Wie Betroffene Naturereignisse erleben
«Hat man die internationalen Medien verfolgt, hätte man denken können, in Zermatt herrsche eine Katastrophe. Mich hat erstaunt, wie weit das Selbst- und das Fremdbild auseinanderliegen können. Wir waren zwar von der Aussenwelt abgeschnitten, aber es hat uns an nichts gefehlt. Es gab allerdings schon Leute, die Angst hatten. Wenn es so stark schneit und man in seinem Tun und Handeln eingeschränkt wird, kommt bei den Gästen Unsicherheit auf. Ich hingegen bin hier aufgewachsen und habe derartige Situationen in meiner Jugend oft erlebt.»
«Es ging alles wahnsinnig schnell, doch wir Einheimische wissen, dass dieses Gewässer nur eine Viertelstunde nach einem grossen Gewitter zu einem reissenden Fluss anschwellen kann. Ich sehe von unserem Haus aus direkt auf eine Passerelle, die über die Losentse führt. Da stellen sich immer Leute hin, die das Spektakel ganz aus der Nähe sehen wollen. Beim Murgang standen Touristen auf diesem Steg. Ich bin sofort runtergerannt, um sie zu warnen. Der Fluss geht ja immer wieder hoch, aber so eine grosse Schlammlawine habe ich noch nie gesehen.»
«Das war ein tragischer Unfall, die Hirtin hatte einfach ein Riesenpech. Wäre sie nur zwei, drei Schritte entfernt gestanden, hätte es ihr nichts gemacht. In den Bergen hat es in den vergangenen Jahren ganz allgemein mehr Felsstürze gegeben. Man kennt diese Gebiete, und wenn man dort unterwegs ist, passt man halt einfach besser auf. Ob diese Häufung ein Zufall ist oder eine Folge des Klimawandels, ist schwer zu sagen. Persönlich habe ich aber schon das Gefühl, dass da wirklich mehr Ware runterkommt.»
«Vor zwei Jahren haben wir hier in Brienz neu gebaut, denn unsere Kinder würden den Landwirtschaftsbetrieb gerne weiterführen. Das Haus ist absichtlich aus Holz gebaut, damit ihm der rutschende Untergrund weniger anhaben kann. Unsere ganze Existenz ist hier oben. Müssten wir Brienz verlassen, wäre das für uns eine Katastrophe. Weil die kritische Zone ständig von vielen verschiedenen Instrumenten überwacht wird, haben wir nicht direkt Angst um unser Leben. Sonst müssten wir ja sofort die Koffer packen.»
Letzte Änderung 03.06.2020