Die Schweiz hat eine lange Tradition in der Grundlagenforschung sowie in der praxis- und umsetzungsorientierten Forschung zur Gefahrenprävention und es gibt eine bedeutende Anzahl von Forschungsinstitutionen, die in diesem Bereich tätig sind. Die Erkenntnisse aus diesen Forschungsaktivitäten werden den Umgang mit Naturgefahren und Naturereignissen unter Berücksichtigung von Umweltaspekten, dem Klimawandel und der Siedlungsentwicklung weiter verbessern. Das Forschungskonzept Umwelt für die Jahre 2025–2028 beschreibt die Umsetzung der Umweltpolitik in 18 Forschungsbereichen und damit die prioritären Forschungsfelder aus Sicht des Bundesamts für Umwelt in naher und ferner Zukunft. Zusätzlich zu den 18 Forschungsbereichen wurden drei ressortübergreifende Forschungsthemen definiert, eines davon lautet «Klimawandel, Naturgefahren und Risikowahrnehmung».

© Michael Buholzer, Keystone
Prioritäre Forschungsthemen 2025–2028 (Umgang mit Naturgefahren und technischen Risiken)
1 Gefahren erkennen (über Gefahrengrundlagen verfügen)
1.1 Grundwasseraufstoss, Oberflächenabfluss, Seitenerosion, Murgänge, Hangmuren und spontane Rutschungen besser verstehen.
1.2 Prozessverkettungen besser verstehen und antizipieren sowie Auslösewahrscheinlichkeiten besser abschätzen.
1.3 Prozesskombinationen besser erkennen und Wahrscheinlichkeiten des kombinierten Auftretens besser abschätzen.
2 Klimawandel antizipieren
2.1 Wie werden Ereignisse durch die Klimaänderung beeinflusst (z. B. Eintretenswahrscheinlichkeit, Intensität, Prozessabläufe)?
2.2 Einfluss des Klimawandels auf die Wirkung des Schutzwaldes.
2.3 Kosten-Nutzen-Überlegungen für Adaptationsmassnahmen.
3 Risiken kennen
3.1 Methodik für mehrfach betroffene Objekte erarbeiten (durch unterschiedliche Prozessquellen bei gleichem Prozess bzw. durch unterschiedliche Prozesse bei gleichem Ereignis).
3.2 Erweiterung der Erfahrungswerte von Schadenempfindlichkeits- und Letalitätswerten sowie weiterer risikorelevanter Faktoren.
3.3 Methodik erarbeiten und Grundlagen zusammentragen zur Berücksichtigung indirekter Schäden.
4 Entwicklungen und Ereignisse frühzeitig erkennen
4.1 Untersuchung der Niederschlagsschwellenwerte und vertiefte Analyse der Disposition zu Hangprozessen.
4.2 Verbesserung der Extremwertstatistiken.
4.3 Verbesserung der Vorhersage und Früherkennung von Naturgefahren.
5 Massnahmen integral und nachhaltig planen
5.1 Analyse ökologischer Aspekte bei der Realisierung von Schutzmassnahmen; Wald-Wild-Problematik in Bezug auf die Schutzfunktion des Waldes; Eingriffsturnus im Schutzwald.
5.2 Analyse von Massnahmen, die für die Anpassung des Schutzwaldes im Hinblick auf neue Waldstandorte vonnöten sind (inkl. Erhalt der Schutzfunktion).
5.3 Entwicklung von Methoden zur Beurteilung der Wirksamkeit bestehender Massnahmen.
6 Risikokompetenz entwickeln und Risikodialog führen
6.1 Faktoren, Elemente und Vorbedingungen eines erfolgreichen Risikodialogs und einer handlungsleitenden Kommunikation kennen.
6.2 Erfolgsfaktoren für das gefahrengerechte Verhalten der Betroffenen identifizieren.

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Ressortübergreifendes Forschungsthema 2025–2028 «Klimawandel, Naturgefahren und Risikowahrnehmung»
1 Allgemeine Aspekte
1.1 Welche psychologischen, kognitiven, kommunikativen, sozialen und verhaltensbezogenen Faktoren führen zu lösungsorientiertem Handeln und zu einer positiven Einstellung der Bevölkerung und der Fachleute gegenüber der Naturgefahrenprävention?
1.2 Integrales Risikomanagement: Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren, Untersuchung der Prozesse, der Prävention und des Risikomanagementzyklus im Hinblick auf Handlungs- und Einstellungsfaktoren sowie Identifizierung von Lücken.
2 Aspekte der Kommunikation
2.1 Erfolgreiche Kommunikation: Wie kann eine verantwortungsvolle und glaubwürdige Kommunikation über Naturgefahren und Klimawandel entwickelt werden? Wie kann sie handlungsleitend sein?
2.2 Informationsflüsse und -quellen identifizieren: Welche Kommunikationskanäle werden genutzt? Welche sind in Bezug auf Naturgefahren und Klimawandel am relevantesten? Wie werden die Informationen weitergeleitet?
2.3 Nutzung von sozialen Medien für eine zielgruppengerechte Kommunikation: Welche Zielgruppen gibt es? Worin unterscheiden sie sich? Wie können sie effektiv erreicht werden?
2.4 Entwicklung von Methoden, welche die Kommunikation mit den Akteuren fördern: systemische Interdependenzen aufzeigen, bedarfsgerechte Informationen bereitstellen und die Rolle der Verantwortung auf der Grundlage von Akzeptanz verstehen.
2.5 Gibt es geschlechterspezifische Aspekte, die in der Kommunikation zu Klimawandel und Naturgefahren berücksichtigt werden müssen, um deren Wirkung zu verbessern?
3 Soziale Aspekte
3.1 Was sind die lokalen Erwartungen und Bedenken in Bezug auf den Klimawandel und die Gefahrenprävention?
3.2 Welche Interessenkonflikte treten auf? Wie können sie in einen Kommunikationsprozess integriert werden? Wie werden sie von den Akteuren wahrgenommen?
3.3 Welche Lehren können aus Ländern mit ähnlichen Situationen gezogen werden (Klimawandel, Naturgefahren, Siedlungsentwicklung)?
3.4 Gibt es soziale Gruppen, die im Wirkungsgefüge Siedlungsentwicklung-Klimawandel-Naturgefahren benachteiligt und von den negativen Auswirkungen besonders betroffen sind?
Weiterbildung
Eine wichtige Rolle bei der Weiterbildung von Fachleuten im Umgang mit Naturgefahren nehmen die Fachleute Naturgefahren (FAN) und die Kommission für Hochwasserschutz (KOHS) des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbands ein. Sie bieten regelmässig Tagungen und Weiterbildungskurse zu aktuellen Fachthemen an.
Nachfolgend finden Sie eine Zusammenstellung schweizweiter Angebote für Weiterbildungen im Naturgefahrenbereich.
Das BAFU unterstützt in Zusammenarbeit mit Bildungsverantwortlichen von Berufsverbänden und Bildungsinstitutionen die Entwicklung und Umsetzung von Bildungsangeboten.
Finanzhilfegesuche für Bildungsprojekte beim BAFU
Weiterführende Informationen
Letzte Änderung 10.10.2025