BAFU-Tagung Natur und Landschaft «Gemeinsam gestalten für die Zukunft», 30.11.2023

Eröffnungsrede von Katrin Schneeberger, Direktorin BAFU, an der Tagung Natur und Landschaft des Bundesamtes für Umwelt BAFU am 30. November 2023 in Bern.

Ich mag mich noch gut erinnern, wie ich als Kind jeweils mit meinen Eltern und unserem Hund der Aare entlang spaziert bin. Etwas trotzig manchmal – Sonntagsspaziergänge waren nicht meine Lieblingsbeschäftigung.

Wir sind an der schönen alten Birkenallee beim Schönausteg gestartet, am Tierpark Dählhölzli vorbei Aare-aufwärts.

Ebenso gut in Erinnerung sind mir die Hochwasser 1999 und 2005 in Bern, beim einen sind Fischotter aus dem Dählhölzli in die Freiheit geschwommen.

Und sehr präsent ist mir, wie die Aarelandschaft Richtung Elfenau heute aussieht: Man hat die Lehren aus den Hochwassern gezogen, die Aare hat einen viel natürlicheren Verlauf, bietet einen vielfältigeren Lebensraum für Pflanzen und Tiere.

Es ist für mich eine Freude, heute dort zu spazieren.

Ich schaue dabei allerdings jeweils lieber in die Natur als zu den Baukränen, die in der Distanz zu sehen sind.

Was ich damit sagen will: Es ist sichtbar und erlebbar - die Landschaft um uns herum verändert sich. Sie verändert sich aufgrund der Klimaerwärmung, als Folge der Globalisierung, durch Eingriffe von uns Menschen.

Wie stark sie sich verändert, zeigt unser Umweltbericht 2022. Darin ist dokumentiert, wie sich Siedlungen ausbreiten, wie Infrastrukturen Landschaften zerschneiden, wie stark Böden versiegelt werden. Grün verschwindet und grau dominiert.

Ihnen geht es vielleicht wie mir: Im Alltag mag ich das Leben in der Stadt und der Agglo, die Kultur, den Besuch im Café. Aber am besten erhole ich mich dort, wo es viel Grün hat, wo ich Schmetterlinge sehe und Vögel pfeifen höre.

Wie gestalten wir die Zukunft in einer sich immer rascher wandelnden Umwelt? Diese Frage stellt sich mir als Direktorin des BAFU jeden Tag.

Die gesetzlichen Grundlagen sind klar, die Ziele im Bereich Landschaft und Biodiversität sind konkretisiert und bekannt: Erwähnen kann ich beispielsweise das Ziel Nr. 8 der Strategie Biodiversität «Natur im Siedlungsraum» oder LKS-Landschaftsqualitätsziel «Städtische Landschaften – qualitätsorientiert verdichten, Grünräume sichern».

Wir in der Verwaltung haben eine gute Vorstellung davon, was getan werden könnte und sollte, und wir kennen die Rahmenbedingungen.

An Wissen fehlt es also nicht. Aber an Taten. Das zeigt sich zum Beispiel am Schutz der Biodiversität. Es ist zwar ein indirekter Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative unterwegs. Damit möchten wir die Natur im Siedlungsraum stärken. Aber im Ständerat hat das Vorhaben einen schweren Stand.

Im Umweltbereich gibt es Tausende von Akteurinnen und Akteuren, viele Instrumente und sich übersteuernde Einflüsse und Instrumente. Sie alle (die Teilnehmenden an dieser Tagung) gehören auch dazu.

Die grosse Frage ist: Wie erreichen wir unsere Ziele?

Das Problem aussitzen ist keine Lösung. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir klug in Richtung unserer Ziele navigieren und wie wir vorgehen können. Damit man die Segel richtig setzen kann, muss man vorausschauen und wissen, in welcher Richtung das Ziel liegt.

Der Bund kann dabei helfen, den Kompass auszurichten. Modellierungen aus aktuellen Forschungsprojekten des BAFU zeigen, welche Entwicklungen auf die Biodiversität und die Landschaft zukommen könnten. Sie helfen uns, in Szenarien zu denken, Handlungsoptionen auszuloten. Wir können mit unseren Instrumenten dazu beitragen, dass das Ziel rascher erreicht werden kann, etwa mit den relevanten Grundlagen oder auch Subventionen für den Erhalt und die Vernetzung wertvoller ökologischer Lebensräume. Vernetzte Lebensräume sind resilienter. Sie trotzen Störungen besser, wie sie etwa der Klimawandel mit sich bringt.

Auch die Kantone können das ihre dazu beitragen – mit ihren Fachplanungen zur ökologischen Infrastruktur und zur Landschaftskonzeption. Sie legen die Ziele für die ökologische und landschaftliche Qualität fest. Das macht die Kantone zu wichtigen Umsetzungspartnern, denn Natur- und Landschaftsschutz sowie Raumplanung gehören in die Hoheit der Kantone.

Sie sehen, schon sind wir mittendrin in der Thematik und den Diskussionen. Was erwartet uns an diesem reichhaltigen Tag sonst noch? Wir werden anhand von Beispielen aus der Praxis erfahren, wie Regionen und Gemeinden ihre Ziele erreicht haben. Ich habe einmal für die Stadt/Gemeinde Bern gearbeitet. Da habe ich erfahren, wie konkret Fragen auf der untersten Staatsebene sind, da ist die Umsetzung eines politischen Entscheids grundeigentümerverbindlich. Da geht es um die Bevölkerung und den Boden, auf dem sie lebt.

Wir werden auch auf Landschafts-Spaziergänge gehen, um draussen am realen Beispiel voneinander zu lernen. Man traut seinen Augen manchmal mehr als seinen Ohren.

Den Abschluss wird die länderübergreifende Sicht machen. Das Europäische Landschaftsübereinkommen feiert sein 10jähriges Jubiläum. Dieses Übereinkommen hat das Bewusstsein gefördert in Europa, dass die Menschen für die landschaftliche und biologische Vielfalt sensibilisiert werden sollen, dass ihnen aufgezeigt werden kann, was sie für ihre Identität bedeutet. Dass es eine öffentliche Debatte über diese Werte braucht. Diese Debatte wollen wir mit unserem Anlass heute ebenfalls fördern.

Ich möchte zum Schluss schon aufs Tagungsende vorausschauen, denn ich kann mir gut vorstellen, wie das Fazit des Tages lauten könnte:

Damit wir die Zukunft zweckmässig gestalten können, brauchen wir stabile und klare Ziele, die gemeinsam getragen werden. Wir brauchen engagierte Mitarbeitende, im Amt und bei unseren Partnern, den kantonalen Fachstellen, der Büros, der Gemeinden und Regionen. Wir brauchen den Austausch von guten Beispielen, die Mut geben und zeigen, wie es gelingt, Klippen zu umschiffen und den Zielhafen trotz widriger Winde anzusteuern. Wir brauchen ein Handeln, das Grenzen überschreitet und auf Synergien fokussiert ist.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen interessanten Tag und danke Ihnen, dass Sie sich dafür einsetzen, dass die Segel richtig gesetzt sind und wir gemeinsam das Ziel einer hohen biologischen und landschaftlichen Vielfalt in der Schweiz ansteuern.

Vielen Dank.

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Letzte Änderung 29.11.2023

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