Hochwasser im Juli: Bewährungsprobe für den Schweizer Hochwasserschutz

Bern, 06.08.2021 - Die anhaltenden und starken Niederschläge im Juli haben in weiten Teilen der Schweiz zu Hochwasser geführt. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) verzeichnete an seinen hydrologischen Messstationen neue Rekordwerte für den Neuenburger- und Bielersee. Die von Bund, Kantonen und Gemeinden ergriffenen Massnahmen zum Hochwasserschutz haben sich bewährt: Es gab keine Opfer zu beklagen und trotz Überschwemmungen halten sich die Hochwasserschäden nach ersten Einschätzungen in Grenzen.

Heftige Gewitter und Hagelzüge begleiteten im Juli intensive Regenfälle. Der Monat zählte an zahlreichen Messstationen von MeteoSchweiz zu den fünf niederschlagsreichsten seit Messbeginn. Während des Hauptereignisses vom 12. bis 15. Juli 2021 wurden fast in der ganzen Schweiz Niederschlagssummen von mehr als 100 mm verzeichnet, am Alpennordhang und im Tessin verbreitet über 150 mm. Das ist die Niederschlagsmenge, die für gewöhnlich innerhalb des ganzen Monats Juli fällt. Die Niederschläge fielen nach dem feuchten Juni auf ein bereits gefülltes hydrologisches System und liessen die Gewässer rasch weiter anschwellen. Dies führte verbreitet zu Hochwasser und Überschwemmungen (siehe Link zum Webdossier).

Bewährungsprobe für Hochwasserschutz-Massnahmen

Dank vorsorglicher Massnahmen zum Hochwasserschutz von Bund, Kantonen und Gemeinden konnten grössere Überschwemmungen vermieden werden. Die lokalen Einsatzkräfte bereiteten sich aufgrund der Prognosen und Warnungen frühzeitig vor, und die Bevölkerung wurde über verschiedene Kanäle laufend informiert. Hochwasserschutzbarrieren wie Beaverschläuche wurden errichtet und Schwemmholz laufend entfernt, um den Abfluss zu gewährleisten. Die Entlastungsstollen in Thun (BE) und Lyss (BE) wurden aktiviert. Ein besonders starkes Gewitter mit Hagelschlag und Sturmböen traf in der Nacht auf den 13. Juli 2021 die Region Zürich. Um einem zu starken Anstieg der Limmat vorzubeugen, wurde der Sihlsee (SZ) vorsorglich abgesenkt. In Basel wurde die Schifffahrt für sechs Tage eingestellt. Um die Jurarandseen möglichst rasch absenken zu können, beschlossen das BAFU und die betroffenen Kantone Bern, Waadt, Freiburg, Neuenburg, Solothurn und Aargau am 16. Juli gemeinsam, den Abfluss der Aare aus dem Bielersee temporär zu erhöhen.

Weniger Überschwemmungen trotz ähnlicher Regenmengen

Beim Hochwasser im Juli 2021 fielen insgesamt vergleichbare Regenmengen auf eine ähnlich grosse Fläche, wie im grossen August-Hochwasser von 2005 (6 Todesopfer, Schäden von rund 3 Milliarden Franken). Damals fielen verbreitet über 200 mm Niederschlag in 72 Stunden am Alpennordhang. Der Niederschlag im Juli war jedoch über einen längeren Zeitraum verteilt. Deshalb führte er zwar insgesamt zu einem höheren Abflussvolumen, jedoch zu tieferen Maximalpegeln in den einzelnen Flüssen, als beim Hochwasser von 2005. Nur an wenigen Messstationen wurden die Höchstwerte von 2005 übertroffen, so z.B. an der Reuss in Luzern.

Murgänge, Rutschungen und Oberflächenabfluss

An verschiedenen Orten kam es wegen der gesättigten Böden und anhaltender Niederschläge, kombiniert mit intensiven Gewittern und Hagel, zu Murgängen, Rutschungen und verbreitet Oberflächenabfluss. Strassen und Schienenverbindungen waren teils während mehrerer Tage unterbrochen. So zum Beispiel in den Kantonen Schwyz und Uri oder am Genfersee in der Waadt. Auch im Kanton Tessin lösten die Niederschläge verschiedene Rutschungen aus. So war die Nord-Südachse A2 wegen Erdrutschen mehrere Stunden unterbrochen, aber auch Strassen in den Seitentälern. Häufig gab es Schäden durch Oberflächenabfluss: Das Wasser drang von aussen in Gebäude ein und flutete Garagen, Keller oder Unterführungen.

Schutz vor Naturgefahren als Daueraufgabe

Die Ereignisse im Juli 2021 haben gezeigt, wie wichtig Massnahmen zum Hochwasserschutz sind. Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels, aber auch in Bezug auf die Nutzung der Siedlungsfläche muss der Schutz vor Hochwasser und anderen Naturgefahren kontinuierlich an neue Rahmenbedingungen angepasst werden - und ist deshalb eine Daueraufgabe. Die Erkenntnisse aus dem Juli-Hochwasser fliessen in die laufende Optimierung der organisatorischen, planerischen und baulichen Hochwasserschutz-Massnahmen ein.


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