Mai 2011: Anhaltende Trockenheit - Wasserstände bleiben trotz Regen-Intermezzo aussergewöhnlich tief

Die Niederschläge des Wochenendes vom 14. und 15. Mai 2011 vermochten kurzfristig die Niedrigwassersituation etwas zu entspannen, jedoch reichten die Mengen nicht aus, um das im Vergleich zum langjährigen Mittel beträchtliche Niederschlagsdefizit seit Jahresbeginn auszugleichen. Besonders im Jura und im Mittelland sind die Abflüsse und Seewasserstände sehr tief. Auch in den nächsten Tagen werden gemäss den Abflussprognosen des BAFU die Wasserstände in diesen Regionen auf tiefem Niveau bleiben.

Die Schweiz als Wasserschloss Europas ist mit einer aussergewöhnlichen Situation konfrontiert. Seit Jahresbeginn hat es deutlich weniger geregnet als für die Jahreszeit üblich. Das spiegelt sich in den hydrologischen Daten des Bundesamtes für Umwelt BAFU. Der Spezialbericht gibt einen Überblick über die Datenlage des BAFU. Er macht hingegen keine Aussagen zu den Konsequenzen der Trockenheit auf die Natur. Antworten darauf sind zu finden unter:

Niederschlagsdefizit seit Frühjahr

Anfangs Jahr führten die meisten Gewässer für die Jahreszeit noch normale Abflussmengen. Aufgrund des fehlenden Niederschlags registrierte das Messnetz des BAFU bereits Mitte Februar bei vielen kleineren und mittleren Flüssen unterdurchschnittliche Wasserstände. Weil der März deutlich zu warm war und auch der April schon frühsommerliche Temperaturen aufwies, schmolz der Schnee bis in hohe Lagen. Die Schneeschmelze vermochte daher in den voralpinen und alpinen Gebieten die Abflussmengen wieder auf ein durchschnittliches Niveau zu bringen. In den Niederungen hingegen sanken die Wasserstände zusehends und erreichten Ende April erste Tiefstwerte für die Saison.

Emme bei Burgdorf im Mai 2011

Aussergewöhnlich tiefe Wasserstände im Jura und Mittelland

Neue Aprilminima erreichten die Wasserstände der Jurarandseen. Rekorde für den Monat April wurden auch bei der Aare unterhalb des Bielersees und beim Rhein unterhalb des Bodensees verzeichnet. Anfangs Mai wurden sowohl bei Seen als auch bei Flüssen im Jura, im Mittelland und in Teilen der Voralpen neue Tiefstwerte für den Monat Mai erreicht.

Zusätzlich zu den Jurarandseen sind nun auch die Wasserstände des Walen- und des Zugersees so tief wie noch nie im Mai seit 1930. Beim Bodensee wurde der historische Tiefststand aufgrund der Niederschläge in der zweiten Maiwoche knapp nicht unterschritten. Neue absolute Tiefstwerte bei Flüssen oder Seen wurden bislang keine verzeichnet, da die Wasserstände im Herbst oder Winter noch tiefer sein können.

Niederschläge lassen Wasserstände kurzzeitig ansteigen

Die ergiebigen Niederschläge vom Wochenende des 14. und 15. Mai führten zu einem Anstieg der Wasserstände und damit zu einer kurzfristigen Entspannung der Niedrigwassersituation. Am meisten Regen erhielt mit bis zu 60 mm innerhalb von 72 Stunden der Alpennordhang. Dagegen wurden gerade in den trockensten Regionen wie im Westen, im Jura und im Wallis nur geringe Niederschlagssummen verzeichnet. Dort wurden Niederschlagssummen bis höchstens 20 mm gemessen. Im Jura befinden sich die Abflüsse von einigen Gewässern daher nach wie vor im Bereich eines 2- bis 5-jährlichen Niedrigwassers (Bsp. Birse und Suze). Weit unterhalb der für die Jahreszeit üblichen Niveaus liegen weiterhin auch die Werte der Aare unterhalb des Bielersees und des Rheins unterhalb des Bodensees.

Aussergewöhnlich tiefe Grundwasserstände und Quellschüttungen

Die Grundwasserstände und Quellschüttungen im Jura und Mittelland befinden sich für die Jahreszeit ebenfalls auf tiefem Niveau. Dasselbe gilt ebenfalls für die Grundwasserstände und Quellschüttungen in den Voralpen, wo infolge der geringen Schneeschmelze für die Jahreszeit aussergewöhnlich tiefe Werte verzeichnet werden. Allerdings können auch diese in anderen Jahreszeiten noch tiefer sein.

Überdurchschnittliche Wassertemperaturen

Bedingt durch das sonnige Wetter der letzten Wochen und die niedrigen Wasserstände sind die Wassertemperaturen nicht nur in den kleineren sondern auch grösseren Fliessgewässern angestiegen. So wurden zum Beispiel am 9. Mai in der Aare bei Bern 17.4 °C und am 13. Mai im Rhein bei Weil 19.3 °C gemessen. An beiden Orten liegen die bisherigen Temperaturhöchstwerte für den Monat Mai deutlich über den langjährigen Mittelwerten für diesen Monat von 11.3 °C bzw. 13.5 °C.

Allerdings sind die Temperaturen über das Wochenende des 14. und 15. Mai in mittleren und kleineren Fliessgewässern wieder zurück gegangen und liegen im Bereich der langjährigen Mai-Mittelwerte. In grösseren und unterhalb von Seen liegenden Flüssen befinden sich die Temperaturen immer noch im Bereich der höchsten bisher in dieser Jahreszeit gemessenen Werte. Die Entwicklung der Temperaturen und auch der Wasserstände ist stark abhängig vom weiteren Witterungsverlauf. Vorhersagen für die Wassertemperaturen im Sommer lassen sich daraus daher nicht ableiten.

Wie ist die Situation verglichen zu 2003?

Abfluss Aare - Brugg 2011: Vergleich mit den Jahren 2003 und 1921
Abfluss Aare - Brugg 2011: Vergleich mit den Jahren 2003 und 1921

Wie dieVergleichsgrafikender drei Stationen beispielhaft zeigen, führten die Gewässer im Jahr 2003 anfangs Mai deutlich mehr Wasser als dieses Jahr.

Der Grund dafür liegt in der Schneeschmelze, die normalerweise im Frühling zum Abfluss beiträgt. Anders als im Jahr 2003 kann im Mai nicht im selben Mass mit der Schneeschmelze aus den höheren Lagen gerechnet werden. Die stark unterdurchschnittlichen Schneehöhen in diesem Jahr haben zur Folge, dass die Wasserstände bei ausbleibenden Niederschlägen auf einem tiefen Niveau bleiben werden.

Abfluss Rhein - Basel 2011: Vergleich mit den Jahren 2003 und 1921
Abfluss Rhein - Basel 2011: Vergleich mit den Jahren 2003 und 1921

Das aktuelleSchneewasseräquivalentzeigt sich laut Angaben des WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF in der ganzen Schweiz stark unterdurchschnittlich. Im Vergleich zum Mai 2003 beträgt das aktuelle Schneewasseräquivalent weniger als ein Drittel.

Das Schneewasseräquivalent steht für die Höhe der Wasserschicht in Millimetern, die durch Schmelzen des Schnees bei unveränderter Grundfläche entstehen würde.

Abfluss Birse - Moutier 2011: Vergleich mit den Jahren 2003 und 1921
Abfluss Birse - Moutier 2011: Vergleich mit den Jahren 2003 und 1921

Der fehlende Beitrag aus der Schneeschmelze in den Alpen wirkt sich auch auf dasGrundwasseraus. Der Niederschlag vom 14. und 15. Mai 2011 liess aber die Grundwasserstände teilweise ansteigen. So liegen die Grundwasserstände an der Messstelle Davos derzeit nahe jenen von 2003 auf mittlerem Niveau.

Im Jura und Mittelland aber liegen die Grundwasserstände und Quellschüttungen verbreitet unter jenen von 2003, dies als Folge des anhaltenden Niederschlagsdefizits seit Jahresbeginn (z.B. Karstquelle in St-Sulpice).

Quellschüttung St. Sulpice 2011: Vergleich mit dem Jahr 2003
Quellschüttung St. Sulpice 2011: Vergleich mit dem Jahr 2003

Es bleibt weiterhin trockenGemäss den Vorhersagen von MeteoSchweiz bleibt das Wetter in den nächsten Tagen trocken mit vereinzelten Schauern und Gewittern. Gemäss den Prognosen des BAFU gehen die Wasserstände an den grösseren Flüssen in der Folge wieder leicht zurück.

Grundwasserstand Davos 2011: Vergleich mit dem Jahr 2003
Grundwasserstand Davos 2011: Vergleich mit dem Jahr 2003

Um die Wasserstände im Jura und Mittelland wieder auf den jahreszeitlichen Normalwert zu bringen und die Grundwasserleiter substanziell aufzufüllen, sind grossflächige, langanhaltende und überdurchschnittliche Regenmengen in den kommenden Wochen und Monaten notwendig.

Aktuelle Daten im Internet

Das BAFU beobachtet und misst die Wasserstände an Schweizer Fliessgewässern und Seen sowie des Grundwassers. Die Daten sowie das hydrologische Bulletin und das Grundwasserbulletin werden laufend aktualisiert und im Internet publiziert.

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Letzte Änderung 18.05.2011

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