Hydrologischer Spezialbericht des Bundesamtes für Umwelt BAFU Der Frühling 2011 bleibt als extrem warm und trocken in Erinnerung. Aus hydrologischer Sicht gehen vor allem die für diese Jahreszeit aussergewöhnlich tiefen Wasserstände der Flüsse, der Seen und des Grundwassers in die Geschichte ein. Besonders ausgeprägt war die Situation im Jura und im Mittelland. Damit verbunden waren hohe Wassertemperaturen, die an mehreren Flüssen die bisherigen saisonalen Höchstwerte überstiegen. Die überdurchschnittlichen Regenmengen im Juli führten schliesslich dazu, dass sich die Situation weitgehend normalisierte.
Niedrigwasser in den Monaten April bis Juni 2011
In den ersten Monaten des Jahres fielen in weiten Teilen der Schweiz aussergewöhnlich wenig Niederschläge. Wegen der zusätzlich geringen Schneefälle Ende 2010 lag im Frühling 2011 nur sehr wenig Schnee, so dass neben dem Regen auch die Schneeschmelze fehlte, um die Gewässer wieder aufzufüllen.

Dies führte zu sehr tiefen Wasserständen in Flüssen und Seen und im Grundwasser. Das Besondere daran war, dass das Niedrigwasser im Frühling auftrat. In der Regel werden im Frühling die Wasserspeicher gefüllt, tiefe Pegel gibt es sonst eher im Spätsommer oder Herbst.Wasserstände mit saisonalen TiefstwertenDie Wasserstände dieses Frühlings entsprechen Werten, die etwa alle 2 bis 5 Jahre vorkommen. Es wurden neue saisonale Tiefstwerte gemessen, aber keine neuen absolute Rekordwerte.

Beispielsweise wurden zwischen dem 25. März und dem 20. Mai 2011 beim Murten- und Neuenburgersee neue Tiefststände seit 1983 verzeichnet. Im Zeitraum vom 13. Mai bis 18. Juni war derWalenseeseit Messbeginn 1910 noch nie so tief wie in diesem Jahr. Während mehreren Tagen im Juni erreichten auch die Wasserstände des Zürichsees, des Bodensees und des Lago Maggiore für die Jahreszeit historische Tiefstwerte.

Während einigen Tagen wurden auch an einzelnen grösseren Flüssen saisonale Rekordwerte verzeichnet. Die Wasserstände der Aare bei Brugg und des Rheins bei Basel waren vor allem im Mai extrem tief. Die Limmat in Zürich verzeichnete von Mitte April bis Mitte Juni an 42 Tagen neue Tiefstwerte (Messperiode seit 1938).

Aussergewöhnlich tiefe GrundwasserständeDie Grundwasserstände waren vor allem im Mai und Juni in den kleinen Flusstälern des Jura, des Mittellandes, des Alpenvorlandes und des Tessins aussergewöhnlich tief. In den Tälern der grossen Alpenflüsse lagen die Grundwasserstände infolge des Niederschlagsdefizites und der geringen Schneeschmelze ebenfalls tief.

Einen sehr starken Rückgang der Schüttung verzeichneten Karstquellen im Jura und Lockergesteinsquellen im Mittelland, die aus oberflächennahen Grundwasservorkommen gespeist werden. Die Quellen in geklüfteten Gesteinen reagierten weniger stark auf die Trockenperiode der ersten Jahreshälfte 2011.
Die Grundwasserstände und Quellschüttungen waren im Mai und Juni 2011 im Vergleich zu 2003 bedeutend tiefer, da sie im Gegensatz zu 2003 nicht von einem hohen Ausgangsniveau im vorausgegangenen Winter profitieren konnten.

Wassertemperaturen mit saisonalen HöchstwertenDie Kombination von hoher Sonneneinstrahlung und niedrigen Wasserständen führte zu aussergewöhnlich hohen Wassertemperaturen vor allem im April und Mai 2011. Die saisonalen Höchstwerte traten im Mittelland in den kleineren und mittleren Gewässern wie Thur, Birs, Saane, Broye und Emme grösstenteils im Verlauf des Aprils auf.

In den grossen Flüssen unterhalb der Seen wurden die Höchstwerte eher gegen Ende April und im Verlauf des Mai gemessen. Die bisherigen saisonalen Maxima wurden teilweise um über 2°C übertroffen. Am 12. Mai war die Wassertemperatur des Rheins bei Rheinfelden mit 18.9°C um 3.1°C höher als der bisherige Höchstwert, der seit 1974 an einem 12. Mai gemessen wurde.
Normalisierung der Situation im Verlauf des Juli 2011
Ende Juni lagen die Seepegel des Zugersees, Walensees, Zürichsees und Bodensees im Vergleich zu den langjährigen Monatsmittelwerten noch immer sehr tief. Gleichzeitig wurde am 30. Juni an einigen Flüssen im Berner Oberland, in der Zentralschweiz sowie in der Region Zürich aufgrund starker Niederschläge ein Hochwasser beobachtet, das statistisch einmal in zwei Jahren vorkommt (2-jährliches Ereignis). An der Sihl wurde ein 5- bis 10-jährliches, an der Lorze und der Engelberger Aa sogar ein 10- bis 20-jährliches Hochwasser gemessen.

Flüsse mit einem kleinen oder mittelgrossen Einzugsgebiet reagieren schneller auf Regen als grössere Flüsse und Seen oder das Grundwasser. Deshalb schliessen sich eine auf der Alpennordseite verbreitete Niedrigwassersituation und gleichzeitig lokale Hochwasser gegenseitig nicht aus.
Erst dieüberdurchschnittlichen Niederschlagsmengen im Julifüllten die meisten grösseren Flüsse, Seen und das Grundwasser auf der Alpennordseite wieder auf. Bei Grundwasservorkommen, die weit von Flüssen entfernt oder oder tiefer unter dem Boden liegen, dauert es jedoch etwas länger, bis sie sich normalisieren.
Erneutes Niedrigwasser im Herbst?
Zurzeit liegen die Wasserstände der grössten Schweizer Seen auf einem für die Jahreszeit durchschnittlichen Niveau. Bei den grösseren Flüssen - insbesondere im Mittelland und im Jura - sowie beim Grundwasser sind die Wasserstände im Verlauf der letzten Wochen, die mehrheitlich trocken und warm waren, wiederum etwas gesunken.
Wie sich die Wasserstände weiterentwickeln werden, ist stark abhängig vom weiteren Witterungsverlauf. Vorhersagen darüber, ob im Herbst allenfalls wiederum Niedrigwasser auftreten könnte, sind deshalb nicht möglich.
Aktuelle Daten im Internet
Das BAFU beobachtet und misst die Wasserstände an Schweizer Fliessgewässern und Seen sowie des Grundwassers. Die Daten sowie das hydrologische Bulletin und das Grundwasserbulletin werden laufend aktualisiert und im Internet publiziert.
Letzte Änderung 23.09.2011







