Das Gewässerschutzgesetz will die negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung auf die Gewässerökosysteme beseitigen. Dazu zählen unter anderem die Folgen von künstlichen Abflussschwankungen in Gewässern unterhalb von Wasserkraftanlagen, dem sogenannten Schwall und Sunk.
Als Schwall und Sunk bezeichnet man die täglichen Abflussschwankungen, die durch den Betrieb von Speicherkraftwerken entstehen. In betroffenen Gewässerabschnitten können die Wassermengen so innert Minuten auf ein Vielfaches ansteigen und wieder absinken.
Im Gegensatz zu natürlichen Hochwassern treten Schwallabflüsse sehr oft und häufig auf. Zudem steigt und fällt der Abfluss deutlich schneller als bei einem natürlichen Hochwasser.
Für die Gewässerlebewesen können diese künstlichen Abflussschwankungen verheerende Folgen haben: So fallen bei Sunk Gewässerbereiche innert kürzester Zeit trocken – mit der Konsequenz, dass Fische und andere Lebewesen stranden und sterben. Wenn der Abfluss wieder ansteigt, können Tiere vom Wasser weggespült werden.
Das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer verpflichtet die Inhaber von Wasserkraftwerken dazu, kurzfristige künstliche Änderungen des Wasserabflusses, welche Tiere und Pflanzen sowie deren Lebensräume wesentlich beeinträchtigen, zu verhindern oder zu beseitigen. Mit der Sanierung werden die Schwankungen gedämpft.
Bei bestehenden Anlagen müssen bis 2030 entsprechende Massnahmen umgesetzt werden. Die Inhaber werden für die Kostenfolgen der notwendigen Sanierungsmassnahmen in den Bereichen Schwall-Sunk, Geschiebe und Fischgängigkeit entschädigt (siehe Finanzierung Sanierung Wasserkraft).
Über 100 Wasserkraftanlagen sanierungsbedürftig
Gemäss den strategischen Planungen der Kantone im Jahr 2014 besteht bei rund 100 Wasserkraftanlagen eine Sanierungsbedarf, um die negativen Auswirkungen von Schwall-Sunk auf die Lebensgemeinschaften im Gewässer zu reduzieren. Alle vier Jahre berichten sie über den Stand der Umsetzungsarbeiten.
In der aktuellen Berichterstattung per Ende 2022 wurden von den Kantonen 107 sanierungsbedürftige Anlagen gemeldet.
Die Anzahl Massnahmen, die pro Jahr in die Umsetzung kamen, hat im Vergleich zur Umsetzungsperiode 2014 – 2018 abgenommen. Jedoch waren bis Ende 2022 bei einem Grossteil der sanierungsbedürftigen Anlagen bereits die Planungsarbeiten am Laufen. Bei rund drei Viertel aller gemeldeten sanierungsbedürftigen Anlagen wurde mit den Sanierungsarbeiten begonnen.
Renaturierung der Schweizer Gewässer Stand ökologische Sanierung Wasserkraft 2022 (BAFU 2024) (PDF, 6 MB, 25.09.2024)Stand ökologische Sanierung Wasserkraft 2022
Fischbestand steigt am Doubs
Die Sanierungen zeigen beispielsweise am Doubs im französisch-schweizerischen Grenzgebiet positive Effekte. Hier verursacht eine grenzüberschreitende Kraftwerkskette starken Schwall und Sunk.
Um die Situation zu verbessern, wurde 2017 ein neues Wasserreglement eingeführt. Dieses koordiniert den Betrieb der drei Wasserkraftwerke im französisch-schweizerischen Grenzabschnitt des Flusses.
Das Wasserreglement reduziert die negativen Auswirkungen des Kraftwerksbetriebs auf einem Flussabschnitt von über 40 Kilometern. Die Wirkungskontrolle zeigt, dass sich der Fischbestand zwischen 2004 und 2020 verdoppelt hat. Einige negative Aspekte bleiben jedoch bestehen, wie z.B. die Abnahme der Dichte von wirbelloser Kleinlebewesen, deren Ursachen noch weiter untersucht werden müssen.
Hilfsmittel für die Planung und Umsetzung von Sanierungsmassnahmen
Um die Auswirkungen des Schwallbetriebs zu vermindern, sind unter anderem folgende Massnahmen möglich:
- Eine Umleitung des Schwalls, beispielsweise in einen See oder in ein grösseres Gewässer
- Die Einleitung des Schwalls in ein Ausgleichbecken und die dosierte Rückgabe des Wassers ins Fliessgewässer.
- Das Verkleinern der Schwankungen zwischen Schwall- und Sunkabfluss durch das Erhöhen der minimalen Wasserrückgabe ab der Zentrale.
- Das Abdämpfen des Schwall-Sunk-Übergangs durch langsameres Anfahren und Zurückfahren der Turbinen.
In einer Vollzugshilfe zeigt das BAFU, wie die Grundlagen für diese Sanierung erarbeitet werden können.
Schwall-Sunk - Massnahmen
Ein Modul der Vollzugshilfe Renaturierung der Gewässer. 2017
Dieser Bericht zeigt bisherige Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Anwendung des Vollzugshilfemoduls bei Sanierungsprojekten und aus neuen Forschungsprojekten der letzten fünf Jahre auf:
Erarbeitung und Beurteilung von Schwall-Sunk Massnahmen – Neue Erkenntnisse aus Forschung und Praxis (PDF, 5 MB, 30.09.2023)Im Auftrag des BAFU
Wichtige Fragen zum Vollzug und zur Finanzierung von Sanierungsprojekten in den Bereichen Schwall/Sunk, Geschiebehaushalt und Fischgängigkeit beantwortet das FAQ Sanierung Wasserkraft.
Weiterführende Informationen
Links
Dokumente
Erarbeitung und Beurteilung von Schwall-Sunk Massnahmen – Neue Erkenntnisse aus Forschung und Praxis (PDF, 5 MB, 30.09.2023)Im Auftrag des BAFU
Stranden von Fischen - Strandungsversuche in der Hasliaare mit wild emergierten Bachforellenlarven im Jahr 2021 (PDF, 53 MB, 21.06.2022)Im Auftrag des BAFU
Bewertung von Massnahmen zur Beseitigung wesentlicher Beeinträchtigungen durch Schwall und Sunk (PDF, 6 MB, 17.06.2013)Schlussbericht von Andreas Bruder, EAWAG - im Auftrag des BAFU
Letzte Änderung 23.08.2022