Wald- und Holzpolitik: Den Rohstoff Holz optimal nutzen

Mit Innovation und klugen Konzepten gelingt es der hiesigen Holzwirtschaft, den einheimischen Rohstoff auch in der Schweiz zu verarbeiten. Höhere Wertschöpfung bringt vor allem die Weiterverarbeitung zu Produkten für den Holzbau. Bei der nachhaltigen Holznutzung über mehrere Stufen besteht Handlungsbedarf.

Text: Lukas Denzler

Infografik «Holz im Kreislauf»
Holz könnte dank bereits bestehenden Möglichkeiten mehr als ein Leben haben: Unbelastetes Altholz aus Gebäuden oder von Paletten eignet sich beispielsweise für die Herstellung von Span- und Faserplatten; und erst in einem letzten Schritt wird aus Holz Energie gewonnen. Mehrere Nutzungsstufen oder Kaskaden steigern die Wertschöpfung, reduzieren den Ressourcenverbrauch und binden das Klimagas CO2 während längerer Zeit.
© BAFU

Für Schweizer Verhältnisse ist das Areal der Schilliger Holz AG bei Küssnacht am Rigi (SZ) mit Sägerei, Holzverarbeitungsanlagen und Rundholzlager imposant. Der Betrieb beschäftigt 320 Mitarbeitende und wird heute in der fünften Generation geführt. An die Stelle der noch vor 150 Jahren mit Wasserkraft betriebenen kleinen Säge sind Sortieranlagen, Hochleistungssägen, Trocknungskammern und Leimwerke getreten. Das Holz, das pro Jahr an den beiden Standorten in Haltikon (SZ) und Perlen (LU) verarbeitet wird, füllt einen Würfel mit 60 Metern Kantenlänge aus: vor allem Fichte und Weisstanne (95 Prozent), Föhre, Lärche und Douglasie (4,5 Prozent) sowie etwas Eiche und Buche (0,5 Prozent). Firmeneigene Lastwagen transportieren das Rundholz von der Waldstrasse ins Werk; aus der Westschweiz gelangen die Stämme auch per Bahn ins Sägewerk Perlen.

Veredelung der Produkte

Das Geschäft im Sägereibereich sei ein Massengeschäft, sagt Geschäftsführer Ernest Schilliger. Der globale Markt bestimmt Takt und Preise. Um zu überleben, setzen Schweizer Betriebe in der Regel auf Nischen oder eine nachgeschaltete Verarbeitung. Die Firma Schilliger entschied sich für eine Weiterveredelung der Holzprodukte, für eine sogenannte vertikale Diversifikation. Bretter oder Balken werden nicht nur gesägt, sondern auch verleimt und zu verschiedensten Produkten für den Holzbau zusammengefügt (siehe auch «die umwelt» 2/17). «In der Weiterverarbeitung steckt Innovation», erläutert Schilliger. Deshalb beschäftigt die Firma auch Holzbauingenieure und Techniker. Die Wertschöpfung erfolgt in Kombination mit Engineering, Dienstleistungen und Logistik. «Nur so ist eine Produktion in der Schweiz noch möglich», sagt Schilliger. Weil hierzulande ein relativ liberales Normenverständnis im Holzbau verbreitet sei, könnten neue Ideen zusammen mit Holzbauingenieuren rasch umgesetzt werden. Dies sei ein Standortvorteil und wirke als Innovationsmultiplikator.

Ein wichtiges Ziel der Firma ist es, den Rohstoff Holz möglichst optimal auszunutzen. Die anfallende Rinde wird heute entweder im Gartenbau verwendet oder aber energetisch genutzt. Die Schilliger AG erzeugt so die für die Trocknungskammern und Leimwerke nötige Wärme gleich selbst. Der Hauptteil des Restholzes wird als Hackschnitzel in die nahe gelegene Papierfabrik geliefert. Aus den Hobelspänen und dem Sägemehl entstehen Pellets; mit einem Teil des Sägemehls fabriziert die auf Herstellung und Veredelung von Holzwerkstoffen spezialisierte SWISS KRONO AG Spanplatten. Bei der Restholzverwertung gebe es bedauerlicherweise nur wenige Möglichkeiten, ein gesunder Markt fehle, betont Holzunternehmer Schilliger. Mehrere Absatzmöglichkeiten seien in den letzten Jahren weggebrochen. Eine wirkliche Kaskadennutzung, also eine Nutzung des Rohstoffs Holz über mehrere Stufen, lasse sich momentan deshalb leider nur beschränkt umsetzen. Unbefriedigend sei die Situation vor allem beim Laubholz, findet Schilliger. «Gäbe es neue Anwendungen im Holzbau, so könnten wir sofort auch grosse Mengen Laubholz einschneiden.»

Geld bleibt im

Das BAFU gab verschiedene Studien in Auftrag, um die Wertschöpfung im Bereich Holz zu ermitteln. So erzielten etwa die in der Holzverwertung tätigen Unternehmen in der Schweiz im Jahr 2010 eine direkte Wertschöpfung von gut 6 Milliarden Franken, was etwa 1,1 Prozent des Bruttosozialproduktes der Schweiz entspricht. Einen regelrechten Boom erlebte in den letzten Jahren der Holzbau. «Doch gerade in diesem Bereich wäre bezüglich der Verwendung von Schweizer Holz deutlich mehr möglich», sagt Alfred Kammerhofer von der Abteilung Wald und Holz des BAFU. So hat etwa eine Branchenanalyse 2014 deutlich aufgezeigt, dass die Schweiz viel Rundholz exportiert und im Gegenzug verarbeitete Holzprodukte importiert. «Damit fällt ein grosser Teil der Wertschöpfung im Ausland an», konstatiert Kammerhofer. Das wichtigste Ziel der Ressourcenpolitik Holz des Bundes, die gemeinsam vom BAFU, vom Bundesamt für Energie (BFE) und vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) getragen wird, ist die Ausschöpfung des nachhaltig nutzbaren Holnutzungszpotenzials. Demnach wären die aktuellen Holznutzungsmengen deutlich zu erhöhen. Auch das Kaskadenprinzip bei der Holzverwendung ist als Ziel verankert. Dabei ist, wenn immer möglich, zuerst eine stoffliche Verwendung anzustreben. Eine energetische Verwertung erfolgt demgegenüber erst am Ende des Nutzungszyklus eines Holzproduktes.

Politik breiter abstützen

Für Thomas Lädrach, Präsident vom Verband Holzindustrie Schweiz, sind bezüglich Holzverwendung in der Waldpolitik 2020 sowie der Ressourcenpolitik Holz eigentlich klare Ziele formuliert. Diese seien in der Bundesverwaltung aber noch zu wenig breit abgestützt. Laut Lädrach müssten zudem weitere Akteure aus den Kantonen stärker eingebunden werden. Ideal wäre dies im Zuge einer nationalen Bioökonomiestrategie. In der Debatte über die Waldfunktionen müsse der Holznutzung im Rahmen einer echten Ressourcenpolitik wieder deutlich mehr Bedeutung geschenkt werden, ist Lädrach überzeugt. Eingebettet in die Klima- und Energiepolitik sei dies mehr als gerechtfertigt.
 

Holz als Forschungsobjekt

Holz ist ein nachwachsender, umweltfreundlicher Rohstoff. Aber wie gut ist er wirklich? Worauf ist zu achten, wenn Holz mit maximalem ökologischem Nutzen verwertet werden soll? Mit diesen Fragen beschäftigte sich ein Forschungsteam im Rahmen der Professur für ökologisches Systemdesign an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich unter Leitung von Stefanie Hellweg.Die im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Ressource Holz» (NFP 66) erarbeiteten Ergebnisse zeigen, dass die Schweiz durch die Verwendung von Holz ihren CO2-Ausstoss jährlich um rund 2,2 Millionen Tonnen reduziert. Dabei sind Effekte sowohl im Inland als auch im Ausland berücksichtigt. Zu zwei Dritteln erfolgt die Reduktion des CO2-Ausstosses durch die Umstellung von Öl und Gas auf Holz bei den Heizungen. Der Rest ist auf den Einsatz von Holz im Bau und bei der Möbelherstellung zurückzuführen, wo es Beton, Stahl, Aluminium und Plastik ersetzt.Die mit dem Import von Holz verbundenen schädlichen Umweltwirkungen können beträchtlich sein, wenn das Holz aus nicht nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt. Darüber hinaus wirken sich insbesondere die Feinstaubemissionen bei nicht sachgerechter Verbrennung negativ aus. Diese lassen sich aber sehr gut mit technischen Massnahmen reduzieren. Am wirkungsvollsten ist es, wenn Holz energieintensive Materialien wie Stahl und Beton ersetzt und das im Holz gespeicherte CO2 lange gebunden bleibt. Die Effekte der Kaskadennutzung sind differenziert zu betrachten. Wenn dadurch andere Materialien und Energie ersetzt werden, erzielt sie grosse Vorteile. Hingegen sind die Auswirkungen gering, wenn der Wald weniger gepflegt und dadurch weniger Holz im Wald genutzt wird.

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Letzte Änderung 16.05.2018

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