ziel soll je nach Kategorie mit gezielter Prävention und der konsequenten Bekämpfung eines allfälligen Befalls erreicht werden. In der Schweiz ist der Eidgenössische Pflanzenschutzdienst EPSD in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen für die amtlichen Überwachungs- und Bekämpfungsmassnahmen gegen besonders gefährliche Schadorganismen verantwortlich. Um für aktuelle und künftige biotische Gefahren für den Wald schweizweit besser gerüstet zu sein, werden für ausgewählte bgSO Bekämpfungsstrategien entwickelt.

Gefährliche Schadorganismen

Neben den bgSO gibt es viele weitere Schadorganismen, die den Wald bedrohen können. Diese werden als gefährliche Schadorganismen (gSO) bezeichnet. Dazu gehören Organismen, die einheimisch sind, wie zum Beispiel der Buchdrucker, oder gebietsfremde Organismen, die so weit verbreitet sind, dass sie nicht oder nicht mehr als bgSO geregelt werden können, wie zum Beispiel das Eschentriebsterben und die Edelkastaniengallwespe. Auch waldrelevante invasive Neophyten wie der Götterbaum oder der Kudzu gehören zu den gSO. Für weitverbreitete gSO erlassen die Behörden nicht in jedem Fall Vorschriften, sondern geben falls nötig Empfehlungen zur Bekämpfung bzw. Schadensbegrenzung ab.

Beispiele für gefährliche Schadorganismen:

Edelkastaniengallwespe - Dryocosmus kuriphilus

Eschentriebsterben

Götterbaum - Ailanthus altissima

Priorisierung von waldrelevanten Schadorganismen

Die Arbeitsgruppe «Artenprio» hat im Auftrag der Abteilung Wald des BAFU und des Ausschusses der Konferenz der Kantonsförster (KOK) eine Priorisierung der waldrelevanten Schadorganismen vorgenommen. Das Ziel dieser Arbeit war, eine Liste prioritärer Schadorganismen für den Wald sowie entsprechende Kriterien für die Bestimmung deren Schadenspotential zu erarbeiten. Allfällige kantonale oder regionale Besonderheiten wurden berücksichtigt, indem die Arbeitsgruppe aus Vertretern von Bund, Kantonen und der Forschung bestand und indem alle Ergebnisse von der Arbeitsgruppe in gemeinsamen Workshops mitgestaltet und verabschiedet wurden. Das Schlussergebnis wurde in einem Bericht und einer Excelliste von bewerteten Schadorganismen publiziert. Diese Dokumente werden regelmässig von der Arbeitsgruppe Artenprio aktualisiert.

Die Priorisierung von waldrelevanten Schadorganismen ist ein Instrument für Bund und Kantone, welches nicht nur auf der strategischen Ebene bei der personellen und finanziellen Ressourcenplanung hilft, sondern auf operativer Ebene auch den Einsatz der Mittel beim Umgang mit biotischen Risiken für den Wald vereinfacht (zum Beispiel im Rahmen der Programmvereinbarungen).

Merkblatt für die Praxis über Neophyten im Tessin

Invasive Neophyten breiten sich in Schweizer Wäldern zunehmend aus. Ihr Vorkommen beeinträchtigt die natürliche Waldentwicklung, und die Artenvielfalt und führt zu höheren Bewirtschaftungskosten. Die Alpensüdseite und der Kanton Tessin im Speziellen, sind besonders von der Verbreitung von Neophyten betroffen, wegen den warmen Temperaturen, einer ausgeprägten Tendenz zur Sommerdürre und die geographische Position (Nähe zu Italien, wichtiger Transitkorridor in Europa). Auch in den Wäldern nördlich der Alpen können die von Neophyten verursachten Probleme lokal gross sein, sind aber im Allgemeinen noch nicht so ausgeprägt wie im Süden. Mit dem Klimawandel werden jedoch ähnliche Szenarien im Norden erwartet.

Im Rahmen eines viereinhalbjährigen Pilotprojekts (2017-2021) des Kantons Tessin und der Abteilung Wald des BAFU zum «Umgang mit Neophyten zur langfristigen Erhaltung der Waldfunktionen im Tessiner Wald» hat der Kanton differenzierte waldbauliche Empfehlungen je nach Eingriffsart und Neophytenvorkommen entwickelt. Im Allgemeinen wird eine regelmässige Kontrolle durch Forstpersonal während und vor allem nach waldbaulichen Eingriffen empfohlen, um sicherzustellen, dass sich Neophyten nicht unkontrolliert ausbreiten. Die Empfehlungen sind in dem folgenden Merkblatt zu finden:

Weiterführende Informationen

Schutz des Waldes

Allgemeine Informationen über Insekten, Fadenwürmer (Nematoden), Phytoplasmen, Bakterien, Pilze, Viren und Viroide,  die den Wald bedrohen können, sind auf der Datenbank von Waldschutz Schweiz zu finden:

Informationen zu Pflanzen, die den Wald bedrohen können, sind bei Infoflora zu finden:

Asiatischer Laubholzbockkäfer - Anoplophora glabripennis

Der Asiatische Laubholzbockkäfer ist ein besonders gefährlicher und meldepflichtiger Schadorganismus. Seit dem 1.1.2020 ist er in der neuen Verordnung des WBF und des UVEK zur Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV-WBF-UVEK; SR 916.201) als prioritärer Quarantäneorganismus geregelt . Er befällt verschiedenste Laubholzarten und kann die befallenen Laubholzbäume innert weniger Jahre zum Absterben bringen. Die wirtschaftlichen und ökologischen Schäden für betroffene Gebiete sind entsprechend hoch. Systematische Grenzkontrollen von Warenimporten mit Verpackungsholz, strukturierte Kontrollen und Bekämpfungsmassnahmen in den betroffenen Gebieten und ein aufmerksames Beobachten gefährdeter Standorte sind deshalb besonders wichtig.

Asiatischer Eschenprachtkäfer – Agrilus planipennis

Der asiatische Eschenprachtkäfer ist ein besonders gefährlicher Schadorganismus. Seit dem 1. Januar 2020 ist er in der Verordnung des WBF und des UVEK zur Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV-WBF-UVEK) als prioritärer Quarantäneorganismus aufgelistet. Er ist folglich meldepflichtig und muss bekämpft werden. Der asiatischen Eschenprachtkäfer kommt ursprünglich aus Ostasien und befällt Eschen. Eine befallene Esche stirbt nach 1-3 Jahren ab. In Europa wurde er im Jahr 2003 zum ersten Mal in Westrussland gemeldet und in der Ukraine 2019 erstmals nachgewiesen.

Birkenprachtkäfer – Agrilus anxius

Der Birkenprachtkäfer, auch bronzefarbener Birkenbohrer genannt, ist ein besonders gefährlicher Schadorganismus. Seit dem 1. Januar 2020 ist er in der Verordnung des WBF und des UVEK zur Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV-WBF-UVEK) als prioritärer Quarantäneorganismus aufgelistet. Er ist folglich meldepflichtig und muss bekämpft werden. Der Birkenprachtkäfer kommt ursprünglich aus Nordamerika und befällt Birkenarten. In der Schweiz sowie in Europa wurde er noch nie nachgewiesen.

Citrusbockkäfer – Anoplophora chinensis

Der Citrusbockkäfer (CLB) ist ein besonders gefährlicher Schadorganismus. Seit dem 1. Januar 2020 ist er in der Verordnung des WBF und des UVEK zur Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV-WBF-UVEK) als prioritärer Quarantäneorganismus aufgelistet. Der Käfer ist folglich meldepflichtig und muss bekämpft werden. Der Citrusbockkäfer stammt ursprünglich aus Asien und befällt rund 100 Laubbaumarten, aber auch andere Arten wie Rosen. Er wurde zum ersten Mal 1997 in Europa gefunden und in der Schweiz wurde 2014 ein Exemplar gefunden. Zum Glück handelte es sich um einen Einzelfund und es wurde kein Freilandbefall nachgewiesen.

Edelkastaniengallwespe - Dryocosmus kuriphilus

Die Edelkastaniengallwespe ist ein gefährlicher Schadorganismus. Die parasitische Wespe stammt aus China und befällt ausschliesslich Edelkastanien. Der Befall führt zum Absterben der Triebe, reduzierter Marronibildung und schütteren Baumkronen. Bei starkem Befall und in Kombination mit dem weitverbreiteten Kastanienrindenkrebs kann die Vitalität der befallenen Bäume langfristig beeinträchtigt werden. Um die weitere Ausbreitung der Wespe zu verhindern, sollen keine neuen Edelkastanienbäume in befallsfreie Gebiete gebracht werden.

Eschentriebsterben

Das Eschentriebsterben ist eine Baumkrankheit, die durch einen aus Ostasien stammenden Pilz Hymenoscyphus fraxineus verursacht wird. Der infektiöse Krankheitserreger wurde wahrscheinlich Anfang der 1990er-Jahre mit Pflanzenmaterial nach Europa eingeschleppt, wo er sich epidemisch ausgebreitet hat. In der Schweiz wurde der Pilz erstmals 2008 an Eschen im Kanton Basel festgestellt. Seit 2015 ist er in der gesamten Schweiz nachgewiesen.

Götterbaum - Ailanthus altissima

Der Götterbaum ist ein Laubbaum aus der Familie der Bittereschengewächse. Ursprünglich aus China und Vietnam wurde die Art seit Mitte des 18. Jahrhunderts in Europa angepflanzt und gilt als invasiv.

Kiefernholznematode - Bursaphelenchus xylophilus

Der Kiefernholznematode ist ein besonders gefährlicher Schadorganismus. Seit dem 1. Januar 2020 ist er in der Verordnung des WBF und des UVEK zur Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV-WBF-UVEK) als prioritärer Quarantäneorganismus gelistet. Der Fadenwurm ist folglich meldepflichtig und muss bekämpft werden. Die ursprüngliche Heimat des Kiefernholznematoden ist Nordamerika. Er wurde vor knapp 100 Jahren nach Japan eingeschleppt. In Europa wurde er in Portugal 1999 erstmals nachgewiesen.

Pechkrebs der Föhre – Fusarium circinatum

Der Pechkrebs der Föhre wird durch den Pilz Fusarium circinatum verursacht. Der Pilz ist ein besonders gefährlicher Schadorganismus und in der Verordnung des WBF und des UVEK zur Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV-WBF-UVEK) als Quarantäneorganismus aufgelistet. Er ist folglich meldepflichtig und muss bekämpft werden. Der Pechkrebs der Föhre stammt ursprünglich aus Nordamerika und befällt vor allem Föhrenarten und die Douglasie.Er ist durch Pflanzenmaterial nach Europa (Portugal und Spanien) eingeschleppt worden. In der Schweiz wurde der Organismus bis jetzt noch nie beobachtet.

Plötzlicher Eichentod - Phytophthora ramorum

Der Eipilz Phytophthora ramorum (Plötzlicher Eichentod) ist ein besonders gefährlicher Schadorganismus. Phytophthora ramorum ist im Pflanzengesundheitsrecht in zwei Kategorien aufgeteilt gemäss der Herkunft des Pilzes. Nicht-EU Pilzisolate sind seit 2020 als Quarantäneorganismen (QO; Anhang 1 PGesV-WBF-UVEK), während EU-Pilzisolate seit dem 1.12.2022 als geregelte nicht-Quarantäneorganismen (GNQO; Anhang 3 PGesV-WBF-UVEK) geregelt.

Rotband- und Braunfleckenkrankheit

Die Rotband- und Braunfleckenkrankheiten sind besonders gefährliche Schadorganismen, die als geregelte Nicht-Quarantäneorganismen (GNQO) eingestuft sind. Erreger der Rotband- und Braunfleckenkrankheit stammen vermutlich aus Nord- und Zentralamerika, respektive der Region des Himalaya, und befallen zahlreiche Föhrenarten. Der Befall führt zu Nadelverlust, wobei starker und wiederholter Befall insbesondere junge Bäume zum Absterben bringt.

Sibirischer Seidenspinner – Dendrolimus sibiricus

Der sibirische Seidenspinner ist ein besonders gefährlicher Schadorganismus. Seit dem 1. Januar 2020 ist er in der Verordnung des WBF und des UVEK zur Pflanzengesundheitsverordnung (PGesV-WBF-UVEK) als prioritärer Quarantäneorganismus aufgelistet. Er ist folglich meldepflichtig und muss bekämpft werden. Der sibirische Seidenspinner ist ein Nachtfalter, der ursprünglich aus den asiatischen Teilen Russlands, Kasachstan, Mongolei, Nordkorea und Nordostchina stammt und verschiedene Nadelbäume befällt. In der Schweiz sowie in Europa wurde er noch nie nachgewiesen.