Erdbeben in der Schweiz: Gefährdung und Risiko

Die Erdbebengefährdung der Schweiz liegt im europäischen Vergleich auf mittlerem Niveau. Starke Erdbeben bis zu einer Magnitude 7 sind möglich, aber deutlich seltener als in hoch gefährdeten Gebieten wie Italien oder der Türkei. Erdbeben können überall in der Schweiz auftreten und es gibt kein Gebiet, wo die Erdbebengefährdung übersehen werden darf. Aufgrund der dichten Besiedlung und der hohen Sachwerte konzentriert sich das Risiko insbesondere auf die grossen Ballungszentren.

Erdbeben in der Schweiz entstehen durch grossräumige Kontinentalbewegungen von Afrika und Europa. Bei der Kollision der afrikanischen mit der eurasischen Platte bauen sich Spannungen in der Erdkruste auf, die sich in Form von Erdbeben abbauen. Das Auftreten von Erdbeben lässt sich nicht vorhersagen, hingegen können Gebiete unterschiedlichen Gefährdungen zugeordnet werden.

Viele kleine, wenige grosse Beben

In der Schweiz bebt die Erde durchschnittlich etwa 500-800 Mal pro Jahr, allerdings sind nur 10 bis 15 dieser Beben mit Magnituden ab ca. 2.5 für Menschen spürbar. Ab einer Magnitude von ca. 5 ist lokal mit kleinen bis mittleren Gebäudeschäden, unter Umständen auch mit grösseren Sachschäden, zu rechnen. Über eine Zeitspanne von 50 Jahren betrachtet liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein lokales Schadenbeben der Magnitude 5,5 in der Schweiz auftritt, bei 80%, die Wahrscheinlichkeit für ein regionales Schadenbeben der Magnitude 6 bei ca. 40% und für ein zerstörerisches überregionales Erdbeben der Magnitude 7 bei ca. 5%. Seit dem 13. Jahrhundert haben sich zwölf dokumentierte Erdbeben mit grossen Schäden in der Schweiz ereignet. Historische Beispiele sind die Erdbebenserie im Kanton Obwalden 1964 (Magnitude 5,3), das Erdbeben von Siders 1946 (Magnitude 5,8) und das Erdbeben von Basel 1356 (Magnitude 6,6). Eine erhöhte Gefährdung besteht im Wallis, in der Region Basel, im St. Galler Rheintal, im Berner Oberland, im Engadin sowie in Teilen der Innerschweiz. Erdbeben können jedoch überall in der Schweiz auftreten.

Verletzbare Bauten und erhöhtes Risiko in Ballungszentren

Heute weist die Mehrzahl der bestehenden Bauten und Anlagen in der Schweiz eine unbekannte und zum Teil zu geringe Erdbebensicherheit auf. Die relativ hohe Verletzbarkeit der bestehenden Bauten führt dazu, dass im Ereignisfall erhebliche Schäden zu erwarten sind. Aufgrund der hohen Bebauungsdichte konzentriert sich das Erdbebenrisiko vor allem auf die Ballungszentren. Besonders hoch ist das Risiko, wenn diese auf schlechtem geologischem Baugrund liegen, wo die Bodenerschütterungen am meisten verstärkt werden.

Auslandserfahrung als Szenario für die Schweiz

Ein repräsentatives Beispiel für ein regionales Schadenszenario ist das Erdbeben in L'Aquila, Italien, mit Magnitude 6,3 vom 6. April 2009. Die Stadt L'Aquila sowie ca. 40 kleinere Ortschaften wurden stark getroffen. Direkt vom Schadensausmass betroffen waren 150‘000 Menschen. Mehr als 300 Personen starben infolge des Bebens und mehr als 1‘000 verletzt, 67‘000 Personen wurden kurzfristig und 30‘000 langfristig obdachlos. 17‘000 Gebäude wurden beschädigt. Auch die Schweiz muss sich auf solche Schadenbeben einstellen und davor schützen.

Das Erdbebenrisikomodell für die Schweiz

Seit März 2023 verfügt die Schweiz über das erste nationale und öffentlich zugängliche Erdbebenrisikomodell. Dieses hat der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich im Auftrag des Bundesrates und in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU), dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS), der EPFL und weiteren Partnern aus der Industrie erstellt. Das Erdbebenrisikomodell für die Schweiz und die darauf basierenden Produkte dienen der Erdbebenvorsorge, Ereignisbewältigung, Sensibilisierung und als Grundlage für spezifische Risikoanalysen.

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Letzte Änderung 08.09.2023

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