Der Ökologische Fussabdruck: Weit über den Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten

Zwar hat sich in den letzten 20 Jahren der Umweltfussabdruck der Schweiz verkleinert. Doch insgesamt ist er immer noch viel zu gross. Umso mehr gilt es jetzt, die Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Umweltbelastung weiter zu verringern.

Text: Ori Schipper

Die Resultate sind klar: Kürzlich untersuchte eine vom BAFU in Auftrag gegebene Studie die Entwicklung der Umweltfussabdrücke der Schweizer Bevölkerung. Die Ergebnisse zeigen einerseits, dass etwa der durchschnittliche Treibhausgas-Ausstoss oder die Stickstoffbelastung der Meere in den Jahren 2000 bis 2018 kontinuierlich gesunken sind. Der Biodiversitäts-Fussabdruck ist in diesem Zeitraum allerdings sogar grösser geworden. Trotzdem hat die gesamte Umwelt­belastung pro Person um einen Viertel abgenommen (siehe Box).

Andererseits zeigt die Umweltfussabdruck Studie, dass die Schweiz immer noch zu viele natürliche Ressourcen verbraucht. Bezieht man die gesamte Wertschöpfungskette im In- und Ausland mit ein, ist dieser Verbrauch mit den Belastbarkeitsgrenzen der Erde nicht vereinbar. Diese Grenzen definieren eine Art sicheren Handlungsspielraum für die Menschheit. Ein Beispiel ist die Begrenzung der Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit: Halten wir diese Grenze ein, bleiben die planetarischen Prozesse so stabil wie sie in den letzten 10 000 Jahren waren. Doch wenn wir die Grenzen überschreiten, kann das System Erde kippen – und äusserst ungemütlich werden. «Wir sind in vielen Bereichen deutlich besser geworden, aber immer noch nicht gut genug», sagt Isabel O’Connor vom Beratungsunternehmen EBP, eine der fünf Autorinnen und Autoren der Studie.

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© BAFU

Umweltschonend leben

Fast jeder Aspekt unseres Lebens wirkt sich auf die Umwelt aus. Den grössten Einfluss haben das Wohnen, unsere Ernährung sowie die Mobilität. Diese drei Bereiche sind für ungefähr zwei Drittel der Umwelt­belastung verantwortlich. Und in allen drei Bereichen gibt es Entwicklungen, die das Potenzial haben, diese Belastung weiter zu senken. «Ob wir diese Potenziale realisieren, ist eine Frage des politischen und gesellschaftlichen Willens», sagt BAFU-Experte Andreas Hauser von der Sektion Ökonomie. Und weist darauf hin, dass das Parlament derzeit an einer Gesetzesvorlage zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft arbeitet. Bereits beschlossen hat das Parlament ein Gesetz, das finanzielle Unterstützungen für den Ersatz von Heizungen und die Förderung neuer Technologien auf dem Weg zu einer treibhausgasneutralen Schweiz vorsieht. Gegen dieses Klimagesetz wurde das Referendum ergriffen, es wird zur Abstimmung kommen. Beim Wohnen – auf das rund ein Viertel aller Umweltauswirkungen zurückgeht – könnte man zum Beispiel auf Ölheizungen verzichten und vermehrt mit umweltschonenden Wärmepumpen heizen, sagt Hauser. Zudem nehme der Anteil der Gebäude mit einer guten Wärmedämmung und einem hohen Energiestandard zwar zusehends zu, doch um die Energie- und Klimaziele der Schweiz zu erreichen, müssten viel rascher viel mehr Gebäude saniert werden.

«Aus Umweltsicht ist es besser, die bestehende Bausubstanz zu sanieren, anstatt sie abzureissen und neu aufzurichten», sagt Hauser. Der Kanton Genf geht hier voran: Ein neuer Artikel im Baugesetz erlaubt dem Regierungsrat, Grenzwerte für graue Treibhausgasemissionen festzulegen – also für Emissionen, die in Baumaterialien stecken und ausgestossen werden, wenn Gebäude erstellt oder rückgebaut werden.

Mehrdimensionaler Fussabdruck

Um zu berechnen, wie sich Produktion und Konsum der Schweizer Bevölkerung ökologisch auswirken, verwendete die kürzlich erschienene Studie «Umwelt-Fussabdrücke der Schweiz: Entwicklung zwischen 2000 und 2018» mehrere Methoden. Für die Berechnung der Gesamtumweltbelastung bewerteten die fünf Autorinnen und Autoren, wie viele Schadstoffe in Luft, Wasser und Boden eingetragen wurden und wie stark verschiedene Ressourcen genutzt wurden – wie hoch also etwa der Energie-, Wasser- oder Landverbrauch war. Je mehr einer dieser Werte ein gesetztes Umweltschutzziel überschreitet, desto stärker wird er gewichtet.

Zudem analysierte das Studienteam auch einzelne Umweltaspekte mit jeweils einem speziellen Indikator.

Zum Beispiel:

  • Der Treibhausgas-Fussabdruck gibt an, wie stark die Schweiz zur Klimaerwärmung beiträgt. Er ist von 2000 bis 2018 um rund einen Fünftel kleiner geworden. Allerdings sollte er gemessen an den Zielen der Klimastrategie 2050 und der Strategie nachhaltige Entwicklung bis 2040 um weitere ganze 89 Prozent abnehmen.
  • Der Biodiversitäts-Fussabdruck schätzt ein, wie viele Arten durch die Landnutzung aussterben könnten – im Vergleich mit einem natürlichen, ungestörten Habitat. Dieser Fussabdruck ist zwischen 2000 und 2018 um 8 Prozent pro Person gestiegen. Dieser Anstieg entstand nicht in der Schweiz, sondern ist auf die Umweltauswirkungen unseres Konsums im Ausland zurückzuführen.

Video: Die planetaren Belastbarkeitsgrenzen – und was sie für die Zukunft der Menschheit bedeuten


Klimaverträglich essen

Auch bei der Ernährung, die wie das Wohnen rund 25 Prozent der Umweltauswirkungen ausmacht, lassen sich wichtige Verbesserungen erzielen. Etwa auf Seiten der Landwirtinnen und Landwirte mit einer standortangepassten und klimaverträglichen Nahrungsmittelproduktion, die zudem mit der Ressource Wasser behutsam umgeht.

Doch auch die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten können dazu beitragen, die Umweltbilanz zu verbessern. Zum einen, indem sie helfen, Food Waste zu vermeiden. Noch wird entlang der Wertschöpfungskette vom Acker bis zum Esstisch rund ein Drittel der Lebensmittel weggeworfen. Das sind jährlich etwa 330 Kilogramm pro Person – eine Verschwendung, die es künftig unbedingt zu verhindern gilt.

Zum anderen spielt auch der Konsum von überdurchschnittlich umweltbelastenden Lebensmitteln wie Fleisch- und Milchprodukten, Fisch oder per Flugzeug verfrachteten Früchten eine grosse Rolle, weil deren Herstellung und Transport mehr Ressourcen und Energie benötigen. Die Umweltbelastung sinkt bereits, wenn Fleisch – wie in der Schweizer Lebensmittelpyramide empfohlen – nur ein- bis zwei Mal pro Woche auf den Teller kommt. Zudem ist der Konsum von mehr pflanzenbasierten Produkten nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus gesundheitlicher Sicht positiv, wie der Bundesrat in seinem Bericht «Umwelt Schweiz 2022» festhält.

CO2-arm fahren

Auch in der Mobilität, die gemäss der Umweltfussabdruck Studie etwa für 14 Prozent der Umweltauswirkungen verantwortlich ist, sieht Hauser Optimierungspotenzial. Er weist etwa auf den steigenden Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge hin. Dadurch sinken die Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr. Und mit dem Ausbau von Fuss- und Velowegen könnten Bund, Kantone und Gemeinden dafür sorgen, dass sich künftig noch mehr Menschen umweltfreundlich fortbewegen. Für die Studienautoren Isabel O’Connor und Carsten Nathani ist klar, dass es eine beträchtliche Herausforderung ist, den Umweltfussabdruck auf ein planetenverträgliches Mass zu reduzieren: «Zwar gibt es schon zahlreiche technische Möglichkeiten, um die Umweltbelastung zu verringern, aber sie werden noch nicht ausgeschöpft», sagt Nathani. «Es braucht eine grosse Kraftanstrengung», sagt er. Und O’Connor fügt hinzu: «Alle sind gefordert – der Staat, die Wirtschaft, aber auch jede und jeder Einzelne von uns.»

Fazit

Wir leben in der Schweiz noch immer weit über den Belastbarkeitsgrenzen der Erde. Zum Beispiel ist unser Treibhausgas-Fussabdruck pro Kopf zwar in den letzten 20 Jahren um einen Fünftel gesunken, er müsste aber bis 2040 um nochmals fast 90 Prozent reduziert werden. Nötig ist eine Willensanstrengung, um umweltschonende technische Möglichkeiten besser auszuschöpfen.

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Letzte Änderung 15.03.2023

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