Vielschichtige Umweltkampagnen: #kleineweltwunder

Die 19 Schweizer Pärke von nationaler Bedeutung stehen für eine jeweils typische Mischung von Natur und Kultur und bieten eine riesige Vielfalt an Erlebnissen und Leistungen. Der Bevölkerung ist dies aber noch wenig bewusst. Eine Kampagne ändert dies.

Text: Gregor Klaus

Kleineweltwunder
Schweizer Pärke
© Netzwerk Schweizer Pärke | BAFU

Die Schweizer Pärke sind voller Weltwunder. Das verspricht ein TV-Spot, der erstmals im Sommer 2017 im Schweizer Fernsehen und auf mehreren regionalen Kanälen lief. Zu sehen sind Frauen, Männer und Kinder aus den Pärken, die engagiert ihre Vorlieben bezüglich Natur, Kultur und Wirtschaft zeigen: einen Baum, eine Kuh, eine Rebe, eine Melodie, einen Käse und vieles mehr. Ob der Begriff Weltwunder nicht etwas hoch gegriffen ist? «Wir sprechen im Film von ‹kleinen Weltwundern›», erklärt Christoph Bürge von der Werbeagentur Metzger Rottmann Bürge, die den knapp zweiminütigen Film im Auftrag des BAFU konzipiert und produziert hat. «Als Gegensatz funktioniert das Wortpaar sehr gut: ‹Weltwunder› sind gross, und ‹klein› ist nicht klein, aber Understatement.» Das passe perfekt zur Schweiz

Das Besondere betonen

Der TV-Spot «Kleine Weltwunder» ist Teil der gleichnamigen Kampagne des BAFU, die 2017 startete und darauf abzielt, das Bewusstsein der Bevölkerung für Pärke zu stärken. Man musste nicht bei null anfangen: Zwischen 2012 und 2016 hatte die Vorläuferkampagne des BAFU mit dem Slogan «Schweizer Pärke – näher als man denkt» diese erfolgreich bekannt gemacht. Anschliessend galt es, das Besondere daran zu beleuchten. Das BAFU und das Netzwerk Schweizer Pärke legten mit Stephan Feige von der Beratungsagentur htp St. Gallen die strategischen Ziele einer Folgekampagne fest, die international ausgeschrieben wurde. Am meisten überzeugte der Vorschlag der Werbeagentur Metzger Rottmann Bürge und vor allem der Film. Diesen hat mittlerweile rund jede dritte Person in der Schweiz mindestens einmal gesehen, und er wird einer Umfrage von DemoSCOPE zufolge generell sehr positiv bewertet (siehe Interview).

Emotionen wecken

«Unsere Leitidee war, die 19 Pärke in den Vordergrund zu rücken, statt die Marke ‹Schweizer Pärke› zu bewerben», erläutert Christoph Bürge. «Wir wollen Erlebnisse aus den einzelnen Pärken thematisieren, um die Bevölkerung emotional und dauerhaft an sie zu binden.» Spätestens seit seinen Pärkebesuchen war ihm und seinem Team klar, dass es nicht an Botschaften fehlen würde: «Wenn man genau hinschaut, entdeckt man in den Pärken eine geballte Ladung urtypische Schweiz. Diese Vielfalt mit all ihren kleinen, aber grossartigen Dingen gilt es, in der Kampagne hervorzuheben und selbstbewusst als kleine Weltwunder ins Rampenlicht zu stellen», sagt Bürge. Er geriet ob der Erlebnismöglichkeiten und Erfahrungen aus den Pärken immer wieder ins Staunen.

Dreh- und Angelpunkt der Kampagne ist die Website kleineweltwunder.ch, die alle Aktivitäten bündelt. Die Pärke und ihre Exponenten, die mit grossem Engagement hinter dem neuen Kommunikationsauftritt stehen, schicken der Werbeagentur Beiträge zu erfolgten Anlässen und weisen auf Bevorstehendes hin. Die eingegangenen Texte werden redigiert, in attraktiver Form auf die Website gestellt und über verschiedene Kommunikationskanäle wie Facebook, Instagram und Twitter verbreitet.

Street Parade trifft Kuhparade

Angereichert wird die Website auch durch die Werbeagentur selbst, die in intensiver Zusammenarbeit mit den Pärken spezielle Events organisiert. «Wir bestimmen gemeinsam die kulturellen, wirtschaftlichen oder ökologischen Highlights und überlegen uns, mit welcher Persönlichkeit sie überraschend in Szene gesetzt werden können», erklärt Bürge. So haben ein Deutschschweizer und ein welscher Sternekoch im Naturpark Chasseral in einer der Berghütten, die dort Métairies heissen, ein Menü gezaubert, wobei der Deutschschweizer Koch mit den Zutaten für Capuns ein Papet vaudois kulinarisch interpretieren musste – und der Westschweizer Koch genau umgekehrt. «Das war ein starkes Erlebnis», erinnert sich Bürge. Es wurde filmisch und fotografisch festgehalten, auf der Site attraktiv platziert und als Pressemitteilung über sämtliche Kanäle verbreitet. Eingeladen waren auch Medienschaffende, die neue kulinarische und landschaftliche Welten entdeckten und über den Anlass berichteten.

Ein anderes Beispiel stammt aus dem Berner Oberländer Naturpark Diemtigtal, wohin im Sommer 2017 der Street-Parade-Chef Joel Meier als Ehrengast zur alljährlich stattfindenden Viehschau eingeladen wurde. Er durfte, zusammen mit dem Präsidenten der Viehzuchtgenossenschaft, die allererste tierische «Miss Street Parade» küren. «Gemeinsam wurde das Miteinander von Mensch und Tier, von Tradition und Fortschritt, von Stadt und Land gefeiert», erzählt Christoph Bürge. «Mit den Einladungen sorgen wir auf einen Schlag für viel Werbung.»

Aktive Rolle des BAFU

In den nächsten drei Jahren kommen laufend weitere Einladungen dazu, die die Menschen in den Pärken und ihr Engagement in Szene setzen und  kleineweltwunder.ch noch attraktiver machen werden. Doch wie erfährt man von dieser Website? Die Agentur bewirbt sie beispielsweise im Internet (mit Bannern und Ads) und auf Social-Media-Plattformen. Auch der TV-Spot verweist auf sie. Das Gleiche gilt für die Informationskarte mit den Steckbriefen aller Schweizer Pärke sowie für das mit Hunderten von Fotos bedruckte Pärke-Postauto, welches als Kursfahrzeug in der ganzen Schweiz zirkuliert.

Bei der ganzen Kampagne ist das BAFU keineswegs nur Auftrag- und Geldgeber, sondern verantwortet unter der Leitung von Christoph Grosjean, Marken- und Kommunikationsverantwortlicher für die Pärke von nationaler Bedeutung, die strategische Führung und Kontrolle. Entsprechend begleitet der BAFU-Fachmann den ganzen Prozess intensiv und mit eigenen Vorschlägen. «Sowohl kurzfristige als auch langfristige Ideen und Massnahmen werden laufend gemeinsam besprochen», betont Bürge. «Das ist wichtig, weil Kampagnen zu Umweltthemen besonders komplex sind. Das Prinzip ist zwar immer gleich: Man braucht eine kreative Idee, um ein Kommunikationsproblem zu lösen. Bei einer Kampagne für Bier ist das aber viel einfacher: Es schmeckt nach Malz und Hopfen, und gut gekühlt hilft es gegen Durst und macht Spass. Bei 19 Pärken mit jeweils Hunderten von Botschaften ist die Aufgabe viel anspruchsvoller.»

Schon im ersten Jahr wurden die Ziele der Kampagne übertroffen. Ein Blick auf die Website bestätigt: Unzählige von Social Posts zeigen die Vielfalt des Lebens in den 19 Pärken. «Die Posts von Besuchenden, die ihre Fotos und Erlebnisse auf Instagram, Twitter, Youtube oder Facebook stellen und mit dem Hashtag #kleineweltwunder versehen, werden von uns gefunden und auf der Kampagnen-Site veröffentlicht», erklärt Bürge. «Das macht sie spannend und lebendig. Sie sieht jeden Tag anders aus, was der Vielfalt der Pärke entspricht.»

Dominik Fröhli

«Die Botschaft kommt an»

Dominik Fröhli, Projektleiter beim Markt- und Sozialforschungsunternehmen DemoSCOPE, hat Image und Bekanntheit der Schweizer Pärke in der Bevölkerung ermittelt.

Die Kampagne «Kleine Weltwunder» des BAFU läuft erst seit 2017. Hat sich die Wahrnehmung der Pärke bereits messbar verändert?
Dominik Fröhli:
Dass die erste Welle der neuen Kampagne unmittelbar gewirkt hat, zeigt sich unter anderem daran, dass das Logo gegenüber Messungen zur Vorläuferkampagne ziemlich an Bekanntheit zugelegt hat. Dazu beigetragen haben insbesondere der TV-Spot, aber auch die diversen Webaktivitäten. Zudem lässt sich nachweisen, dass die in der Kampagne transportierte Botschaft ankommt und die meisten Befragten diese zumindest sinngemäss wiedergeben können.

Wo kann die Kampagne noch zulegen?
Es ist noch nicht abschliessend zu beurteilen, inwiefern sich die neue Kampagne mittelfristig auswirkt auf die Bekanntheitswerte einzelner Pärke, auf die Kenntnisse der Labelidee und der verschiedenen Produkte sowie auf die Besuchsabsicht und die effektiv erfolgten Besuche. Gegenwärtig ist das Bewusstsein, dass man sich in einem Park von nationaler Bedeutung aufhält, insgesamt nur moderat ausgeprägt. Hier kann die Kampagne noch zulegen.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Pärke wollen nicht als Touristenattraktion wahrgenommen werden, sondern Gäste empfangen. Wurde die Kampagne dieser Botschaft gerecht?
Ja. Die Kampagne rückt das Engagement der in Schweizer Pärken wohnhaften Menschen für den eigenen Lebensraum in den Vordergrund und vermittelt eine authentische, regional geprägte Gastfreundschaft.

«Kleine Weltwunder» gewinnen Bronze

Im April 2018 hat eine Jury von elf Marketing- und Werbespezialisten die Goldbach Crossmedia Awards 2018 verliehen. Dabei wurde die 2017 für die Schweizer Pärke lancierte Kampagne «Kleine Weltwunder» mit Bronze ausgezeichnet.

Prämiert wurde die Kampagne, weil sie auf innovative Art analoge und digitale Formate zu einem crossmedialen Erlebnis verbindet und eine Botschaft «nach innen» sendet: an all die Menschen in den Parkregionen, die die reichen Schätze an Natur, Landschaft und kulturellem Erbe aufwerten und beleben. Sie ermöglichen es Tag für Tag, dass die Schweiz in ihren 19 Pärken bis heute «kleine Weltwunder» entdecken kann. Kleine Weltwunder der Kulinarik, der Wirtschaft, der Natur und der Kultur, die nur dank der Menschen in den Pärken gedeihen und für viele Generationen bewahrt werden. So gesehen, ist der Crossmedia Award für das BAFU eine Auszeichnung, die mehr als nur Kommunikationskanäle verbindet: nämlich die Menschen in den Pärken untereinander und mit der Schweiz.

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Letzte Änderung 05.09.2018

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