Erfolgreiches Förderinstrument: Umweltinnovationen auf die Sprünge helfen

Zahlreiche Firmen und Fachhochschulen tüfteln hierzulande an Technologien zum Schutz der Umwelt. Doch der Weg von der Idee bis zum fertigen Produkt oder zur anwendbaren Dienstleistung ist steinig. Das BAFU hilft seit 20 Jahren.

Text: Pieter Poldervaart

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Innovationslandschaft - Überblick der nationalen und internationalen Förderinstrumente.
© BAFU

Ob für neue Strassen, Geleise oder Industrieanlagen – häufig muss der Untergrund zuerst stabilisiert werden, bevor die eigentlichen Bauarbeiten beginnen können. Üblicherweise wird zur Bodenstabilisierung sogenannter Erdbeton verwendet, der sich aus dem vorhandenen Bodenmaterial sowie aus Zement und gebranntem Kalk als Bindemittel zusammensetzt. 50 000 Tonnen gebrannter Kalk werden in der Schweiz pro Jahr für Bodenstabilisierungen benötigt. Doch die Produktion dieses traditionellen Bindemittels ist energieintensiv. «Bei der Herstellung von Zement und Kalk werden beträchtliche Mengen an Kohlendioxid emittiert», sagt Rainer Bunge, Leiter des Instituts für Umwelt- und Verfahrenstechnik an der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR).

Doch nun hat Bunge in Kooperation mit der Firma Logbau AG in Bad Ragaz (SG) eine Alternative zum klimaschädigenden Bindemittel entwickelt. Der Kalk und ein Teil des Zements werden dabei durch Holzasche und Kiesschlamm ersetzt. Asche fällt in Holzkraftwerken in beträchtlichen Mengen an und musste bisher kostspielig entsorgt werden.

Das BAFU hat zur Entwicklung dieses neuen Bindemittels mit Namen REBA (Ragazer Erdbeton-Additiv) massgeblich beigetragen: Mit seiner Umwelttechnologieförderung (UTF) unterstützte es das Projekt finanziell, wodurch unter anderem Praxistests durchgeführt werden konnten.

Die Versuche verliefen positiv. Einerseits überzeugte die Qualität des neuen Bodenstabilisierungsprodukts, andererseits belegten Laboranalysen, dass sein Einsatz nicht etwa zu erhöhten Schadstoffkonzentrationen im Sickerwasser führt. «Die Unterstützung durch das BAFU im Rahmen von knapp 50 Prozent der Entwicklungskosten hat die Weiterentwicklung von REBA zur Marktreife ermöglicht», sagt Rainer Bunge. «2017 konnte die Logbau AG bereits 1500 Tonnen des neuen Bindemittels absetzen.»

Was die Umwelt betrifft, überzeugt REBA gleich in mehrfacher Hinsicht: Bei seiner Herstellung halbiert sich der CO2-Ausstoss gegenüber herkömmlichen Bindemitteln. Zudem kann Holzasche, die sonst deponiert werden müsste, wiederverwertet werden. Dasselbe gilt für Kiesschlamm, einen weiteren Bestandteil des Bindemittels. Die Herstellung von REBA wandelt somit zwei Abfälle kostengünstig in ein umweltverträgliches und wertvolles Baumaterial um.

KMU und Fachhochschulen

Das Instrument der Umwelttechnologieförderung (UTF) existiert seit 1997 (siehe Box S. 50); alle fünf Jahre fasst ein Bericht die Tätigkeit des Programms zusammen. Im April 2018 hat der Bundesrat den Bericht «Umwelttechnologieförderung 2012–2016» gutgeheissen.

Das eingangs geschilderte Projekt ist eines von 133 Projekten, die zwischen 2012 und 2016 gefördert wurden. Insgesamt hat die UTF in dieser Fünfjahresperiode Gelder in der Höhe von 19,9 Millionen Franken investiert. Der jüngste Aktivitätsbericht zeigt detailliert, in welchen Bereichen Entwicklungsvorhaben in der Wirtschaft und bei Fachhochschulen unterstützt wurden.

Ein Drittel der Gelder floss in dieser Zeit an kleine und mittlere Unternehmen (KMU), ein Viertel an Fachhochschulen. Mit knapp 20 Prozent folgten Vereine und Stiftungen und mit gut 11 Prozent öffentliche Institutionen. Thematisch entfielen 45 Prozent auf den Bereich Abfall, Recycling und Rohstoffkreisläufe. Zweitwichtigster Bereich mit gut einem Fünftel der Projekte war der Gewässerschutz. In beiden Themenfeldern hat die Umweltpolitik für das nächste Jahrzehnt klare Ziele gesetzt. So sollen die Anstrengungen zum Phosphorrecycling aus dem Klärschlamm verstärkt werden, und es sollen Mikroverunreinigungen eliminiert werden, die heute im ungenügend geklärten Wasser von Abwasserreinigungsanlagen in die Umwelt gelangen. «Solche politischen Absichtserklärungen motivieren Forschende und Unternehmen dabei, neue Lösungen und Produkte zu entwickeln. Denn es zeichnet sich ab, dass dafür auch ein Markt entsteht», begründet Daniel Zürcher, Leiter der Sektion Innovation im BAFU, die Fokussierung auf einzelne Förderthemen. Der Rest der Pilot- und Demonstrationsprojekte verteilt sich auf die Themen Biodiversität, Luftreinhaltung, Lärmschutz und Gefahrenprävention (siehe Grafik).

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Umweltbereiche bei den Pilot- und Demonstrationsprojekten von 2012 bis 2016.
© BAFU

Mehr Wettbewerbsfähigkeit

Die UTF fördert nicht nur Pilot- und Demonstrationsprojekte, sondern auch Massnahmen, welche die Ressourceneffizienz generell steigern – und dadurch nicht zuletzt die Schweizer Wirtschaft als Ganzes wettbewerbsfähiger machen. Ein Flaggschiff in der Förderkategorie der flankierenden Massnahmen ist das Netzwerk Ressourceneffizienz Schweiz (Reffnet.ch), das in den letzten vier Jahren Gelder in der Höhe von rund vier Millionen Franken zugesprochen erhielt. Der Verein unterstützt Firmen dabei, sparsamer mit Energie und Rohstoffen umzugehen. So half Reffnet.ch zum Beispiel dem Küchenbauer Franke AG, ein nach ökologischen Gesichtspunkten entworfenes Spülbecken zu entwickeln. Mit Erfolg: Der Energieverbrauch in der Produktion liess sich im Vergleich zu einem herkömmlichen Spülbecken um 75 Prozent senken. Und auch der Materialbedarf konnte minimiert werden. Pro Spülbecken braucht es heute 6,5 Kilogramm weniger Chromnickelstahl.

Das BAFU spricht seine Förderbeiträge nicht etwa à fonds perdu aus. «Verläuft die Markteinführung erfolgreich, müssen die Antragsteller einen Teil der Subventionen zurückerstatten», erläutert Daniel Zürcher die Funktionsweise der UTF. Seit den Anfängen des Förderinstruments ist so rund eine Million Franken direkt an den Bund zurückgeflossen. Der grösste ökonomische Vorteil sei jedoch nicht die teilweise Rückzahlung der Subventionen, sondern der volkswirtschaftliche Nutzen, betont der Innovationsspezialist. Dazu gehörten Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen bei Firmen, die so langfristig wettbewerbsfähig blieben sowie die günstigere Beschaffung von Infrastrukturen durch die öffentliche Hand.

Ein Beispiel dafür ist eine zusammen mit der SBB entwickelte Methode, mit deren Hilfe sich Lärmemissionen bei Stahlbrücken vermindern lassen. Bis vor ein paar Jahren mussten diese Eisenbahnbrücken, die vielerorts prägende Elemente im Landschaftsbild sind, des Lärmschutzes wegen oft abgerissen und durch leisere Betonbrücken ersetzt werden. Dies war mit Kosten von 20 bis 25 Millionen Franken pro Brücke verbunden. Dank der neuen Technologie – sie beruht auf dem Einbau gummiartiger Schienenabsorber – können die Stahlbrücken nun in vielen Fällen saniert werden und bleiben erhalten. Und dies erst noch vergleichsweise günstig:  Eine Brückensanierung kostet meist weniger als zwei Millionen Franken.

«Open Access»: breite Wirkung

Eine Serie von Projekten über mehrere Jahre wiederum führte zu besseren Partikelfiltern für Dieselmotoren. Dazu waren zuerst Innovationen und Standardisierungen in der Messtechnik von Feinstaub nötig. Erst diese von der UTF mitfinanzierten Entwicklungen ermöglichten es, die kleinsten und schädlichsten Partikel im Dieselruss zu erfassen. Das ist eine Voraussetzung dafür, Partikelfilter effizienter zu machen und sie überprüfen zu können. Die Einführung der neuen Filter bewirkte die Abnahme der Feinstaubbelastung in der Luft und schliesslich eine messbare Reduktion von verschmutzungsbedingten Krankheitsfällen.

Durch Umweltinnovationen lassen sich also auch Gesundheitskosten senken, was sich volkswirtschaftlich gesehen in weniger Absenztagen in den Betrieben niederschlägt. Das ergibt letztlich Einsparungen, welche die investierten Fördersummen um ein Mehrfaches übertreffen.

Aus Sicht der Ressourcenschonung und des Umweltschutzes ist entscheidend, dass das neue Wissen von möglichst vielen Anwendern genutzt wird. «Sind die neuen Technologien und Dienstleistungen frei zugänglich», sagt Daniel Zürcher, «werden sie breiter und rascher angewendet – und ihr ökonomischer und ökologischer Nutzen wird noch grösser.» Deshalb soll künftig bei der UTF der sogenannte Open Access zum Standard werden. Die Resultate der geförderten Forschung und Entwicklung sollen so oft wie möglich allen Interessierten offenstehen.

545 Projekte, 62 Millionen Franken

Seit Beginn des Programms 1997 unterstützte die Umwelttechnologieförderung des BAFU total 545 Projekte mit einer Gesamtsumme von 62 Millionen Franken. Maximal ist ein Zuschuss von 50 Prozent der Projektsumme möglich, im Durchschnitt entspricht die Unterstützung knapp 30 Prozent.

Die rechtliche Grundlage für diese Subvention ist in Artikel 49 des Umweltschutzgesetzes festgelegt. Neben Pilot- und Demonstrationsprojekten sind auch Gelder für sogenannte flankierende Massnahmen vorgesehen. Damit sollen Ressourceneffizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft gefördert werden. Auf gemeinsame Projekte von Wirtschaft und Forschung wird zwar Wert gelegt, eine gemischte Trägerschaft ist aber nicht Bedingung für die Annahme eines Gesuchs.

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Letzte Änderung 05.09.2018

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