Holzschutz im Wald: Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln

07.01.2021 – Ein kleiner Teil der Pflanzenschutzmittel (PSM), die in der Schweiz verkauft werden, kommt vereinzelt im Wald zum Einsatz. Zwar sind PSM im Wald grundsätzlich verboten, es gibt aber Ausnahmen: In erster Linie werden damit gefällte Bäume behandelt, um sie vor Käfern und Pilzen zu schützen. Das sensible Ökosystem Wald soll aber nicht unnötig belastet werden. Das BAFU hat darum bei der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) einen Bericht in Auftrag gegeben, der Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln aufzeigt.

Baumstämme im Bremgartenwald, Dezember 2020.
© BAFU

Wer gerne im Wald spazieren geht, begegnet ihnen öfters: Mehrere Meter hohe Stapel von Baumstämmen am Wegrand. Auf diesen so genannten Poltern wartet das Holz auf den Abtransport in die Sägewerke.

Wer gerne im Wald spazieren geht, begegnet ihnen öfters: Mehrere Meter hohe Stapel von Baumstämmen am Wegrand. Auf diesen so genannten Poltern wartet das Holz auf den Abtransport in die Sägewerke. 


Auf einen Schlag zu viel Holz

Sägereien sind darauf angewiesen, sich gleichmässig über das ganze Jahr mit Holz versorgen zu können. Im Wald aber steht nicht immer gleich viel davon zur Verfügung. «Bäume werden vorzugsweise im Winter geschlagen, wenn sie nicht im Saft stehen und weniger Schaden an Bestand und Waldboden entsteht», erläutert Anke Schütze (HAFL), Mitautorin des vom BAFU in Auftrag gegebenen Berichts.

Zudem führen Stürme oder Trockenheit mitunter dazu, dass zu grosse Mengen Holz zu einem ungünstigen Zeitpunkt anfallen: wenn die Lager der Sägereien bereits voll und die Preise aufgrund des Überangebots und der internationalen Konkurrenz in den Keller gerutscht sind.

Ein anfälliges Gut

Bäume – auch bereits gefällte – dienen einer ganzen Reihe von Insekten und Kleinstlebewesen wie Pilzen als Nahrung und Brutstätte. Gut für die Biodiversität, aber schwierig für die Ware Holz: Verschiedene Käferarten nagen Gänge ins Holz und infizieren es mit den Sporen von Pilzen, mit denen sie sich und ihre Larven ernähren.

Der abgestorbene Pilz wiederum verursacht typische blaue Stellen im Holz. Solche Verfärbungen mindern die Verwendungsmöglichkeiten und dadurch den Verkaufswert des Holzes. Der Erlös sinkt erheblich, im schlimmsten Fall um rund die Hälfte.

Spritzen gegen den Wertverlust

Kann geerntetes Holz nicht rasch aus dem Wald abgeführt werden, wird es gelegentlich mit Spritzmitteln behandelt, um zu verhindern, dass es von Käfern befallen wird und an Marktwert einbüsst. Zwar verbietet das Waldgesetz grundsätzlich den Einsatz von Spritzmitteln im Wald. Aber es sind Ausnahmen vorgesehen, die in der Chemikalien-Risikoreduktionsverordnung geregelt sind und die die kantonalen Behörden bewilligen müssen.

So sind die im Wald verwendeten Mengen mit rund 0,02 Prozent des Gesamtverbrauchs an Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz überaus gering. Es handelt sich dabei aber teilweise um sehr giftige Stoffe, die das Ökosystem Wald beeinträchtigen können.

© Vera Grubenmann

Im Wald dürfen nur Mittel eingesetzt werden, die vom Bund für einen solchen Einsatz zugelassen wurden. Zudem müssen die behandelten Polter ausserhalb von Grundwasserschutzzonen und in ausreichender Distanz zu Oberflächengewässern liegen. Des Weiteren sind Anwender und Anwenderinnen solcher Substanzen verpflichtet, sich regelmässig weiterzubilden.

«Zwar wollen wir den Wald nutzen und Holz daraus gewinnen; andererseits geht es zugleich darum, ein natürliches Ökosystem zu bewahren und belastende Eingriffe zu vermeiden. Die Suche nach Alternativen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz lohnt sich», betont Michael Reinhard, Leiter der Abteilung Wald des BAFU.

Mit PSM imprägniertes Polterschutznetz in Bern.
© Anke Schütze, HAFL

Andere Massnahmen und bessere Logistik

Der Bericht der HAFL nennt verschiedene Alternativen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Entfernt man beispielsweise die Rinde gefällter Nadelbäume, hält dies in der Borke brütende Käfer davon ab, das geschlagene Holz zu befallen.

Statt im Wald kann das Holz auch in ausreichender Entfernung dazu gelagert werden. In mindestens 500 Metern Distanz vom nächsten Nadelwald befindet es sich nicht mehr in Flugweite der Käfer. Für besonders wertvolle Sortimente empfehlen Fachleute Nasslager: Indem das Holz regelmässig beregnet oder in Wasser gelagert wird, lässt es sich ohne Wertverlust bis zu sechs Jahre aufbewahren.

Am besten wäre es freilich, geschlagenes Holz innerhalb von zwei bis drei Wochen aus dem Wald wegzubringen. Derzeit aber sind die einzelnen Schritte in der Holzverarbeitung (Wertschöpfungskette) noch nicht ausreichend aufeinander abgestimmt, sodass es Probleme bei der Logistik gibt. «Eine reibungslos funktionierende Wertschöpfungskette wäre der wirkungsvollste Hebel, um Spritzmitteleinsätze zu vermeiden», ist Michael Reinhard überzeugt.

Pflanzenschutzmittel im Wald
In einem Bericht wurden drei umweltfreundliche Alternativen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Wald (heute: auf 0.02% der verkauften Menge) vorgeschlagen: Das Entfernen der Baumrinde, die Lagerung des Holzes in mindestens 500m Distanz zum Wald oder der Abtransport des Holzes aus dem Wald innerhalb von 2 bis 3 Wochen.
© BAFU

Die engere Zusammenarbeit und Absprachen zwischen den vielfältigen Akteuren und Akteurinnen der Wald- und Holzbranche könnten dazu beitragen, die derzeitigen Flaschenhälse zu beseitigen. Verschiedene digitale Hilfsmittel wie Computerprogramme für eine bessere Übersicht der Kette stehen hierfür zur Verfügung. Gute Erfahrungen wurden auch mit Organisationen gemacht, die das Holzangebot mehrerer Forstbetriebe zusammenführen und professionell vermarkten oder die Koordination zwischen den verschiedenen Betrieben der Holzbranche sicherstellen.

Kantone und Bund ziehen am gleichen Strick

Wie der Bund, setzen sich auch die Kantone dafür ein, dass Pflanzenschutzmittel so sparsam und selten wie möglich im Wald verwendet werden. «In letzter Zeit ist bei den Kantonen viel gelaufen», bestätigt denn auch Thomas Abt, Generalsekretär der Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft. «Abgesehen von der Zulassung, die jedes Mittel benötigt, muss die anwendende Person einen Kurs absolvieren und damit eine Fachbewilligung erwerben. Zudem müssen beim Kanton das behandelte Holzlager spezifiziert und seine Lage, das Mittel und die verwendete Menge gemeldet werden. Dank dieser drei Bedingungen wird der Spritzmitteleinsatz zur Ausnahme der Ausnahme der Ausnahme», erläutert der Generalsekretär.

Die Kantone melden dem Bund, wie viel von diesen Chemikalien pro Jahr versprüht werden. Das ermöglicht es dem BAFU, neu eine jährliche Übersicht der eingesetzten Pflanzenschutzmittel zu erstellen. «Der Aktionsplan Pflanzenschutzmittel sieht vor, dass die ganze Handhabung dieser Stoffe verschärft wird», erklärt Michael Reinhard vom BAFU.

Insgesamt 13 Kantone haben bereits Massnahmen zur Reduktion der Spritzmittel ergriffen, indem sie etwa das Forstpersonal und alle, die diese Mittel anwenden, sensibilisieren und beraten. Als weitere Massnahmen unterstützen einige dieser Kantone die Errichtung von Nasslagern oder das Entrinden.

Nasslager Ossingen im Anfangsstadium (ZH).
© Martin Winkler

Kundschaft sensibilisieren

In nahezu der Hälfte der Fälle wird gelagertes Holz auf Verlangen der Käuferinnen oder Käufer mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Wäre die Endkundschaft bereit, verbläutes Holz zu akzeptieren, dann wären diejenigen, die das Holz weiterverarbeiten (z.B. Säger und deren Kunden wie Schreinereien, Zimmerleute und Holzbauer) bereit, solches Holz als gleichwertig wie das nicht verfärbte zu akzeptieren. Dann würden viele Spritzmitteleinsätze hinfällig. In seinen Eigenschaften steht verbläutes dem frischen, weissen Holz kaum nach.

An nicht sichtbaren Stellen, etwa hinter Verschalungen, wäre es problemlos einzusetzen. «Sensibilisierung ist ein wichtiger Beitrag zu weniger Pflanzenschutzmitteln», unterstreicht Anke Schütze. «Vom Anwender der Pflanzenschutzmittel über den Holzkäufer bis zu den Architekten und Architektinnen sollten alle erfahren, dass verbläutes Holz für viele Aufgaben genauso gut taugt wie unverfärbtes». Michael Reinhard vom BAFU doppelt nach: «Mir persönlich gefällt verbläutes Holz sogar, es kann eine interessante Struktur aufweisen».

Sei es durch logistische Optimierung, die Sensibilisierung der Kundschaft und des Forstpersonals oder die Einrichtung alternativer Lagerplätze ausserhalb des Waldes: Es gibt Möglichkeiten, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Wald weiter zu reduzieren. Die Ressourcenpolitik Holz des Bundes zielt in die gleiche Richtung, nämlich auf eine bessere Wertschöpfungskette, dazu gehören Logistik und Transport. Das BAFU kann entsprechende Projekte fördern.

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Letzte Änderung 07.01.2021

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