Gletscherschwund
Die langfristige Längenänderung der Gletscher dient als Schlüsselindikator für Klimaänderungen auf globaler Ebene. Der Rückgang von Gletschern führt nicht nur zum Verlust prägender Landschaftselemente, sondern auch zu einer Abnahme der im Eis gebundenen Wasserreserven.


Gletscher wie der Grosse Aletsch weisen seit Beginn der Messungen im Jahr 1870 einen kontinuierlichen Rückgang auf. Dieses Phänomen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als Folge der Klimaerwärmung noch beschleunigt. Auch bei einer Stabilisierung der Temperatur würde sich der Rückgang noch so lange fortsetzen, bis ein neuer Gleichgewichtszustand erreicht wird.
Die Länge eines Gletschers lässt sich nicht bewerten. Hingegen ist sein fortschreitender Rückgang negativ zu bewerten, denn dieser ist einerseits Ausdruck der anhaltenden Erwärmung und bewirkt andererseits eine nachhaltige Veränderung unseres Lebensraums, zum Beispiel eine Veränderung der Abflussmengen in den Gewässern.
Die Längenänderung eines Gletschers hängt vor allem von seiner Grösse ab: Kleine Gletscher (z. B. Sardona) reagieren rasch auf die jährliche Witterung, grössere Gebirgsgletscher (z. B. Trient) mit verzögerten Schwankungen der Gletscherzunge (im Jahrzehntebereich). Grosse Talgletscher reagieren noch langsamer, das heisst mit einer Verzögerung von mehreren Jahrzehnten. Im Falle des Aletsch dürfte es noch über 100 Jahre dauern, bis das Eis vollständig abgeschmolzen ist.
In den letzten 10 Jahren hat sich der Volumenverlust der Schweizer Gletscher auf durchschnittlich 2 % pro Jahr beschleunigt. Es ist absehbar, dass bis Ende dieses Jahrhunderts im Alpenraum nur noch spärliche Gletscherreste übrig bleiben werden. Bei kleineren Gletschern ist dies bereits heute der Fall: Der Pizolgletscher wird seit 2019 wegen seiner geringen Restfläche nicht mehr vermessen.
- Verwandte Indikatoren
- Entwicklung der Jahresmitteltemperatur
Seit 1893 werden die jährlichen Messungen der Längenänderung von Gletschern systematisch und international koordiniert erhoben. Die in der Schweiz erhobenen Messgrössen sind ins Global Terrestrial Network for Glaciers (GTN-G) integriert und werden international durch den World Glacier Monitoring Service (WGMS) zusammengetragen, archiviert und publiziert. Der deutliche Rückgang der Gletscher ist ein weltweit beobachtetes Phänomen.
Messungen von Längenänderungen werden von der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) der ETH Zürich und der Expertenkommission für Kryosphärenmessnetze der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (EKK/SCNAT) durchgeführt. Sie arbeiten mit den kantonalen Forstämtern, verschiedenen Bundesämtern und Kraftwerksgesellschaften sowie Privaten zusammen.
Die Bestimmung der Längenänderung erfolgt hauptsächlich durch Feldmessung, durchgeführt von lokal ansässigen Personen. Zum Einsatz kommen einfache Methoden wie Massband und tragbare Distanzmesser (z.B. Fernglas) oder aufwändigere Vermessungen mit Theodolit oder GPS. Daneben werden auch immer öfter Fernerkundungssysteme (Luft- und Satellitenbilder) eingesetzt.
Angestrebte Entwicklung | Anfangswert | Endwert | Veränderung in % | Beobachtete Entwicklung | Beurteilung |
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Stabilisierung | (1) 2000, (2) Mittel 2000-2002, (3) Mittel 2000-2002 | (1) 2019, (2) Mittel 2017-2019, (3) Mittel 2017-2019 | (1) 53.10%, (2) 80.91%, (3) 33.99% | (1) Zunahme, (2) Zunahme, (3) Zunahme | negativ |
(1) Sardona (Chline Gletscher), (2) Trient, (3) Grosser Aletsch |
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