Direktionskomitee Agenda 2030: «Am gleichen Strick ziehen»

Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung lässt sich nur dann erfolgreich umsetzen, wenn die verschiedenen Akteure dieselben Ziele verfolgen. Dieser herausfordernden Aufgabe widmet sich Daniel Dubas als Delegierter des Bundesrates. Er engagiert sich dafür, dass die auf dem internationalen Parkett gefassten Vorgaben sowohl auf nationaler wie auch auf kantonaler und lokaler Ebene Resonanz finden.

Text: Christian Schmidt

© Plattform Agenda 2030

Ittigen bei Bern, Worblentalstrasse 66. Ein kleines Büro, darin wenig mehr als ein Pult, ein Besprechungstisch und eine Zeichnung von Scapa. Die Karikatur zeigt Menschen inmitten von Hochhäusern, die eine einzelne Blume bestaunen. Vor diesem Bild, seinem persönlichen Mahnmal, sitzt Daniel Dubas. Am Revers glänzt ein kleines Rad mit farbigen Speichen, es symbolisiert die 17 Sustainable Development Goals (SDGs), also die Ziele für nachhaltige Entwicklung der UNO. Der Leiter der Sektion Nachhaltige Entwicklung im Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) ist seit letztem Frühjahr zusätzlich einer der beiden vom Bundesrat ernannten Delegierten in Sachen Agenda 2030 und SDGs. In dieser Funktion hat er alternierend mit Jacques Ducrest aus dem EDA dafür zu sorgen, dass die Vorgaben der UNO in der Schweiz umgesetzt werden. In nur 10 Jahren. Eine Herkulesaufgabe, oder nicht? «Auf jeden Fall, aber auch eine spannende Herausforderung», lautet seine Antwort.

«Ein sinnvolles Gremium»

Was macht er also, um ans Ziel zu gelangen? «Als Botschafter und Koordinator der Agenda 2030 ist es mein Job, zu reden und zu verhandeln», erklärt Daniel Dubas. Er nimmt beispielsweise in New York am Forum der UNO für nachhaltige Entwicklung teil oder reist nach Kopenhagen als Mitglied des europäischen Nachhaltigkeitsnetzwerks.

Was er hier erfährt, bringt Dubas nach Hause und speist es in die Erarbeitung der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 ein, die der Bundesrat im Sommer 2020 verabschieden wird. Zudem trägt er seine Erkenntnisse in das vom Bundesrat neu gegründete «Direktionskomitee Agenda 2030». In diesem Gremium tagen unter seiner Leitung die Mitglieder der Direktionen der zwölf Bundesstellen, die von den Themen der Agenda 2030 am meisten betroffen sind und die Arbeiten zur Umsetzung der Agenda 2030 auf strategischer Ebene steuern und koordinieren. Von hier aus fliessen die Resultate anschliessend in die diversen Planungen und Berichterstattungen des Bundes sowie in die Alltagsgeschäfte der Ämter ein und werden so zu einem fixen Bestandteil staatlichen Handelns. «Ein sinnvolles Gremium», sagt Dubas. Und: «Die SDGs sind nun endlich Chefsache.»

Alle Ebenen vernetzen

Gleichzeitig engagiert sich Daniel Dubas dafür, dass die SDGs sowohl in den Kantonen wie auch in den einzelnen Gemeinden verankert werden: «Die Kantone sind zwar nicht daran gebunden, die Ziele des Bundes umzusetzen, aber einige übernehmen unsere Strategie doch als Leitfaden für ihre eigene Nachhaltigkeitspolitik.» Er ist deshalb im Austausch mit der Konferenz der Kantonsregierungen sowie den kantonalen Direktorenkonferenzen und auf lokaler Ebene mit dem Städte- und dem Gemeindeverband.

Ein wichtiges Instrument, um die Agenda 2030 auf kantonaler Ebene umzusetzen, ist für Dubas das Netzwerk der kantonalen Nachhaltigkeitsfachstellen. Das ARE war an seinem Aufbau beteiligt. «In diesem Netzwerk können sich die Kantone austauschen, aber auch den Bund wissen lassen, was sie brauchen, um eine gute Nachhaltigkeitspolitik zu machen.» Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen und dem Bund bezüglich Nachhaltigkeit so zu institutionalisieren, dass die interkantonale Zusammenarbeit schweizweit gestärkt und der Erfahrungsaustausch intensiviert wird. «Einige der beteiligten Kantone machen sehr engagiert vorwärts», sagt Dubas (siehe Box).

Den Dialog intensivieren

Ein Blick in seine Agenda zeigt, dass er eigentlich dauernd unterwegs und oftmals in Eile ist. Wie also bewegt sich der Delegierte des Bundesrates von Sitzung zu Sitzung? Er lächelt; natürlich ist ihm klar, auf was die Frage abzielt. «Ich habe noch nie ein Auto besessen. Für Sitzungen innerhalb der Stadt nehme ich das Velo, bei grösseren Distanzen den Zug, zuweilen auch den Nachtzug. Nach New York fliege ich.»

Aber Dubas bringt die Agenda 2030 nicht nur auf staatlicher Ebene ein. Er trifft sich auch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft wie von Economiesuisse, Alliance Sud, Umweltverbänden und den Akademien der Wissenschaften. So wird er sich – Dubas schaut in die Agenda – an diesem Tag unter anderem mit Collaboratio Helvetica zusammensetzen, «einer jungen Organisation, die das Thema der Agenda 2030 mit speziellen Ideen unter die Menschen bringen will». Kurz: Dubas spricht mit allen, er vernetzt und schmiedet neue Partnerschaften, damit alle das Gleiche wollen. Das heisst: unserem Planeten zum Überleben verhelfen.

Synergien nutzen

Hat der Delegierte für die Agenda 2030 Erfolg, erreicht er etwas, was Fachleute als Politikkohärenz bezeichnen. Das bedeutet, dass die verschiedenen Politikbereiche sich bezüglich nachhaltiger Entwicklung nicht konkurrenzieren, sondern sich ergänzen und aufeinander abgestimmt sind. Dubas nennt ein Beispiel: «Emissionsarme Fahrzeuge reduzieren nicht nur den Ausstoss klimaschädlicher Gase, sondern verbessern auch die Luftqualität und tragen so zur Gesundheit der Bevölkerung bei. Hier greifen Umweltpolitik und Gesundheitspolitik ineinander.» Politikkohärenz wird damit zum Schlüsselbegriff bei der Umsetzung der SDGs. Lässt sie sich erreichen, stehen die diversen Politikbereiche nicht mehr im Widerspruch zueinander, sondern bilden Synergien und ermöglichen damit eine nachhaltige Zukunft.

Unterwegs, aber noch nicht am Ziel

Wie weit sind wir da? «Wir haben einiges erreicht, aber wir sind noch lange nicht am Ziel», sagt Dubas. Noch immer liege der nationale Ressourcenverbrauch – hochgerechnet auf die Weltbevölkerung – bei drei Planeten, «also deutlich über der Grenze der ökologischen Belastbarkeit». Und dass drei Viertel der Umweltbelastungen, die wir durch unseren Konsum von Waren und Dienstleistungen verursachen, im Ausland entstehen, ist für Dubas «problematisch».

Bis ins Jahr 2030 sind es nur noch 10 Jahre; dann sollen die Ziele erreicht sein. Schaffen wir es, den Planeten in dieser kurzen Zeit wieder auf Kurs zu bringen? «Wir arbeiten daran!», sagt Dubas überzeugt. Und verlässt sein Büro in Richtung der nächsten Sitzung: Kick-off einer neu gegründeten Kommunikationsgruppe mit der Aufgabe, «die Agenda 2030 landesweit als zentrales Thema zu positionieren».

Zum Beispiel Aargau und Wallis

Immer mehr Kantone engagieren sich für die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. So auch der Aargau und das Wallis. Im Kanton Aargau wurde die Umsetzung der Agenda 2030 als Leistungsauftrag an das Naturmuseum Naturama vergeben; im Kanton Wallis übernahm die vom Kanton initiierte Stiftung für die nachhaltige Entwicklung der Bergregionen die Aufgabe. Nachfolgend einige Beispiele konkreter Massnahmen.

Aargauer Aktivitäten

  • Die bestehenden Instrumente zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung werden auf die Agenda 2030 ausgerichtet.
  • Mit einem Pilotprojekt wurde die Integration der Agenda 2030 ins Verwaltungsmanagement von zwei kantonalen Abteilungen geprüft.
  • Die Verwaltungsmitarbeitenden werden mit verschiedenen Instrumenten für die Agenda 2030 sensibilisiert, etwa mit der Reihe «Nachhaltigkeit zum Zmittag» oder mittels Glasuntersetzern, auf denen die SDGs vermerkt sind.
  • Die Agenda 2030 wird zum Bestandteil der regelmässigen Nachhaltigkeits-Berichterstattung des Kantons.

Walliser Aktivitäten

  • Die kantonalen Dienste werden im Hinblick auf die Umsetzung der Agenda 2030 aktiv unterstützt.
  • Ideen, welche die einzelnen Abteilungen des Kantons zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten entwickelt haben, werden koordiniert.
  • Alle neuen Mitarbeitenden der Kantonsverwaltung erhalten eine Einführung in das Thema Agenda 2030.
  • Schaffung einer Stelle zum Thema «Nachhaltige Mobilität» (zum Beispiel Förderung der Elektromobilität)
  • Unterstützung des Kantons bei der Integration der Nachhaltigkeitsbewertung in seine Entscheidungsprozesse

Weiterführende Informationen

Kontakt
Letzte Änderung 04.03.2020

Zum Seitenanfang

https://www.bafu.admin.ch/content/bafu/de/home/themen/internationales/dossiers/magazin2020-1-dossier/direktionskomitee-agenda-2030.html