Wasserlebewesen unter der Lupe

18.08.2025 – Gewässer zählen zu den artenreichsten Lebensräumen. Untersuchungen zeigen jedoch: In Schweizer Bächen und kleineren Flüssen haben es Fische, Kleintiere und Pflanzen schwer. Dank Massnahmen hat sich die Situation auf tiefem Niveau stabilisiert – stellenweise sogar verbessert.

Aesche
Fische geben wertvolle Hinweise darauf, wie es den Gewässern geht. Die kälteliebenden Äschen spüren die Folgen des Klimawandels und sind in Schweizer Flüssen immer seltener vorzufinden.
© Rainer Kühnis

Wasserlebewesen unter Langzeit-Beobachtung

Wie geht es unseren Gewässern? Wie hat sich ihr Zustand verändert? Um diese Fragen zu beantworten, betreiben Bund und Kantone seit 2012 das Programm «Nationale Beobachtung Oberflächengewässerqualität» (NAWA).

Es beurteilt kleinere Flüsse und Bäche wissenschaftlich und erkennt Entwicklungen früh. Die Erkenntnisse dienen als Grundlage für die nationale Gewässerschutzpolitik.

Wie es den Lebewesen in den Flüssen und Bächen geht, sagt viel darüber aus, wie naturnah und sauber diese Gewässer sind. Fachpersonen untersuchen deshalb periodisch Fische, Kleinlebewesen wie Insektenlarven, Kleinkrebse und Kieselalgen sowie Wasserpflanzen im Rahmen des Teilprogramms «NAWA TREND Biologie».

Die Daten zeigen den Zustand dieser vielfältigen Lebensräume auf. Sie sind aussagekräftig und werden mit jeder neuen Untersuchungskampagne wertvoller, da Veränderungen über die Zeit aufgezeigt werden.

Gewässer oft nicht naturnah

Die vierte Messkampagne im Jahr 2023 zeigte, dass das Leben in den Bächen und Flüssen weiter unter starkem Druck steht. Grundsätzlich haben sich die Fliessgewässer als Lebensraum wie auch deren Biodiversität auf tiefem Niveau stabilisiert.

Beobachtet wird, dass Tier- und Pflanzengemeinschaften oft dort nicht naturnah sind, wo der Mensch die Gewässer mit Verbauungen sowie Schad- und Nährstoffen aus Siedlungen, Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie beeinträchtigt. Auch waren Abfall, Schaum oder Gerüche an vielen Messtellen sicht- und riechbar.

Insbesondere die Fischbestände und Wasserpflanzen leiden unter diesem Druck – vor allem dort, wo viele Menschen leben und die Flächen um die Gewässer intensiv genutzt werden. Auch der Klimawandel verändert die Gewässerbiologie. Das zeigen die Fisch-Beobachtungen deutlich: Der Alet beispielsweise ist häufiger anzutreffen, da er mit steigenden Wassertemperaturen besser klarkommt. Kälteliebende Arten wie Äschen, Forellen oder Groppen werden hingegen seltener.

Massnahmen zeigen Wirkung

Damit es den Gewässern und ihren Bewohnern besser geht, muss noch viel getan werden. Renaturierungsmassnahmen und Schritte zur Steigerung der Wasserqualität verbessern erwiesenermassen die Fliessgewässer als Lebensraum. Gemeint sind zum Beispiel eine effektivere Abwasserreinigung, naturnahe Ufergestaltung, fischgängige Wasserkraftwerke, oder wenn vermieden wird, dass Pflanzenschutzmittel die Gewässer belasten.

Das Gewässerschutzgesetz verlangt die Umsetzung solcher Schritte und fördert sie. Werden die Massnahmen konsequent umgesetzt, verbessert sich der Zustand der Wassertiere und -pflanzen, und die Gewässer können ihre für Mensch und Natur essenziellen Aufgaben erfüllen.

Tiere und Pflanzen im Wasser reagieren unterschiedlich auf verschiedene Gewässerbelastungen. Deshalb schauen Fachleute bei der biologischen Untersuchung der Flüsse und Bäche auf verschiedene Gruppen: Fische, kleine Tiere am Gewässergrund, Kieselalgen und Wasserpflanzen. Für jeden dieser Bereiche wurde je ein Fachbericht verfasst. Die wichtigsten Erkenntnisse sind hier zusammengefasst.

Zustand der Fische

Fische geben wertvolle Hinweise darauf, wie es den Gewässern geht: Sie sind langlebig und reagieren empfindlich auf viele verschiedene Umwelteinflüsse. Die Untersuchungen der Fischbestände zeigen, dass die Gewässerabschnitte fast flächendeckend (72,6 %) in einem schlechten ökologischen Zustand sind (siehe Grafik). In vielen Gewässern gibt es zu wenige Fische.

mässig: 37 %, schlecht: 32 %, gut: 19 %, sehr schlecht: 4,7 %, sehr gut: 7 %
© BAFU
  • Die Fischbestände sind in kleineren Bächen und Flüssen tendenziell in einem besseren Zustand als in grösseren. Fliessgewässer im Jura sind naturnaher als diejenigen im Mittelland und in den Voralpen.
  • In vielen Gewässern fehlen viele Fischarten: In der Hälfte der untersuchten Gewässer gibt es noch eine natürliche Mischung von Arten; in der anderen Hälfte fehlen viele Arten, die eigentlich dort leben sollten. Seit Beginn der Beobachtung hat sich daran kaum etwas verändert.
  • Bedrohte Fischarten stehen unter besonders hohem Druck: Man findet sie in immer weniger Gewässern, und dort gibt es nur wenige Exemplare. Arten, die vom Aussterben bedroht sind (Gefährdungsstufe 1), sind immer seltener.
  • In vielen Flüssen und Bächen (64,5 %) gibt es deutlich zu wenige Fische. Besonders betroffen sind Schmerlen, Groppen, Forellen, Gründlinge, Hasel, Bachneunaugen und Äschen – von ihnen leben oft viel zu wenige in den Gewässern.
  • Die Untersuchungen weisen darauf hin, dass Fischbestände besonders in dicht besiedelten Gegenden beeinträchtigt sind. Weitere Studien zeigen bereits einen negativen Einfluss von Wasserkraftnutzung, Pestiziden und nicht naturnahen Gewässerstrukturen auf.

Zustand der Kleintiere am Gewässerboden (Makrozoobenthos)

Das Makrozoobenthos umfasst Kleintiere, die im und auf dem Gewässergrund leben – Insektenlarven, Kleinkrebse, Schnecken, Muscheln und Würmer. Sie haben unter anderem eine grosse Bedeutung als Fischnahrung. Sie reagieren sensibel auf Einflüsse aus Landwirtschaft und Siedlungen – zum Beispiel auf das Einleiten von Abwasser, Verbauungen oder Pestizide.

D-Webdossier-NAWA-Grafik02-MZB
© BAFU
  • Der Schweizer Makrozoobenthos-Index (IBCH), bei dem besonders empfindliche Insektenfamilien betrachtet werden, gibt Hinweise auf die Wasserqualität und die Strukturvielfalt der Gewässer. Die Untersuchung nach dieser Methode ergab: Mehr als ein Viertel (27 %) der untersuchten Orte haben einen schlechten Zustand.
  • An rund 60 % der untersuchten Stellen fehlen Arten und Familien, die besonders empfindlich auf Pestizide reagieren, entweder ganz oder sie sind nur selten zu finden. Es ist klar erkennbar, dass Landwirtschaft und Besiedlung dazu führen, dass empfindliche Tiere seltener vorkommen (s. Grafik).
  • Die grösste Anzahl an Makrozoobenthos-Arten gibt es im Jura. An den einzelnen Untersuchungsstellen werden heute oft mehr verschiedene Arten gefunden als vor zehn Jahren. Vertiefte Untersuchungen zeigen, dass sich eher die bereits häufigeren Arten ausbreiten, während die selteneren Arten meist nicht profitieren konnten. Die Artengemeinschaften werden daher tendenziell ähnlicher.

Zustand der Kieselalgen sowie äusserer Aspekt

Kieselalgen (Diatomeen) sind einzellige Algen. Sie sind bewährte Sensoren für die Nährstoffbelastung: Denn Kieselalgen kommen ganzjährig in Bächen und Flüssen vor, und es ist gut erforscht, wie sie auf Nährstoffkonzentrationen im Wasser reagieren.

sehr gut: 57 %, gut: 36 %, mässig: 6 %, schlecht: 1 %
© BAFU
  • Der Kieselalgen-Index weist an über 93 % der Messstellen eine gute bis sehr gute Wasserqualität aus (s. Grafik). Ungenügende Zustände wurden v.a. im Mittelland und im Jura nachgewiesen.
  • 84 % der untersuchten Stellen weisen keine Zusammensetzung der Kieselalgenarten auf, wie sie am Standort zu erwarten gewesen wäre.
  • Seit Beginn der Beobachtungen ist ein Trend zur schweizweiten Verbreitung und Zunahme gebietsfremder Arten nachweisbar.
  • Bei den Erhebungen wurde auch geprüft, ob der Einfluss des Menschen mit den Augen oder der Nase erkennbar ist. In mehr als der Hälfte der untersuchten Gewässer fanden die Fachleute Abfall. In Gewässern mit viel gereinigtem Abwasser gab es oft Schaum und einen unnatürlichen Geruch.

Zustand der Wasserpflanzen (Makrophyten)

Wasserpflanzen, die man von blossem Auge sieht, werden Makrophyten genannt. Sie wachsen oft fest an einem Ort und leben mehrere Jahre. Deshalb zeigen sie an, was das Gewässer über längere Zeit beeinflusst hat.

gut: 36 %, mässig: 28 %, schlecht 28 %, sehr gut: 8 %
© BAFU
  • befanden sich in einem ungenügenden Zustand. Während des Beobachtungszeitraums blieb die Bewertung ziemlich konstant (siehe Grafik).
  • Es wird vermutet, dass meist eine veränderte Struktur und Form des Gewässers der Grund ist, wieso es den Wasserpflanzen schlecht geht. Zum Beispiel, weil es verbaut oder begradigt wurde.

Weiterführende Informationen

Kontakt
Letzte Änderung 18.08.2025

Zum Seitenanfang

https://www.bafu.admin.ch/content/bafu/de/home/themen/wasser/dossiers/wasserlebewesen-unter-der-lupe.html