Biodiversität im Stadtzentrum

17.05.2018 – Es gibt sie, die Oasen der biologischen Vielfalt. Sogar mitten in Bern, wie das Beispiel der Gärtnerei am Bundesrain zeigt. Mit einheimischen Pflanzen im Garten oder auf dem Balkon können alle zur Förderung der Biodiversität beitragen. Der internationale Tag der Biodiversität am 22. Mai setzt dafür ein Zeichen.

Bundeshaus in Bern mit Blumenwiese
© Jean-Luc Perret

«Da spriesst der Wiesensalbei, und hier wächst das Labkraut. Hören Sie das Vogelgezwitscher und das Summen der Wildbienen?» Man spürt die Faszination mit der Peter Gabi, Leiter der Bundesgärtnerei in Bern, vom Frühlingserwachen der Natur am Bundesrain berichtet. Dieser Rain, der sich gleich unterhalb des Bundeshauses befindet, ist ein Paradebeispiel der Artenvielfalt im Siedlungsgebiet. Mitten im Stadtzentrum schafft er Raum für diverse Tier- und Pflanzenarten.


Das Potenzial ist gross

Seit 17 Jahren kümmert sich Peter Gabi um den Bundesrain und schwärmt von der dortigen Vielfalt: «Bei unseren Trockensteinmauern hat es sehr viele Eidechsen, aber auch Wildbienen, Käfer, Spinnen, Ameisen sowie verschiedene Schmetterlinge und Vogelarten leben auf dem Gelände.» Wildblumen wie das Labkraut, Margeriten, Wiesensalbei, Flockenblumen, Spitzwegerich und diverse Wildgräser bereichern die Vielfalt mitten im Zentrum der Bundesstadt.

Dieses Beispiel zeigt bestens, dass die Biodiversität auch im Siedlungsraum erhalten und gefördert werden kann. Siedlungen können wichtige Unterschlüpfe für Arten bieten, die ihren natürlichen Lebensraum verloren haben.

Bundesgärtner Peter Gabi auf der neu bepflanzten Terrasse im Bundesrain.
© BAFU / OFEV / UFAM

Auch bei der Stadtbevölkerung erfreuen sich attraktive Naturorte grosser Beliebtheit. Sie bieten einen Genuss fürs Auge. Hier kann man sich erholen, die Seele baumeln lassen. Das ist ein wichtiges Stück Lebensqualität. Vielleicht weniger offensichtlich, aber genauso wichtig ist die Rolle, die den Grünflächen hinsichtlich der Verbesserung der Luftqualität, der Regulierung der Temperatur, dem Filtern von Schadstoffen und dem Speichern von CO2 und Regenwasser zukommt.

Die Vielfalt steht unter Druck

Gerade im Frühling mögen die bunt blühenden Bäume und saftig grünen Rasenflächen leicht darüber hinweg täuschen, wie schlecht es in Wirklichkeit um die biologische Vielfalt in der Schweiz bestellt ist.

«Der Grossteil der Bevölkerung ist sich nicht bewusst, wie kritisch der Zustand der Biodiversität hierzulande ist und wie sehr unsere Lebensqualität und der Standort Schweiz von einer intakten Natur abhängig sind», sagt Hans Romang, Leiter der Abteilung Arten, Ökosysteme und Landschaften des BAFU. «Wir sind heute leider an einem Punkt, wo wir uns um den Fortbestand eines Grossteils aller Arten der Schweiz Sorgen machen müssen. Ganze Lebensräume verschwinden von der Landkarte», so Romang weiter.

Unser Einfluss auf die Natur war noch nie so tiefgreifend wie heute. Die Bedürfnisse vieler Arten, mit denen wir unsere Umwelt teilen, kommen dabei oft zu kurz. Auch in der Stadt stehen die Arten stark unter Druck. Mit jedem Quadratmeter, der zubetoniert wird, geht wertvoller Boden verloren. Die Zerschneidung der Lebensräume, die Wasser- und Luftbelastungen sowie die durchgehende Beleuchtung in der Nacht verstärken den Druck auf die biologische Vielfalt im Siedlungsraum.

Hochbeete in einer Siedlung in Zürich Leimbach.
© Flurin Bertschinger

Artenreichtum auf dem Balkon und im Garten

Auf jedem Balkon und in jedem Garten, sei er noch so klein, können blühende Pflanzen Nahrung für Wildbienen und Schmetterlinge bieten. Wichtig ist dabei, auf einen guten Anteil einheimischer Arten zu setzen. Bundesgärtner Gabi empfiehlt beispielsweise das hohe Eisenkraut, Schmuckkörbchen oder Zinnien und ergänzt, «auch blühende Küchenkräuter wie Oregano, Thymian, Schnittlauch oder Borretsch sowie Kleingehölze bieten sich an.»

Wer über einen Garten verfügt, sollte mit einer möglichst naturnahen Gestaltung und schonenden Pflege Platz für Pflanzen und Tiere schaffen. Rasenflächen können durch Wildblumenwiesen ergänzt oder ersetzt werden, und anstatt gebietsfremde Arten sollte einheimisches Gehölz verwendet werden. Um den Tieren im Herbst gute Voraussetzungen für die Überwinterung zu schaffen, empfiehlt Gabi, das Laub an einigen ungestörten Orten im Garten liegen zu lassen, «so finden Igel und andere Kleintiere während der kalten Monate Unterschlupf.»

Auch Nisthilfen für Brutvögel und Wildbienen oder Stein- und Holzhaufen schaffen gute Möglichkeiten zur Förderung der Artenvielfalt.

Drei rote Mauerbienenmännchen schauen bei den ersten Sonnenstrahlen aus ihrem Schlafquartier im Wildbienenhotel.
© wildBee

Den Reichtum für unsere Kinder erhalten

Erst wenn wir wissen, wie es um die biologische Vielfalt steht und wo wir selber einen Beitrag zu ihrer Erhaltung leisten können, lässt sich unser Handeln anpassen. Die Sensibilisierung und Verbreitung von Wissen ist deshalb ein wichtiger Baustein des Aktionsplans zur Strategie Biodiversität Schweiz.

„Für eine erfolgreiche Umsetzung des Aktionsplans brauchen wir die ganze Bevölkerung, die Wirtschaft. Alle können etwas zur Erhaltung unserer Lebensgrundlage beitragen. Alle tun dies im eigenen Interesse, zu Gunsten unserer Nachkommen und zum Wohle unserer Gesellschaft“, unterstreicht Hans Romang.

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Letzte Änderung 17.05.2018

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