Hitzebedingte Todesfälle
Hohe Temperaturen und Hitzewellen stellen ein Risiko für die menschliche Gesundheit dar. Hitze kann Erschöpfung und Hitzschlag auslösen sowie bestehende Erkrankungen wie Herz-Kreislauf‑, Atemwegs-, Nieren- oder psychische Erkrankungen verschlimmern. Gemäss der Europäischen Umweltagentur EUA ist die zunehmende Hitzebelastung die grösste direkte klimabedingte Bedrohung für die menschliche Gesundheit in Europa.
Der Impact-Indikator «Hitzebedingte Todesfälle» schätzt die Anzahl Todesfälle, die statistisch auf die Hitzebelastung in der Schweiz zwischen Mai und September zurückzuführen sind. Mit dem Indikator können die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit langfristig überwacht und der Bedarf an Anpassungsmassnahmen abgeleitet werden.
Die grösste Anzahl hitzebedingter Todesfälle in der Zeitperiode 1980-2023 werden für den bisher wärmsten Sommer (2003) geschätzt. Im Rekordsommer 2003 werden insgesamt 1’402 Todesfälle (95% Konfidenzintervall (KI): 1’157-1’658) der Hitze zugeschrieben. Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtsterblichkeit zwischen Mai und September von 5.6%. Im Sommer 2023, dem bisher fünftwärmsten Sommer, werden 542 (95%-Konfidenzintervall KI: 364-715) Todesfälle auf die Hitze zurückgeführt. Dies entspricht 2.0% (95%-KI: 1.3%-2.6%) aller Todesfälle in der warmen Jahreszeit zwischen Mai und September. Die Sterblichkeit im Zusammenhang mit Hitze belief sich auf 6.0 (95%-KI: 4.1-8.0) Todesfälle je 100'000 Einwohner*innen (EW). Dies ist der dritthöchste Wert seit dem Sommer 2003. Die Altersgruppe ab 75 Jahre ist generell am stärksten betroffen und der Anteil der jährlichen hitzebedingten Todesfälle ist bei Frauen grösser als bei Männern.
Für den Indikator «Hitzebedingte Todesfälle» stehen auch kantonale Abschätzungen zur Verfügung. Die grössten hitzebedingten Sterberaten in 2023 wurden für das Tessin (13 Todesfällen pro 100'000 EW), in den Kantonen der Genfersee-Region (Wallis, Genf, Waadt) und in Basel-Stadt (9-10 Fälle pro 100'000 EW) ermittelt. Auch in ländlichen Kantonen in der Zentralschweiz und im Mittelland (JU, NW, UR) wurden zwischen 7 und 9 Todesfälle pro 100'000 EW auf die Hitze zurückgeführt.
Die jährliche Anzahl hitzebedingter Todesfälle hat zwischen 1980 und 2023 nicht parallel zu der steigenden mittleren Sommertemperatur in der Schweiz zugenommen. Die hitzebedingte Sterberate je 100'000 EW fällt in 2023 tiefer aus als für heisse Sommer zu Beginn der Zeitreihe. Die Auswirkungen auf die Sterblichkeit sind heutzutage insbesondere an Tagen mit moderat heissen Tagesmitteltemperaturen tiefer als früher. Diese Beobachtung deutet darauf hin, dass sich die Gesellschaft an die zunehmende Hitzebelastung teilweise angepasst hat. Jedoch werden vor allem an Tagen mit heissen (ab 25°C) und sehr heissen (ab 27°C) Tagemitteltemperaturen immer noch deutliche Anstiege der hitzebedingten Todesfälle festgestellt.
Der Impact-Indikator «Hitzebedingte Todesfälle» zeigt eine deutliche Wirkung von Hitze auf die Sterblichkeit auf. Aufgrund der hohen Anzahl hitzebedingter Todesfälle im Jahr 2023 wird der aktuelle Zustand des Indikators als «schlecht» bewertet. Hitzeperioden und Hitzetage nehmen mit dem Klimawandel an Häufigkeit und Intensität zu. Somit sind Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung von grosser Wichtigkeit. Die Entwicklung des Indikators wird daher als «unbefriedigend» beurteilt.
Weitere Informationen zum Thema «Hitze und Gesundheit» des National Centre for Climate Services: Gesundheit des Menschen (admin.ch).
Die Methode der attributablen Fallberechnung setzt sich international als Standard zur Schätzung von hitzebedingten Todesfällen durch. Die konkrete Anwendung der Methode unterscheidet sich jedoch von Fall zu Fall. Daher ist der Indikator in dieser Form international nicht direkt vergleichbar.
Die hitzebedingten Todesfälle in der Schweiz werden seit 2023 mittels attributabler Fallberechnung geschätzt. Dafür werden Angaben zur gemessenen Tagesmitteltemperatur sowie eine Expositions-Wirkungsbeziehung, die den Zusammenhang zwischen Temperatur und Sterblichkeit beschreibt, mit der beobachteten Sterblichkeit verknüpft. Im Unterschied zum laufenden Mortalitätsmonitoring des BFS und zu bisherigen Analysen der hitzebedingten Übersterblichkeit während besonders warmen Sommern, fliessen beim Indikator «Hitzebedingte Todesfälle» die von MeteoSchweiz gemessenen Temperaturen in die Berechnungen ein. Auf diese Weise kann auch der Einfluss von moderat heissen Tagen und wenig ausgeprägten Hitzeperioden berücksichtigt werden. Zudem kann die Methode auch dann hitzebedingte Todesfälle zuweisen, wenn in einem Sommer mehrere ausserordentliche Ereignisse gleichzeitig einen Einfluss auf die Sterblichkeit ausüben. Der Indikator ergänzt somit das Mortalitätsmonitoring des BFS, welches jede Woche die aufgetretenen Todesfälle mit der Anzahl erwarteten Todesfälle vergleicht.
Erläuterung zu Tagesmitteltemperaturen: Eine Tagesmitteltemperatur von 25°C wird beispielsweite erreicht, wenn die Tagesminimumtemperatur bei 21°C liegt und das Maximum bei 29°C, oder bei einem Tagesminimum von 18°C und einem Maximum von 32°C. Sehr heisse Bedingungen von mehr als 27°C im Tagesmittel werden beispielswiese erreicht bei einer Kombination von 15.9° Tagesminimum- und 36.5°C Tagesmaximum- oder 22.2°C Tagesminimum- und 32.3°C Tagesmaximumtemperatur.
Das Excel-File enthält Daten für die Variablen «Anzahl attributable Fälle», «attributabler Anteil an Gesamtsterblichkeit», und «Anzahl attributable Fälle pro 100'000 Einwohner/-innen» mit 95 % Konfidenzintervall. Die Variablen werden ausgewiesen für drei Hitzeintensitäten, zwei Altersklassen, und nach Geschlecht. Zudem sind Daten erhältlich für die Schweiz, für Grossregionen sowie für Kantone.
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