Treibhausgasbilanz des Wald- und Holzsektors
Wenn Bäume wachsen, bauen sie Kohlenstoff in ihre Biomasse ein. Dadurch kann der Wald grosse Mengen CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Umgekehrt wird bei der Zersetzung oder Verbrennung abgestorbener oder genutzter Bäume der in der Biomasse gespeicherte Kohlenstoff freigesetzt. Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, welche auch die Kohlenstoffspeicherung berücksichtigt, kann folglich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Verwendung von langlebigen Holzprodukten (z.B. Bauholz, Möbel) stellt einen weiteren, temporären Speicher für Kohlenstoff dar. Zu einem kleinen Teil tragen Methan (CH4) und Lachgas (N2O) aus Waldbränden, Humusverlust nach Aufforstungen und durch Entwässerung organischer Böden zu den Emissionen bei.


Die Schweiz hat sich mit der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls verpflichtet, Veränderungen des Kohlenstoffvorrats infolge von Aufforstungen und Rodungen (Art. 3.3) sowie der Waldbewirtschaftung und Holznutzung (Art. 3.4) auszuweisen.
Die Flächen der Aufforstungen und Rodungen sind im Vergleich zur gesamten Waldfläche klein. Da der Biomassezuwachs in Aufforstungen langsam erfolgt, bei Rodungen aber das gesamte Holz auf einmal entfernt wird, sind die Emissionen durch Rodungen bedeutend höher als die Sequestrierung infolge von Aufforstungen. Für Artikel 3.3 resultiert in allen Jahren folglich eine Kohlenstoff-Quelle bzw. eine Treibhausgasemission.
Die Treibhausgasbilanz des Waldes setzt sich zusammen aus der CO2-Aufnahme als Folge des Baumwachstums, aus Veränderungen des in der Streu, im Boden und im Totholz gespeicherten CO2, abzüglich der Verluste als Folge der Waldnutzung (Ernte) und von natürlichen Abgängen. Auch Veränderungen des Kohlenstoffvorrats in Holzprodukten aus einheimischem Holz, sogenannte „harvested wood products“ (HWP), müssen verbucht werden. Abgesehen von schweren Sturmjahren mit erhöhten Verlusten an lebender Biomasse im Wald durch Zwangsnutzungen und hoher Baummortalität in den Nachfolgejahren (z. B. Vivian Februar 1990, Lothar Dezember 1999) führt die Waldbewirtschaftung (Art. 3.4) zu einem Aufbau des Gesamtkohlenstoffspeichers in der lebenden und toten Biomasse. Diese Waldsenke ist jedoch begrenzt, da die Umtriebszeiten (Bäume später nutzen) nicht beliebig erhöht werden können, wenn der Wald nachhaltig genutzt werden soll. Zu einem kleinen Teil tragen Methan (CH4) und Lachgas (N2O) aus Waldbränden, N2O-Emissionen durch Bodenbearbeitung nach Aufforstungen und durch Entwässerung organischer Böden von Wäldern zu den Emissionen bei.
Auch die Speicherung von Kohlenstoff in langlebigen Holzprodukten muss nach Artikel 3.4 angerechnet werden. In beinahe allen Jahren seit 1990 wurde mehr Holz in neuen Produkten verbaut (z. B. Bauholz oder Möbel) als dass bei der Entsorgung und/oder der Verbrennung ausgedienter Holzprodukte wieder (als CO2) freigesetzt wurde. In den Schweizer Holzprodukten wurde so im Laufe der letzten drei Jahrzehnte eine zunehmend grössere Menge an Kohlenstoff temporär gespeichert. Diese jährliche Zunahme verringerte sich jedoch in den letzten Jahren deutlich. In den Jahren 2013 und 2019 stellten Holzprodukte eine Netto-Quelle für CO2 dar, da mehr Holzprodukte ausser Verkehr gezogen wurden als dass neue hinzukamen.
Für die Anrechnung unter dem Kyoto-Protokoll wird diese Treibhausgasbilanz der Waldbewirtschaftung und der Holzprodukte am Ende der Verpflichtungsperiode gegenüber einem Referenzwert abgerechnet. Für das Jahr 2020 beträgt die anrechenbare Senkenleistung in Schweizer Wäldern und in Schweizer Holzprodukten 0.3 Millionen Tonnen CO2. Über die gesamte 2. Verpflichtungsperiode 2013-2020 unter Kyoto beträgt die anrechenbare Senkenleistung 4.5 Millionen Tonnen CO2.
Eine verstärkte Holzernte, wie sie die Schweizer Waldpolitik für die kommenden Jahre vorsieht, würde die zukünftige Senkenleistung des Waldes verringern. Eine durchdachte Kaskadennutzung, bei dem das geerntete Holz zuerst für langlebige Holzprodukte und anschliessend als Energieträger genutzt wird, könnte diesen Effekt jedoch auffangen und die Klimaschutzleistung des gespeicherten Kohlenstoffs erhalten. Da auch grosse Sturmereignisse oder Schädlingsbefall einen Einfluss auf die gespeicherte Kohlenstoffmenge haben, ist die Entwicklung schwierig zu beurteilen.
- Verwandte Indikatoren
- Treibhausgasbilanz der Landnutzung
Die Vergleichbarkeit mit den anderen Vertragsparteien des Kyoto-Protokolls ist gegeben.
Die Treibhausgasemissionen und die Kohlenstoffbilanz der Waldbewirtschaftung inklusive Holzprodukte werden gemäss Kyoto-Protokoll im nationalen Treibhausgasinventar erfasst. Die Methoden entsprechen den Richtlinien des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change).
Zur Ermittlung der Veränderungen des Kohlenstoffvorrats – ausgedrückt in CO2-Äquivalenten – werden zusätzlich zur Kohlenstoffbilanz der Waldbewirtschaftung inklusive Holzprodukte die durch Rodung freigesetzten und die durch Aufforstung gebundenen Mengen an Kohlenstoff berücksichtigt. Für die Kyoto-Abrechnung am Ende der Verpflichtungsperiode wird die Waldbewirtschaftung gegen einen Referenzwert, dem Forest Management Reference Level verrechnet.
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