Städte von Morgen: Die Schwammstadt als Antwort

Der Klimawandel dringt auch in unsere Städte. Sie müssen sich daran anpassen und sich dafür quasi neu erfinden. Ein innovatives Konzept ist die Schwammstadt, die ganz aufs Aufnehmen und Speichern von Wasser angelegt ist. Wie funktioniert das?

Text: Stéphanie de Roguin

Das Schwammstadtkonzept
Das Schwammstadtkonzept
© BAFU

Mit einem Küchenschwamm lässt sich Wasser, das etwa von einem Kochtopf überschwappt, aufsaugen und ins Waschbecken ausdrücken. Eine Schwammstadt funktioniert nach dem gleichen Prinzip: Sie saugt Regenwasser auf und speichert es. Und gibt es den Pflanzen und dem Wasserkreislauf während der immer häufigeren Hitze- und Trockenperioden zurück. Bei Starkregenfällen, die mit dem Klimawandel ebenfalls zunehmen, kann die Schwammstadt die Risiken durch Oberflächenabfluss und Hochwasser eindämmen und helfen, schwere Schäden zu vermeiden.

Dazu braucht es allerdings möglichst durchlässige und lebendige Böden. Bei jedem Neubau und bei jeder Sanierung sollten die Böden deshalb nicht mit herkömmlichem Asphalt versiegelt, sondern vorzugsweise versickerungsfähige Beläge verwendet und Dächer begrünt werden. An schon bebauten Orten lässt sich der Boden aufbrechen und mit durchlässigen Belägen ersetzen.

Zurück zu natürlichen Kreisläufen

Eine spezifische Infrastruktur, um das Wasser zu sammeln, ist nicht unbedingt nötig – kann aber helfen. «Dort, wo Bäume gepflanzt werden, können Gräben im sogenannten Stockholmer System angelegt werden», sagt Frédéric Bachmann, Leiter des Pilotprojekts «Eau en Ville» der Wasserbaufachstelle des Kantons Genf. Mit diesem System wird das Regenwasser in Einlaufgitter, Abläufe oder Kanalisationen eingeleitet und danach zu bepflanzten Gräben geführt. Diese behalten das Wasser zurück und geben es nach und nach an die Vegetation und in den Boden ab. Auf anderen Arealen kann man den Boden aufbrechen und ihn revitalisieren, sodass er Regenwasser aufsaugen kann. «So erhalten wir einen ganz natürlichen hydrologischen Vorgang mit Versickerung, Abfluss oder Verdunstung des Wassers», erklärt Bachmann.

Das Projekt «Eau en Ville» wurde im Frühling 2021 in Genf lanciert. Es hilft kantonalen Fachstellen dabei, raumverändernden Akteurinnen und Akteuren zu vermitteln, wie wichtig Wasser in der Stadt ist und wie man dieses besser nutzen kann. Auf diese Weise soll ein rascher und nachhaltiger Wandel im Umgang mit Wasser angestossen werden.

Bald entsteht zudem an der Avenue du Mail, einer wichtigen Verkehrsader mitten im Genfer Stadtzen­trum, ein Beispiel eines solchen Schwamms. Bei der Sanierung dieser Verkehrsachse haben deren Begrünung und Baumbepflanzung sowie der Langsamverkehr Vorrang. So soll das Areal besser für die steigenden Temperaturen gerüstet sein und zugleich neue Begegnungsräume eröffnen. Regenwasser von den Dächern und der Fläche neben der Strasse wird gesammelt und in eine Pflanzgrube geleitet. Das Baubewilligungsverfahren läuft derzeit. Das Projekt sollte 2023 bis 2024 umgesetzt werden können.

Verbreitung bewährter Verfahren

Am 1. Februar 2022 hat der Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) die Initiative «Schwammstadt» lanciert. Diese will vor allem über das Thema informieren und dafür sensibilisieren. Das Projekt will den Erfahrungsaustausch fördern und bietet Schulungen an. Zudem wird einen Leitfaden für Gemeinden ausgearbeitet, der erläutert, wie Gemeinden strukturiert und umfassend vorgehen, um sich erfolgreich an den Klimawandel anzupassen. Das BAFU selbst hat diesen Frühling den Bericht «Regenwasser im Siedlungsraum» veröffentlicht. Darin werden Strategien und Massnahmen zum Umgang mit Starkniederschlägen und zur Regenwasserbewirtschaftung für eine an den Klimawandel angepasste Siedlungsentwicklung vermittelt.

Fazit

Künftig sollen Schweizer Städte mehr zu sogenannten Schwammstädten werden. Etwa durch weniger Asphalt und mehr durchlässige Böden wie Kies oder Wiese können Starkregenfälle und Trockenperioden besser aufgefangen werden.

Weiterführende Informationen

Regenwasser im Siedlungsraum

UW-2201-D

Starkniederschlag und Regenwasserbewirtschaftung in der klimaangepassten Siedlungsentwicklung. 2022

Kontakt
Letzte Änderung 21.12.2022

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