Eilt uns die Gentechnologie davon?

Editorial von Franziska Schwarz, Vizedirektorin BAFU

Franziska Schwarz, Vizedirektorin BAFU
© BAFU

Die Biotechnologie entwickelt sich rasant. Damit kommen in unserer Gesellschaft Fragen und auch Unsicherheiten auf. Das BAFU ist gefordert, sich dieser Fragen anzunehmen.

Als das Gentechnikgesetz in den frühen 2000er-Jahren erarbeitet wurde, war in der Forschung und Industrie die «Transgenese» das zentrale Gentechnikverfahren. Bei der Transgenese wird ein fremdes Gen in einen Empfängerorganismus übertragen, um diesen mit neuen Eigenschaften auszustatten. Während meiner Doktorarbeit an der ETH Zürich habe ich vor bald 20 Jahren ebenfalls mit der Transgenese gearbeitet. Diese Analysen haben gezeigt, dass gewöhnliche Darmbakterien Teile ihres Erbmaterials mit anderen Bakterien munter austauschen können, darunter auch Antibiotika-Resistenzgene, was die Risiken für unsere Gesundheit erhöht.

Die  Transgenese ist auch heute noch eine viel genutzte Gentechnik; in den letzten Jahren sind aber neue, revolutionäre Verfahren hinzugekommen, die unter dem Begriff Genome Editing zusammengefasst werden. Damit stehen nun Methoden zur Verfügung, die einen gezielten Eingriff in das Genom eines Organismus ermöglichen und so gewünschte Eigenschaften hervorbringen – auch ohne fremde Gene einzufügen. In den Bereichen Medizin, Pharmazie, Chemie, Lebensmittel und Pflanzenzüchtung finden diese Verfahren bereits erste kommerzielle Anwendungen. Forschung und Industrie versprechen sich viel davon: Sie sollen Lösungen ermöglichen für drängende Probleme unserer Gesellschaft. Dazu zählen beispielsweise die vereinfachte Herstellung von Biotreibstoffen, die Züchtung von trockenheits-, hitze- und pilztoleranten Nutzpflanzen oder die genetische Stärkung von bedrohten Tierpopulationen.

Mit dem zunehmenden Einsatz der Gentechnik steigt jedoch auch die Wahrscheinlichkeit einer unkontrollierten Verbreitung von genveränderten Organismen und von dort eingebrachten genetischen Veränderungen in die Umwelt. Bis heute ist kaum bekannt, wie die neuartigen Organismen mit der Umwelt interagieren und wie sie diese allenfalls beeinträchtigen. Um die Risiken angemessen beurteilen und die Sicherheit von Mensch und Umwelt gewährleisten zu können, braucht es noch viel Grundlagenforschung. Darüber hinaus stellen sich gesellschaftliche und ethische Fragen.

Die Aufgabe des BAFU ist es, einen kritischen Blick auf den Schnittpunkt Gentechnik/Umwelt zu haben, wissenschaftliche Grundlagen für faktenbasierte Entscheidungen bereitzustellen, den gesellschaftlichen Dialog zu fördern und für eine sichere Anwendung der sich dynamisch entwickelnden Biotechnologie zu sorgen. Mit der vorliegenden Ausgabe unseres Magazins möchten wir die Auseinandersetzung mit dem Thema befruchten. Ich bin überzeugt, dass sie Ihnen interessante Einblicke eröffnet.  

Kontakt
Letzte Änderung 29.05.2019

Zum Seitenanfang

https://www.bafu.admin.ch/content/bafu/de/home/themen/biotechnologie/dossiers/magazin2019-2-dossier/eilt-uns-die-gentechnologie-davon.html