10.08.2020 – Das eidgenössische Jagd- und Wildtierschutzgesetz regelt, welche Wildtiere geschützt sind, welche Tierarten gejagt werden dürfen und wann Schonzeiten gelten. Das Parlament hat ein massvolles, zeitgenössisches Regelwerk geschaffen, das den Arten- und Lebensraumschutz stärkt. Gleichzeitig hat es die Regeln im Umgang mit dem Wolf angepasst, damit die Kantone die wachsenden Bestände massvoll regulieren können. Am 27. September 2020 findet die Volksabstimmung darüber statt.
Wir beantworten die häufigsten Fragen zum revidierten Jagdgesetz
Das geltende Gesetz stammt von 1985. Damals gab es bei uns keine Wölfe mehr. 1995 kehrte der erste Wolf zurück. Zunächst streiften nur einzelne Wölfe in der Schweiz umher. 2012 bildete sich das erste Rudel. Heute leben acht Rudel und insgesamt rund 80 Wölfe in unserem Land und der Bestand wird weiterwachsen. Die Kantone brauchen ein Instrument, um vorausschauend und massvoll in die Bestände eingreifen zu können. Die Abschüsse haben zum Ziel, dass die Wölfe ihre Scheu vor Menschen und Siedlungen behalten. Nur so ist ein Nebeneinander von Mensch und Wolf möglich.
Zudem ist in den letzten Jahrzehnten die Artenvielfalt noch stärker unter Druck geraten. Das revidierte Gesetzgeht auch darauf ein. Es schützt verschiedene Tiere und ihren Lebensraum besser.
Das revidierte Gesetz stärkt den Schutz vieler Wildtiere – und es schützt sie besser als bisher. Konkret bringt es folgende Verbesserungen:
- Der Bund verpflichtet die Kantone auf die Berücksichtigung der Grundsätze der Nachhaltigkeit und die Anliegen des Tierschutzes bei der Regelung und Planung der Jagd.
- 12 Wildenten-Arten sind neu geschützt und dürfen nicht mehr gejagt werden. Zudem gilt für die Waldschnepfe eine längere Schonzeit.
- In der ganzen Schweiz werden rund 300 Verbindungswege in der Natur für Wildtiere vor Verbauung geschützt. Damit können ihre Lebensräume besser vernetzt werden. Bei Bahnlinien und Strassen sorgen Bund und Kantone für Brücken und Unterführungen für Wildtiere.
- Der Bund beteiligt sich stärker an der Finanzierung der kantonalen Wildhut und den Arten- und Lebensraumförderungsmassnahmen in Wildtierschutzgebieten und Vogelreservaten.
- Das Gesetz verpflichtet die Kantone und Bauern, Zäune wildtierfreundlich zu errichten, damit Unfälle und Verletzungen von Wildtieren möglichst ausbleiben.
Im Umgang mit dem Wolf bringt das revidierte Gesetz folgende Änderungen:
- Erlegen von Wölfen aus Rudeln: Damit die Wölfe die Scheu vor Menschen, Herden und Siedlungen bewahren, dürfen die Kantone Wölfe aus einem Rudel neu erlegen, bevor Schaden entstanden ist. So können Konflikte zwischen Mensch und Wolf vermindert werden. Das Erlegen von Wölfen ist allerdings an mehrere Voraussetzungen geknüpft: Die Kantone müssen verhältnismässig vorgehen und dürfen zum Beispiel nicht in ein Wolfsrudel eingreifen, das sich fernab von Schafherden oder Dörfern aufhält. Zudem müssen sie gegenüber dem Bund vorgängig begründen, weshalb Abschüsse erforderlich sind. Der Wolf bleibt aber eine geschützte Tierart, und die Rudel bleiben erhalten. Bund und Naturschutzverbände können gegen eine kantonale Abschussverfügung zudem wie bisher Beschwerde einlegen.
- Erlegen von Einzelwölfen: Wie heute können die Kantone für ein einzelnes Tier den Abschuss bewilligen, wenn es trotz Massnahmen zum Schutz von Schaf- und Ziegenherden Schaden angerichtet hat. Neu können die Kantone den Abschuss von Einzelwölfen auch bewilligen, wenn diese auffällig werden, zum Beispiel, wenn sie in Schafställe eindringen oder ohne Scheu durch Dörfer streifen.
- Verstärkter Herdenschutz: Das revidierte Gesetz nimmt Bäuerinnen und Bauern beim Herdenschutz stärker in die Pflicht. Anders als heute erhalten sie für gerissene Schafe und Ziegen nur noch eine Entschädigung, wenn sie die Tiere mit Hunden oder Zäunen geschützt haben
Jagen hat in der Schweiz eine lange Tradition. Mitte des 19. Jahrhunderts verschwanden wegen unkontrollierter Jagd in der Schweiz viele Wildtiere. Deshalb erliess der Bund 1875 erstmals ein Gesetz, das gegenüber den Kantonen regelte, in welchen Gebieten Tiere geschützt sind, welche Arten gejagt werden dürfen und wann Schonzeiten gelten.
Dank diesem Gesetz gibt es heute in der Schweiz wieder Wildtierarten wie Rothirsche, Gämsen und Steinböcke. Mit dem revidierten Gesetz wird dieser Schutz ausgebaut: Zwölf Wildentenarten dürfen in Zukunft gar nicht mehr gejagt werden. Zudem gilt für die Waldschnepfe eine längere Schonzeit.
Nein, im Gegenteil. Das revidierte Jagdgesetz stärkt insgesamt den Arten- und Lebensraumschutz. Es schützt mehr Wildtierarten, es fördert die Vernetzung der Lebensräume und es schafft die Grundlagen für einen pragmatischen Umgang mit dem wachsenden Wolfsbestand in der Schweiz.
Auf der einen Seite gab es die Forderung, den Wolf zu einer jagdbaren Art zu erklären. Auf der anderen Seite wurde verlangt, nicht in den Bestand einzugreifen. Das revidierte Gesetz ist ein sinnvoller Mittelweg: Der Wolf bleibt geschützt, sein Bestand kann aber gesteuert werden. Der Eingriff in den Bestand von Steinbockkolonien bleibt wie bisher.
Der Bundesrat kann in den Ausführungsbestimmungen zwar weitere Arten als regulierbar bezeichnen, sofern sachliche Gründe vorliegen. Für Luchs, Biber, Graureiher und Gänsesäger hat das Parlament dies jedoch bereits ausdrücklich abgelehnt. Damit bringt das revidierte Gesetz auch ihnen mehr Schutz.
Die Eingriffe bleiben auf Steinbock und Wolf beschränkt. Andere geschützte Arten dürfen nicht reguliert werden. Der Bundesrat kann in den Ausführungsbestimmungen zwar weitere Arten als regulierbar bezeichnen, sofern sachliche Gründe vorliegen. Für den Luchs, den Biber, den Graureiher und den Gänsesäger hat das Parlament dies jedoch bereits ausdrücklich abgelehnt.
Damit bringt das revidierte Gesetz auch ihnen mehr Schutz. Zudem wurden 12 von 15 Wildentenarten neu unter Schutz gestellt und die Schonzeit der Waldschnepfe wurde verlängert.
Nein. Das revidierte Jagdgesetz und die damit verknüpften Ausführungsbestimmungen legen die Bedingungen fest, die für Regulationsabschüsse erfüllte sein müssen. Damit die Wölfe die Scheu vor Menschen, Herden und Siedlungen bewahren, dürfen die Kantone neu Wölfe aus einem Rudel erlegen, bevor Schaden entstanden ist.
Das Erlegen von Wölfen ist allerdings an mehrere Voraussetzungen geknüpft: Die Kantone müssen verhältnismässig vorgehen und dürfen zum Beispiel nicht in ein Wolfsrudel eingreifen, das sich fernab von Schafherden oder Dörfern aufhält. Zudem müssen sie gegenüber dem Bund vorgängig begründen, weshalb Abschüsse erforderlich sind. Bund und Naturschutzverbände können gegen eine kantonale Abschussverfügung zudem wie bisher Beschwerde einlegen.
Nein, der Herdenschutz wird gestärkt. Das Gesetz unterscheidet zwischen dem Abschuss von einem einzelnen schadenstiftenden Wolf und Eingriffen in die Rudel. Richtet ein einzelnes Tier grossen Schaden an, kann der Kanton eine Abschussbewilligung erteilen. Allerdings nur, wenn die zumutbaren Herdenschutzmassnahmen ergriffen wurden, daran ändert sich nichts.
Auch bei Eingriffen in Wolfsrudel müssen gewisse Bedingungen erfüllt sein. Die Kantone müssen verhältnismässig vorgehen und dürfen zum Beispiel nicht in ein Wolfsrudel eingreifen, das sich fernab von Schafherden oder Dörfern aufhält. Zudem müssen sie gegenüber dem Bund vorgängig begründen, weshalb Abschüsse erforderlich sind. Bund und Naturschutzverbände können gegen eine kantonale Abschussverfügung zudem wie bisher Beschwerde einlegen.
Die Kantone müssen zudem alle landwirtschaftlichen Betriebe über Herdenschutzmassnahmen informieren. Neu werden nur noch Schäden bezahlt, wenn zuvor die zumutbaren Herdenschutzmassnahmen ergriffen wurden. Das dient dem Herdenschutz.
Wolf, Luchs und Bär gehören zur einheimischen Tierwelt. 1995 kehrte der erste Wolf in die Schweiz zurück, 2012 entstand das erste Rudel. Heute leben rund 80 Wölfe hier, es haben sich acht Rudel gebildet, und der Bestand wächst entsprechend an. Vor 40 Jahren wurde der Luchs in der Schweiz wieder angesiedelt. Seither konnte sich ein stabiler Bestand bilden.
Insgesamt leben rund 300 Tiere in der Schweiz. Der grösste Teil ist in den Alpen, rund 100 Luchse sind im Jura unterwegs. Bären streifen immer wieder im Grenzgebiet zwischen Italien und der Schweiz umher.
Die Erfahrungen der letzten Jahre lassen darauf schliessen, dass der Bestand weiter wachsen wird. Sobald es Rudel gibt, vermehren sich Tiere entsprechend stark. Damit die Wölfe die Scheu vor Menschen, Herden und Siedlungen bewahren, dürfen die Kantone gemäss revidiertem Jagdgesetz Wölfe aus einem Rudel erlegen, bevor Schaden entstanden ist. So können Konflikte zwischen Mensch und Wolf vermindert werden. Die Entwicklung des Wolfbestands wird dadurch gebremst.
Der Wolf bleibt aber eine geschützte Tierart, und die Rudel bleiben erhalten. Die Regulierung dient dazu, die Akzeptanz und damit den Schutz des Wolfes zu stärken und das Nebeneinander von Mensch und Wolf zu ermöglichen. Wird das revidierte Gesetz abgelehnt, wird der Wolfsbestand rascher anwachsen. Es ist davon auszugehen, dass die Konflikte zunehmen.
Seit 2009 rissen Wölfe jährlich zwischen 300 und 500 Ziegen und Schafe. Betroffen sind auch Herden, die von Zäunen oder Hunden beschützt werden. Denn Wölfe können lernen, Schutzmassnahmen zu umgehen. Das Auftauchen von Wölfen in der Nähe von Siedlungen beschäftigt die örtliche Bevölkerung.
Die Zahl der Risse hängt vor allem vom Herdenschutz ab. Seit 2009 rissen Wölfe jährlich zwischen 300 und 500 Ziegen und Schafe. Das heisst, obwohl es immer mehr Wölfe gibt, bleibt die Anzahl Risse pro Jahr ungefähr konstant. Dies bedeutet: Der Herdenschutz greift immer besser.
Herdenschutzmassnahmen wie Zäune und Schutzhunde sind sehr wirkungsvoll, dies zeigen die Erfahrungen. Aber Wölfe können lernen, Zäune oder Hunde zu umgehen. Die Abschüsse dienen dazu, dass die Wölfe die Scheu vor Menschen, Herden und Siedlungen bewahren und Abstand zu Siedlungen halten.
Ja, die Berner Konvention erlaubt den Abschuss von schadenstiftenden Einzeltieren und die Regulation von Beständen.
«Dank des revidierten Jagdgesetzes bleibt das Nebeneinander von Mensch und Wolf möglich»: Interview mit Franziska Schwarz, Vizedirektorin des BAFU
Was bringt das revidierte Jagdgesetz?
Das vom Parlament verabschiedete Gesetz ist ein ausgewogenes Regelwerk, das mehr Arten besser schützt, Lebensräume für Wildtiere verbessert und den Herdenschutz stärkt. Gleichzeitig gibt es den Kantonen die Möglichkeit, den wachsenden Bestand von Wölfen vorausschauend und massvoll zu regulieren. Der Wolf bleibt dabei ein geschütztes Tier und die Rudel bleiben erhalten.
Ist das revidierte Jagdgesetz ein «Wolf-Abschuss-Gesetz», wie das Referendumskomitee sagt?
2010 lebten knapp zehn Wölfe in der Schweiz, 2012 entstand das erste Rudel. Inzwischen sind es rund 80 Wölfe und es bestehen acht Rudel. Sobald Rudel entstehen, wächst die Anzahl Wölfe sehr rasch an. In der dicht besiedelten und genutzten Schweiz nehmen damit auch die Konflikte zu. Indem die Kantone in den Bestand von Rudeln eingreifen können, werden Schäden verhindert. Und die Wölfe behalten ihre Scheu vor Menschen und Infrastrukturen. Dank des revidierten Gesetzes bleibt das Nebeneinander von Mensch und Wolf möglich.
Neu sind Abschüsse in Rudeln möglich, bevor Schäden entstanden sind. Der Wolf ist aber ein geschütztes Tier. Wie ist das zu vereinbaren?
Der Wolf gehört in die Schweizer Natur und bleibt, wie gesagt, ein geschütztes Tier, die Rudel bleiben erhalten. Dank der Möglichkeit von Regulationseingriffen können die Kantone den Wolfsbestand vorausschauend steuern und die starke Zunahme der Anzahl Wölfe etwas abbremsen. Das mindert Konflikte und schafft mehr Akzeptanz in jenen Gebieten, wo Wolfsrudel unterwegs sind. Auch mit der neuen Eingriffsmöglichkeit werden die Wolfsbestände weiterwachsen.
Mit dem neuen Gesetz müssen offenbar auch Biber und Luchs um ihr Leben fürchten…
Der Bundesrat könnte gemäss Gesetz zwar weitere Arten als regulierbar erklären, etwa, wenn deren Bestände stark wachsen würden. Das Parlament hat aber bereits beschlossen, dass in die Bestände von Biber, Luchs, Graureiher und Gänsesäger nicht eingegriffen werden darf. Somit dürfen nur Wolfsrudel und wie bereits heute Steinbockkolonien reguliert werden.
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Letzte Änderung 27.09.2020