Die Folgen des Klimawandels sind im Alltag spürbar. Aber wie entwickeln sich die Risiken des Klimawandels für die Schweiz bis zum Jahr 2060? Zum zweiten Mal nach 2017 geht die Klima-Risikoanalyse des BAFU dieser Frage nach. Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse dieser Analyse? Was bedeuten sie für die Anpassung an den Klimawandel?

© Gian Ehrenzeller / Keystone
Grundlage für die Anpassung an den Klimawandel
Zahlreiche Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung haben bei der Erarbeitung der Klima-Risikoanalyse für die Schweiz mitgewirkt. Die Analyse zeigt, welche Auswirkungen des Klimawandels heute und in Zukunft für die Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz wichtig sind. Der Bericht ist in drei thematische Kapitel gegliedert (s. unten) und bildet die Grundlage für die Anpassungsstrategie der Schweiz. Auch Kantone, Regionen und Gemeinden können sich für ihre Anpassungsstrategien und Aktionspläne an den Ergebnissen orientieren. Der Bericht beantwortet wichtige Fragen für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik und richtet sich an Fachleute sowie an eine am Thema interessierte Leserschaft.
Die Inhalte im Überblick
Die Risiken aufgrund des Klimawandels in der Schweiz sind vielfältig. Klimarisiken innerhalb der Landesgrenzen überlagern sich mit Klimarisiken im Ausland, die sich auf die Schweiz auswirken. Sie werden sich in den kommenden Jahrzehnten noch verstärken. Dabei sind alle Sektoren und alle Regionen der Schweiz betroffen.
Die Klima-Risikoanalyse liefert Einordnungen und Beispiele zu den Herausforderungen des Klimawandels für die Schweiz.
Sektorenübergreifende Herausforderungen innerhalb der Schweiz
Der Bericht identifiziert und bewertet 34 Risiken und sechs mögliche klimabedingte Opportunitäten für die Schweiz, die durch die Folgen des Klimawandels entstehen. Diese lassen sich fünf sektorübergreifenden Herausforderungen zuordnen (siehe Abbildung unten): der zunehmenden Hitzebelastung, Sommertrockenheit und Durchschnittstemperaturen sowie dem steigenden Risiko von Naturgefahren und der Veränderung von Lebensräumen und der Artenzusammensetzung. Der Klimawandel bringt auch Opportunitäten wie beispielsweise Einsparungen bei der Heizenergie. Diese vermögen aber die zunehmenden Risiken in keiner Weise zu kompensieren. Die zunehmende Hitzebelastung stellt für die menschliche Gesundheit und Leistungsfähigkeit heute und in Zukunft eines der grössten Risiken dar. Hohe Temperaturen sind für die menschliche Gesundheit eine Belastung und können zum Tod führen. Auch die Risiken, welche sich aus den Veränderungen der Lebensräume und der Artenzusammensetzung für die Ökosysteme und deren Leistungen sowie die menschliche Gesundheit ergeben, gehören zu den relevantesten Risiken des Klimawandels in der Schweiz.
Zunehmende Hitzebelastung
Mit dem Klimawandel werden Hitzeperioden nicht nur häufiger, sondern es steigen auch die Temperaturen während diesen Perioden. Dies stellt besonders für ältere und gesundheitlich vorbelastete Menschen ein grosses Gesundheitsrisiko dar. Im Jahr 2023 wurden 542 Todesfälle auf Hitze zurückgeführt, dies entspricht 2 Prozent aller Todesfälle in der warmen Jahreszeit zwischen Mai und September. In einer alternden Gesellschaft wird dieses Risiko wichtiger. Auch hitzeexponierte Wirtschaftsaktivitäten, Infrastrukturen sowie die Land- und Waldwirtschaft sind von zunehmender Hitze betroffen.
Zunehmende Sommertrockenheit
Die Schweiz ist als Wasserschloss Mitteleuropas bekannt. Bis 2060, dem Betrachtungszeitraum der Klima-Risikoanalyse, werden während der Sommermonate Trockenheit und Niedrigwasserphasen häufiger auftreten und länger anhalten. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf die Land- und Waldwirtschaft, aber auch auf die Ökosysteme. Beispielsweise war in den trockenen Sommern 2003, 2015 und 2018 die Raufutterproduktion in der Landwirtschaft um bis zu 25 Prozent tiefer als in anderen Jahren. Auch die Waldbrandgefahr nimmt zu. Aufgrund der Veränderungen des Wasserhaushalts geraten zudem verschiedene Wassernutzungen unter Druck und treten zunehmend zueinander in Konkurrenz.
Zunehmendes Gefahrenpotenzial
Als Alpenland ist die Schweiz seit jeher von Naturgefahren betroffen. Der Umgang mit diesen Gefährdungen ist deshalb hierzulande sehr wichtig. In den letzten Jahrzehnten hat das Schadenspotenzial stetig zugenommen. Mit dem Klimawandel werden sich die Risiken durch Naturgefahren weiter akzentuieren und zu Sach- und Personenschäden sowie zu Betriebsunterbrüchen führen. Relevant sind insbesondere Starkniederschläge, welche künftig häufiger und intensiver ausfallen werden. Weil diese auf zunehmend bebaute Gebiete und versiegelte Böden fallen, werden die Risiken durch grosse oberflächlich abfliessende Wassermengen (sog. Oberflächenabfluss) und Überschwemmungen als sehr grosse Klimarisiken eingeschätzt. Heute sind 62 Prozent der Gebäude in der Schweiz durch Oberflächenabfluss gefährdet.
Zunehmende Durchschnittstemperaturen
Der Klimawandel verändert nicht nur die Höchsttemperaturen, sondern auch die durchschnittlichen Temperaturen in allen Jahreszeiten. Der Wintertourismus in den Berggebieten ist dadurch zunehmend von Schneemangel betroffen. Für den Ganzjahrestourismus und die Stromproduktion im Winter ergeben sich auch klimabedingte Opportunitäten.
Zunehmende Veränderungen von Lebensräumen und der Artenzusammensetzung
Der Klimawandel verändert die natürlichen Lebensräume der Schweiz. Die Veränderungen in den Ökosystemen und die Zunahme von Schadorganismen können sich negativ auf die menschliche Gesundheit, die biologische Vielfalt, aber auch auf die Land- und Waldwirtschaft auswirken. Ökosystemleistungen wie sauberes Wasser, fruchtbare Böden oder Bestäubung können beeinträchtigt oder verloren gehen, vor allem dann, wenn sich klimatische Stressfaktoren mit anderen Faktoren wie der intensiven Landnutzung überlagern. Nicht zuletzt verändert der Klimawandel auch das Erscheinungsbild der Landschaft und wichtige Identifikationsmerkmale der Schweiz.
Risiken durch den Klimawandel im Ausland
Auch der Klimawandel im Ausland beeinflusst die hiesige Risikolandschaft. Die Schweiz ist über die traditionell starken wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen vom Klimawandel im Ausland betroffen. Dies etwa über Lieferketten von Produkten, grenzüberschreitende Infrastruktur wie das Verkehrs- und Stromnetz oder über den weltweiten Finanzmarkt. Dies beeinträchtigt die wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz. Solchen systemischen Risiken muss in Zukunft mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Unerwartete Ereignisse und kombinierte Risiken
Häufig ergeben sich Risiken aus der Kombination mehrerer Gefahren, die sich räumlich und zeitlich überlagern oder nacheinander auftreten, sowie aus der Wechselwirkung zwischen klimatischen und nicht-klimatischen Faktoren. Risikotreiber können sich gegenseitig verstärken, und Auswirkungen können sich über geografische oder sektorale Grenzen hinweg kaskadenartig ausbreiten. Zudem macht es der fortschreitende Klimawandel wahrscheinlicher, dass Extreme auftreten, deren Stärke und Ausmass ausserhalb des Bereichs bisher beobachteter Ereignisse liegen, und im Gesamtsystem sogenannte Kipppunkte erreicht werden, an welchen sich der Systemzustand abrupt ändert. Diese Arten von Risiken sind schwer abzuschätzen, da sie sehr unwahrscheinlich sind, aber zugleich sehr grosse Schäden und potenziell weitreichende Konsequenzen verursachen können. Werden Abhängigkeiten und mögliche Folgen von solchen extremen Ereignissen nicht berücksichtigt, können Risiken unterschätzt werden.

© Jean-Christophe Bott / Keystone (28.7.2023)
Folgerungen und Handlungsbedarf
Der Klimawandel schreitet in der Schweiz schnell voran. Die Klima-Risikoanalyse zeigt, welche Auswirkungen und welche Risiken damit heute und in Zukunft verbunden sind. Hitze, Sommertrockenheit, Starkniederschläge und veränderte Lebensräume verursachen die grössten Klimarisiken innerhalb der Schweiz. Seit der letzten Risikoanalyse aus dem Jahr 2017 hat sich die Beurteilung gewisser Risiken akzentuiert, und gewisse Risiken sind stärker in den Fokus gerückt. So werden heute etwa trockenheitsbedingte Risiken und Risiken durch Oberflächenabfluss höher eingestuft und die wirtschaftliche Verflechtung mit dem Ausland und die damit verbundenen Risiken für unseren Wohlstand sind vermehrt in den Vordergrund getreten.
Die Klima-Risikoanalyse liefert eine Grundlage für die Planung der Anpassung an den Klimawandel und hilft, Prioritäten zu setzen und Mittel zielgerichtet zu nutzen. Die Analyse verdeutlicht auch, dass mit der Anpassung an den Klimawandel die Verletzlichkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels vermindert werden kann. Darauf weisen auch erste Erfolge in der Anpassung an den Klimawandel in verschiedenen Sektoren hin. Weitere Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel sind aber notwendig, um zukünftige Risiken zu minimieren.
Von übergeordneter Bedeutung bleibt die konsequente Reduktion der Treibhausgasemissionen auf Netto-Null bis 2050, um die gravierendsten und möglicherweise unkontrollierbaren Auswirkungen zu vermeiden.
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Letzte Änderung 05.06.2025