«Meine Natur» mit Hanspeter Latour

In jeder Ausgabe von «die umwelt» äussert sich in dieser Kolumne eine Persönlichkeit zum Thema «Meine Natur». Ausgabe 2/2021.

Hanspeter Latour (74), war Fussballtorhüter bei den Berner Young Boys. Später arbeitete er als Trainer im Profifussball, unter anderem bei den Zürcher Grass­hoppers, dem 1. FC Köln in der deutschen Bundesliga und bei seinem ­Heimatverein Thun, den er in die damalige Nationalliga A führte und in der Spitze des Schweizer Fussballs etablierte. Dank seiner bodenständigen Art wurde er auch als TV-Experte eine nationale Berühmtheit. Seit mehreren Jahren ist er nun passionierter Naturbeobachter, schreibt unter anderem Bücher, zuletzt «Natur mit Latour». Er lebt in der Region Thun, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
© zVg

Hörst du die Feldlerche über dir am Himmel? Siehst du den Trauermantel an der Weide? Kennst du die blauen und roten Beeren an den Sträuchern am Waldrand? Warum gibt es braune und weisse Hermeline? Solche Fragen habe ich auf den Wochenendausflügen und Spaziergängen mit meinem Vater vor gut 60 Jahren als Schüler diskutiert.

Mein Vater war ein Naturfreund. Insbesondere hatten es ihm die Vögel angetan, und er verfügte über grosse Kenntnisse zu deren Vorkommen und Verhalten. Klar, dass dieses Interesse auch an mir hängen blieb. Meine grosse Leidenschaft wurde später aber der Fussball. Zuerst als Junior, später als Spieler und dann gar als Trainer im professionellen Fussball. Nicht dass ich dabei die Freude an der Natur verloren hätte, aber meine beruflichen Tätigkeiten liessen dafür wenig Spielraum. Immerhin machte ich bei Gelegenheit meine Spieler darauf aufmerksam, dass sie keinesfalls schlechter spielen würden, wenn sie neben der ‹Schwalbe› noch einige weitere Vogelarten kennen würden …

Nach meiner Pensionierung wurde vieles wieder anders. Alles, was mir als Knabe der Vater in der Natur gezeigt und mich gelehrt hatte, war mir noch präsent und bekam nun eine ganz andere Bedeutung. Denn heute beobachte ich die Natur, fotografiere sie, schreibe über sie. Dabei sehe ich, wie sich unsere Landschaft in den letzten 60 Jahren verändert hat. Wie schwierig es geworden ist, meine Enkelkinder auf den Gesang einer Feldlerche am Himmel aufmerksam zu machen. Oder ihnen am Wegrand einen Trauermantel zu zeigen. Wie soll ich ihnen die vielfältigen Blumenarten einer Naturwiese aufzeigen, wenn in den Matten nur noch Löwenzahn und Hahnenfuss blühen? 

Vor 30 Jahren habe ich ein Biotop angelegt. Heute tummeln sich in unserem Garten 40 Schmetterlingsarten, darunter seltene Bläulinge und verschiedene Edelfalter. Die Holzbeige vor dem Haus dient Insekten als Unterschlupf. Die Nistkästen in den Bäumen werden von Blaumeisen, Kohlmeisen und Staren genutzt.

Mir gefällt die Gartenarbeit, den Boden zu schaffen für eine grosse Artenvielfalt. Ich will der Natur einen Teil von dem zurückgeben, was ich ihr einmal genommen habe. Zu unserem Garten habe ich mir ein Stück Land gepachtet. 540 Quadratmeter in der Gefahrenzone. Das werte ich nach und nach ökologisch auf. Eine ‹Heidenbüez›. Aber ich mache es aus Überzeugung und mit Leidenschaft, so wie ich alles in meinem Leben gemacht habe. Und ich kann als Gärtner tun und lassen, was ich will. Im Fussball hat man mir mehr dreingeredet. 

Ich bin zuversichtlich, dass es in der Schweiz gelingen wird, das Gleichgewicht zwischen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit wieder besser zu regeln. Damit Eltern ihren Kindern wieder eine vielfältige Natur zeigen können.

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Letzte Änderung 28.06.2021

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