Illegaler Holzhandel: «Sie müssen wissen, dass sie früher oder später auffliegen»

Der Import von illegal geerntetem Holz in die Schweiz war bisher nicht riskant. Seit dem 1. Januar 2022 ist dies anders: Die neu in Kraft getretene Holzhandelsverordnung (HHV) erlaubt Importeuren nur noch, legal geschlagene Bäume und daraus produzierte Holzprodukte einzuführen.

Text: Vera Bueller

Illegal geschlagenes Mahagoni-Holz
Wer trägt die Verantwortung für Umweltbelastungen im Ausland?
© Daniel Beltrá | Greenpeace

Ob als Baumaterial für Esstische, Parkett- und Terrassenböden, Küchen oder Gebäude – der Werkstoff Holz ist begehrt. Nicht immer ist klar, ob die entsprechenden Produkte tatsächlich aus legal geschlagenen Bäumen hergestellt wurden. Denn die Holzlieferketten sind komplex: Oft erfolgt die Verarbeitung nicht im eigentlichen Herkunftsland der Bäume. Und nicht selten exportieren skrupellose Personen, korrupte Beamte und zwielichtige Zwischenhändler die Stämme auf gewundenen Wegen in Nachbarländer.

Wie gross dieser graue Markt mit illegal geschlagenem Holz ist, zeigt eine Studie von Interpol und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP). Demnach sind 15 bis 30 Prozent aller Bäume, die in den Welthandel kommen, entweder ohne Lizenz gefällt worden oder verfügen über eine gefälschte, erschwindelte oder mit Schmiergeld bezahlte Lizenz. Für die Tropenholzregionen in Afrika, Asien und Südamerika beziffern die Polizei- und UNEP-Fachleute diesen Anteil sogar auf bis zu 90 Prozent. Aber auch in einigen osteuropäischen Ländern werden Wälder illegal abgeholzt. Dies belegen Untersuchungen von Nichtregierungsorganisationen sowie der Kommission der Europäischen Union (EU).

Erfolge gegen illegale Holzimporte

Allerdings gibt es erste Erfolge im Kampf gegen solch kriminelle Machenschaften. Sie sind vor allem auf strenge Gesetze in den USA (2008), in Australien (2012) und in der EU (2013) zurückzuführen. Diese verbieten das Inverkehrbringen von illegalem Holz und verlangen von den Importeuren und Verarbeitern, die legale Herkunft sowie den Handel des Holzes mit grösster Sorgfalt abzuklären.

In der Schweiz fehlte bisher eine entsprechende Regelung. Zwar besteht hierzulande seit 2010 eine Deklarationspflicht für Holz und Holzprodukte. Sie stellt sicher, dass die Konsumentinnen und Konsumenten beim Kauf Informationen zur Art und Herkunft des Holzes erhalten. Die Händler konnten jedoch jedes Holz einführen, es sei denn, Baumarten sind durch die Bestimmungen des internationalen Artenschutzabkommen CITES geschützt. 2017 beauftragte das Parlament den Bundesrat, eine strengere Regelung auszuarbeiten, die der europäischen Verordnung «European Timber Regulation» (EUTR) entspricht.

Gleichzeitig mit dem dafür revidierten Umweltschutzgesetz (USG) ist am 1. Januar 2022 die EUTR-identische Holzhandelsverordnung (HHV) in Kraft getreten. Sie verlangt von allen Marktakteuren, dafür zu sorgen, dass kein Holz aus illegalem Holzeinschlag und Handel auf den Markt gelangt. «Wer in der Schweiz als Erster Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringt, ist verantwortlich dafür, dass diese legal geerntet und gehandelt wurden», erläutert Alfred Kammerhofer, Chef der BAFU-Sektion Holz- und Waldwirtschaft, die neue Regelung. «Die Erstinverkehrbringer müssen dokumentieren, dass sie Informationen beschafft, Risiken systematisch bewertet und auf ein vernachlässigbares Mass reduziert haben.» Davon betroffen sind auch Händler, die bereits in Verkehr gebrachtes Holz erwerben oder weiterverkaufen, denn sie müssen dessen Rückverfolgbarkeit sicherstellen. Ein grosser Anteil der Holzerzeugnisse unterliegt der HHV: Holz, Papier, Halbfabrikate, Brennholz, Holzwerkstoffe, Bauholz sowie Möbel und vorgefertigte Gebäude aus Holz. Die Verordnung gilt jedoch nicht für Recyclingprodukte aus Altholz oder für Bambus.


Video: Die Holzhandelsverordnung kurz erklärt


Aufbau der Kontrollen

In der Schweiz importierten im Jahr 2019 rund 36 000 Unternehmen Produkte aus der EU, die neu der Holzhandelsverordnung unterliegen. Ihr Wert beläuft sich auf 5 Milliarden Franken. Aus Drittstaaten, die nicht der EU angehören, führten rund 4500 Unternehmen Holzprodukte im Gegenwert von 371 Millionen Franken ein.

Alfred Kammerhofer weist darauf hin, dass sich die Organisation der Kontrolle dieser Betriebe noch im Aufbau befinde, wobei man auf den Erfahrungen aus der EU aufbauen könne. Das BAFU nutzt für seine risikobasierte Überwachungstätigkeit primär Zolldaten der Einfuhren von Holz und entsprechenden Produkten und wird zudem auch begründeten Hinweisen Dritter nachgehen. Grundsätzlich gilt Holz als legal, wenn dessen Nutzung und Handel mit den relevanten Rechtsvorschriften eines Landes oder einer Region im Einklang stehen. Die Legalität muss über die gesamte Handelskette sichergestellt sein, und in Ländern mit einer hohen Korruptionsrate kann es angezeigt sein, eine Einschätzung von unabhängigen Dritten einzuholen.

System der Sorgfaltspflicht

Um die HHV einzuhalten, müssen die betroffenen Marktteilnehmer belegen können, dass sie ihre Sorgfaltspflicht erfüllen und das Risiko einer illegalen Herkunft damit auf ein vernachlässigbares Mass reduziert haben. «Das System der Sorgfaltspflicht besteht aus drei Stufen: der Informationsbeschaffung, der Risikobewertung und den Massnahmen zur Minderung der Gefahren, illegales Holz und nicht rechtskonforme Holzerzeugnisse in Verkehr zu bringen», erklärt Alfred Kammerhofer. «All dies muss nachvollziehbar dokumentiert werden.» Je nach Land und Region gelte natürlich eine unterschiedliche Bewertung der Risiken. So besteht etwa im Schweizer Wald ein geringes Risiko für illegale Holzeinschläge. Heikler ist die Bewertung hingegen bei Hölzern aus Entwicklungsländern oder auch aus Staaten mit einem erhöhten Risiko für Korruption.

Als verlässlicher Massstab für die Risikobewertung gilt der weltweit bekannteste Korruptionsindikator Corruption Perceptions Index (CPI). Dieser wird vom Sekretariat von Transparency International erstellt und listet Länder nach dem Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption auf. Der CPI 2020 umfasst derzeit 180 Länder, die auf einer Skala von 0 (mit einem hohen Mass an wahrgenommener Korruption) bis 100 (ohne ersichtliche Bestechlichkeit) erfasst sind. «Bei Lieferungen aus Regionen mit einem CPI unter 50 bestehen im Wald und entlang der Lieferketten besonders hohe Risiken», erklärt Alfred Kammerhofer. «Hier reichen staatliche Dokumente denn auch nicht aus, um die Legalität nachzuweisen, weshalb es eine unabhängige Überprüfung der Informationsquellen braucht.» Weltweit betrachtet, betrifft dies mehr als zwei Drittel aller Länder, aus denen freilich nur wenige Prozente der Holzeinfuhren in die Schweiz gelangen. Nur wenn das Risiko illegaler Praktiken vernachlässigbar ist, dürfen die Produkte in der Schweiz – wie auch in der EU – auf den Markt kommen.

Abbau von Handelshemmnissen

Trotz der neuen Vorschriften verspricht sich die Holzbranche von der HHV einen Abbau von Handelshemmnissen und bürokratischen Hürden, weil die rechtlichen Rahmenbedingungen nun denjenigen in der EU entsprechen. Damit fallen zwar nicht alle Schranken. Doch europäische Staaten dürften das Risiko von Holzprodukten aus der Schweiz künftig tief bewerten, was sie attraktiver macht. Umgekehrt haben es auch Einfuhren mit geringem Risiko aus dem europäischen Raum leichter – falls der Nachweis des Erstinverkehrbringens in der EU vorliegt. «Diese Regelung ist für die Schweiz insofern wichtig, als rund 95 Prozent der Importe aus dem EU-Raum kommen», sagt Alfred Kammerhofer. «Gleichzeitig gehen rund 90 Prozent der Exporte unserer Holzerzeugnisse in die EU.»

Im Kern geht es bei der HHV mit ihren Bestimmungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht und der Rückverfolgbarkeit jedoch um mehr als bloss um den Abbau von Handelshemmnissen im Holzhandel. Ein Hauptziel besteht nämlich auch darin, die weltweite Entwaldung sowie die damit einher­gehenden Verluste an Biodiversität zu bekämpfen. Kein anderes Ökosystem an Land beherbergt auch nur annähernd so viele Pflanzen-, Tier- und Pilzarten. Ausserdem spielen die Wälder eine Schlüsselrolle bei der Regulierung des Weltklimas. Und da sei allein schon das Vorhandensein von Kontrollen wichtig, betont Alfred Kammerhofer: «Die illegalen Holzlieferanten müssen wissen, dass sie früher oder später auffliegen.»

Aktivisten markieren Holz im polnischen Białowieża-Urwald
Aktivisten aus 12 europäischen Ländern markieren Holz, das im polnischen Białowieża-Urwald, einer UNESCO-Schutzzone, geschlagen wurde.
© Greenpeace

Risiken identifizieren und bewerten

Die Unternehmen müssen das Risiko bewerten, ob eingeführtes Holz oder Holzerzeugnisse aus illegalem Einschlag oder nicht rechtskonformem Handel stammen. Diese Bewertung erfolgt – basierend auf den eingeholten Informationen – nach folgenden Kriterien:

  • Die Einhaltung der Rechtsvorschriften des Ursprungslandes ist zugesichert und liegt vor – zum Beispiel über eine Zertifizierung oder über sonstige von Dritten überprüfte Regelungen.
  • Häufigkeit des illegalen Holzeinschlags bei betroffenen Baumarten
  • Häufigkeit des illegalen Holzeinschlags im Ursprungsland oder in der jeweiligen Region des Ursprungslandes – auch unter Berücksichtigung der Häufigkeit von bewaffneten Konflikten
  • Allfällige Sanktionen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union oder der Schweiz im Zusammenhang mit der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Holz und Holzerzeugnissen
  • Komplexität der Lieferkette von Holz und Holzerzeugnissen unter Berücksichtigung von Zwischenhändlern und Verarbeitern, durch die illegales Holz in die Lieferkette gelangen kann
  • Korruptionsrisiko in den Herkunftsländern sowie andere anerkannte Indikatoren der guten Regierungsführung

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Letzte Änderung 24.02.2022

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