Schweizer KMU stehen vor vielfältigen Herausforderungen: Wichtige Ressourcen sind beschränkt verfügbar. Viele Unternehmen haben sich ehrgeizige Klimaziele gesetzt. Zudem weisen die Zeiger im In- und Ausland in Richtung Ressourcenschonung und Abfallreduktion. Kreislaufwirtschaft kann dabei helfen, diesen Herausforderungen zu begegnen und als Chance zu nutzen. Dank zirkulärer Geschäftsmodelle können Schweizer KMU nämlich sowohl ökologisch schonend als auch ökonomisch effizient produzieren. Eine neue Studie hat 11 Faktoren identifiziert, die Schweizer KMU dabei helfen können, erfolgreich durch Kreislaufwirtschaft zu sein.
Bei der Transformation zur Kreislaufwirtschaft spielen KMU eine entscheidende Rolle, denn sie machen über 99 % der Unternehmen in der Schweiz aus. Um die Erfahrung von KMU, die auf dem Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft erfolgreich sind, verfügbar zu machen, haben das BAFU und das SECO beim Think- and Do-Tank sanu durabilitas eine Studie in Auftrag gegeben. Das Ziel: herausfinden, welche Faktoren ausschlaggebend dafür sind, dass ein Schweizer KMU erfolgreich durch Kreislaufwirtschaft sein kann. Untersucht wurden bereits erfolgreiche Kreislaufwirtschaft-KMU aus der Schweiz, sowie der aktuelle Stand internationaler Forschung. Zudem haben fünf Expertinnen und Experten ihr Wissen eingebracht.
Es ist die erste Studie, die spezifisch Schweizer Kreislaufwirtschafts-KMU untersucht hat. Ausserdem stehen erstmalig die besonders ressourcenschonenden Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft im Zentrum: Teilen, Wiederverwenden und Wiederaufbereiten.
Diffusion von Kreislaufwirtschafts-Lösungen Lernen von Pionier-KMUs in der Schweiz (PDF, 4 MB, 15.03.2024)Im Auftrag des BAFU & SECO
Kreislaufwirtschaft für KMUs: 11 Erfolgsgeheimnisse
N°1: zusätzlichen Nutzen kommunizieren – den Mehrwert des zirkulären Produktes oder der Dienstleistung gegenüber der linearen Produktion aufzeigen, um sich von Wettbewerbern abzuheben und Kund/innen sowie Partner zu gewinnen.
N°2: Öko-Nische verlassen – ein gewohntes Konsumerlebnis gestalten, damit die Kundschaft wenig Anpassungsaufwand hat und somit Kundenkreise über die umweltbewusste Nische hinaus gewonnen werden können.
N°3: bequemes Angebot präsentieren – zeigen, dass Ressourcenschonen nicht anstrengend ist, denn Produkte und Dienstleistungen können so gestaltet sein, dass sie einfach zu nutzen sind.
N°4: sanft Gewohnheiten ändern – Anreize und Angebote schaffen, die neue, nachhaltigere Konsumgewohnheiten fördern, um den Kund/innen den Umstieg zu erleichtern.
N°5: physisch präsent sein – eine zentrale Verkaufsstelle bieten, um Vertrauen zu stärken und die Sichtbarkeit von Kreislaufwirtschaft-Geschäftsmodellen zu erhöhen.
N°6: mutig Neues lernen – Unternehmenskultur fördern, die Innovation und das Erlernen neuer Fähigkeiten unterstützt
N°7: finanziellen Spielraum schaffen – Strategien zur finanziellen Absicherung entwickeln, um das ökonomische Risiko zu reduzieren und Innovationen vorantreiben zu können.
N°8: klare Vision verfolgen – eine klare Richtung definieren, die als Grundlage für Entscheide und Strategien dient.
N°9: B2B-Markt nicht vergessen – Potenziale im Business-to-Business-Segment erkennen, um von Skaleneffekten und Transparenz zu profitieren.
N°10: branchenweit und -übergreifend zusammenarbeiten – Kooperationen in der ganzen Branche, über sie hinaus und entlang der ganzen Wertschöpfungskette initiieren und pflegen, um Synergien zu schaffen und gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen.
N°11: Rahmenbedingungen aktiv mitgestalten – sich politisch und gesellschaftlich engagieren, um Gesetze, Normen, Prozesse und Wissen in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft zu verbessern.
Die identifizierten Erfolgsfaktoren verstehen sich nicht als Rezept, denn je nach Branche und Unternehmen müssen Spezifitäten berücksichtig werden. Sie sollen vielmehr als Inspiration für Schweizer KMU dienen, welche sich in Richtung Kreislaufwirtschaft entwickeln oder von Anfang an auf ein zirkuläres Geschäftsmodell setzen wollen.
Weil es aber auch Aspekte gibt, die über den Handlungsspielraum der KMU hinaus gehen, hat sanu durabilitas auch Empfehlungen für verschiedene relevante Akteure wie Verbände und die öffentliche Hand formuliert. Darin geht es darum, wie diese einen Wandel in Richtung Kreislaufwirtschaft unterstützen können.
Verschiedene Studien zeigen, dass das Potenzial der Kreislaufwirtschaft in der Schweiz trotz der klaren ökonomischen, ökologischen und sozialen Vorteile nicht ausgeschöpft wird. Grund dafür sind zahlreiche Hürden, die sich KMU in den Weg stellen, wenn sie auf zirkuläre Geschäftsmodelle setzen möchten:
- mangelndes Bewusstsein und Wissen bei Partnern und Kundschaft, was Kreislaufwirtschaft ist
- etablierte Prozesse und Strukturen verändern
- psychologischer und zeitlicher Umstellungsaufwand der Kundschaft
- Schwierigkeit, Wertversprechen im aktuellen Kontext zu formulieren
- fehlende Zeit und Finanzierung für technologische Innovationen und Unternehmensentwicklung
- zu wenig ausgereifte neue Technologien bzw. zu schwierige, technische Umsetzung
- fehlendes Fachwissen für die Umsetzung und qualifiziertes Personal
- ökonomisches Risiko aufgrund der hohen Investitionskosten und unsichere Zahlungsbereitschaft der Kundschaft
- unvorteilhafte Gesetze und Normen sowie fehlende staatliche Förderinstrumente
Die identifizierten Erfolgsfaktoren sowie die Handlungsempfehlungen für Verbände, die öffentliche Hand und weitere Akteure helfen dabei, genau diese Hürden zu überwinden. In der EU gehen einige der Mitgliedstaaten stark voran, diese Hürden abzubauen. Um die Wettbewerbschancen für Schweizer Kreislaufwirtschaft-KMU nicht zu verschlechtern, gilt es, auch die Rahmenbedingungen in der Schweiz zu verbessern.
Die für die Studie ausgewählten Schweizer KMU stammen aus Sektoren, die sowohl umweltrelevant sind wie auch vor einer Diffusionsherausforderung stehen (vgl. Studie von Stucki und Wörter 2022: Statusbericht der Schweizer Kreislaufwirtschaft): Bau/Wohnen, Nahrungsmittel, Mobilität, Textilien und Elektronik. Alle KMU setzen auf die besonders ressourcenschonenden, zirkulären Geschäftsmodelle Teilen, Wiederaufbereiten und Wiederverwenden:
- Revendo
- Freitag
- BURRI public element
- Rework
- reCIRCLE
- sumami
- RUSS
- Loopia
- 2nd Peak
- Rent a Bike
- Loopi
- Codha
- Sharely
- OiOiOi
- Elite Beds
Aufbauend auf der Analyse wissenschaftlicher Literatur wurden die Erkenntnisse zu Hürden und Erfolgsfaktoren beim Umsetzen von zirkulären Geschäftsmodellen im Austausch mit den KMU weiterentwickelt. Die Resultate bestätigen, dass die befragten Schweizer Kreislaufwirtschaft-KMU ähnlichen Hürden begegnen, wie bereits in der internationalen Forschung identifiziert. Auch die daraus entwickelten Erfolgsfaktoren weichen nicht grundsätzlich von den wissenschaftlichen Empfehlungen ab. Dank der Befragung konnten allerdings spezifische Aspekte herausgearbeitet werden, welche für die Praxis Schweizer KMU lehrreich sein können.
Nebst der Literaturanalyse stützt sich die Studie auf die Methode der Fokusgruppe für die Datenerhebung sowie die qualitative Datenanalyse. Die Unternehmen wurden zu einer der Fokusgruppen eingeladen, welche nach Geschäftsmodelle organisiert waren. Zur Validierung und Kontextualisierung der Resultate, wurden fünf externe KLW-Expert/innen befragt:
- Dr. Harald Desing (Empa)
- Stéphanie Estoppey (Studiocolony productdesign)
- Dr. Rahel Meili (Berner Fachhochschule)
- Dr. Fabian Takacs (Universität St. Gallen)
- Dr. Maja Wiprächtiger (realcycle Gmbh)
Schlüsselrolle der Schweizer KMU
Es sind die Schweizer KMU, die die Grundpfeiler der Schweizer Volkswirtschaft bilden. Auch wenn es momentan vor allem grosse, internationale Unternehmen sind, die die Entwicklung in Sachen Kreislaufwirtschaft vorantreiben, spielen KMU in der Schweiz eine Schlüsselrolle bei der Transformation in Richtung Kreislaufwirtschaft. Dabei geht es nicht nur darum, Start-Ups zu etablieren, sondern auch, existierende KMU erfolgreich in Kreislaufwirtschaftsunternehmen zu wandeln.
Kreislaufwirtschaft für KMU: 11 Erfolgsgeheimnisse
Welche KMU in der Schweiz setzen erfolgreich Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft um? Was hat dabei geholfen, Hürden zu überwinden und zu skalieren? Was können andere KMU von ihnen lernen? Darum geht es in einer neuen Studie zur Diffusion von Kreislaufwirtschaft.
Der Think and Do Tank sanu durabilitas hat im Auftrag des BAFU und SECO wissenschaftliche Literatur ausgewertet, erfolgreiche Schweizer Kreislaufwirtschaft-KMU interviewt und Expert/innen befragt. Das Ergebnis: «Kreislaufwirtschaft für KMU: 11 Erfolgsgeheimnisse». In der Zusammenfassung der Studie erfahren KMU, welche Strategien dabei helfen, ein Unternehmen erfolgreich in Richtung Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln, und wie sie bestehende Hürden überwinden können.
Wie können relevante Akteure wie die öffentliche Hand, Verbände und Organisationen die Diffusion von KLW-Geschäftsmodellen unterstützen?
Auch wenn Schweizer KMU zentral sind für die Weiterentwicklung zirkulärer Geschäftsmodelle, sie stehen vor zahlreichen Herausforderungen und sind auf geeignete Rahmenbedingungen, ein KLW-freundliches Ökosystem sowie Unterstützungsleistungen angewiesen. Deswegen wurden in der Studie von sanu durabilitas auch Empfehlungen zur Förderung kreislaufwirtschaftsbasierter Geschäftsmodelle erarbeitet. Sie reichen von ökonomischen Anreizen über Informationsinstrumenten bis hin zu regulativen Elementen.
Letzte Änderung 13.05.2024