Wer erfolgreich zum Thema Biodiversität kommunizieren will, muss seine Zielgruppen kennen und wissen, was ihnen wichtig ist. Eine Studie zeigt nun, dass die Einschätzung zum Zustand der Biodiversität mit der persönlichen Werthaltung gekoppelt ist.
Text: Kaspar Meuli
Warum interessieren sich die einen Menschen mehr für Kreuzfahrtferien und andere vor allem für Trekkings? Aus dem Konsumgüter- und Dienstleistungsmarketing ist gut belegt, dass unterschiedliche Werthaltungen zu unterschiedlichen Präferenzen und damit auch zu abweichendem Informations- und Einkaufsverhalten führen. Dass man sich diese Erkenntnis auch für die Kommunikation zur Biodiversität zunutze machen kann, belegt die Studie «Psychografisches Klima Biodiversität», die das Forschungsinstitut Demoscope 2018 im Auftrag des BAFU durchgeführt hat.
Die Resultate zeigen: Extrovertierte Personen neigen stärker dazu, den Zustand der Biodiversität in der Schweiz durch die rosa Brille zu sehen, während Individualisten eher um den Zustand der Biodiversität besorgt und handlungsbereiter sind. Diese neue Erkenntnis bietet die Chance, die Zielgruppen auch in der Kommunikation zu Biodiversität verstärkt nach psychografischen Merkmalen zu segmentieren. Denn die Gruppen haben einen unterschiedlichen Informationsstand hinsichtlich Biodiversität, benötigen deshalb verschiedenartige Informationen und Argumente, und sie konsumieren auch unterschiedliche Medien.
Der Wahrnehmungs-Gap
Auslöser für die Studie war der sogenannte Wahrnehmungs-Gap. Die Realität und ihre Wahrnehmung klaffen bei der Biodiversität stark auseinander. Verschiedene Umfragen haben gezeigt, dass die Mehrheit der in der Schweiz lebenden Personen der Meinung ist, um die Artenvielfalt in unserem Land sei es gut oder sogar sehr gut bestellt. Der Zustand der Biodiversität, auch davon ist die Mehrheit überzeugt, habe sich in den vergangenen 10 Jahren positiv entwickelt.
Die wissenschaftlichen Fakten zeigen leider das Gegenteil. Die Situation der Arten hat sich in der Schweiz nicht verbessert. So ist dem Umweltbericht 2018 zu entnehmen, dass 36 Prozent der Arten vom Aussterben bedroht oder gefährdet sind.
In den bisherigen Studien zur Biodiversität interessierten sich die Meinungsforschenden primär für soziodemografische Merkmale wie Alter, Geschlecht und Bildungsniveau der Interviewten. In der nun erstmals durchgeführten Studie «Psychografisches Klima Biodiversität» wurden zusätzlich auch persönliche Werte und Einstellungen der Befragten eruiert und systematisch ausgewertet.
Das Verfahren baut auf sogenannten Werteprofilen auf. Aus diesen lassen sich bestimmte Persönlichkeitstypen und ihre charakteristischen Eigenschaften ableiten. Nach aussen gerichtete Menschen, so die vereinfachte Erklärung, orientieren sich bei ihrem Tun daran, was ihre Umgebung von ihnen hält; nach innen gerichtete schätzen innere Werte und denken eher idealistisch.
Wie wichtig sind diese Werthaltungen nun, wenn es um die persönliche Einstellung zur Biodiversität geht? «Die Unterschiede zwischen den psychografischen Profilen waren im Vergleich zu anderen Befragungen nicht ganz so offensichtlich», erklärt Michael Buess, der verantwortliche Studienleiter von Demoscope. Aber sie existieren.
Positive Einstellung zur Biodiversität
Das Fazit zur erstmaligen psychografischen Vermessung der Schweiz mit Blick auf die biologische Vielfalt: «Grundsätzlich ist eine Bereitschaft der Bevölkerung zur Förderung der Biodiversität da», sagt Meinungsforscher Michael Buess, «aber den Menschen scheint viel zu wenig bewusst zu sein, was sie selbst dazu beitragen können.»
In Bezug auf die Biodiversitätskommunikation gibt er folgende Empfehlungen: «Es gilt, nach innen und nach aussen gerichtete Menschen unterschiedlich anzusprechen. Die einen muss man darin bestärken, dass ihr Engagement für die Artenvielfalt zum Wohl der ganzen Gesellschaft ist. Die Botschaft für die anderen könnte lauten: Schaut mal, wie cool und hip es ist, persönlich etwas für die Biodiversität zu tun.»
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Letzte Änderung 06.03.2019