Illegaler Holzhandel: Milliardengeschäft mit verheerenden Folgen

10.04.2018 - Die internationale Umweltkriminalität ist ein hochprofitables Geschäft. Wie das Beispiel des illegalen Holzhandels zeigt, werden dadurch nicht nur Ökosysteme zerstört, sondern auch fragile Staaten und die legal agierende Wirtschaft geschädigt. Grund für das kriminelle Abholzen von Tropenwald ist immer häufiger der Landbedarf für Palmölplantagen.

Text: Kaspar Meuli

Illegaler Holzhandel
Der illegale Holzhandel zerstört Ökosysteme und gefährdet politisch fragile Regionen.
© Greenpeace

Holzlieferketten sind äusserst komplex. «Und je komplexer eine Lieferkette, desto grösser ist das Risiko von illegalen Machenschaften», erklärt Achim Schafer von der Abteilung Wald des BAFU. «Weil die Wege des internationalen Holzhandels verschlungen sind, ist nicht immer klar, ob die Holzprodukte, die wir kaufen, aus legal geerntetem und gehandeltem Holz stammen.» Doch sicher ist: Der illegale Holzeinschlag und der illegale Handel mit Holz sind keine Randphänomene. Laut einer Studie von Interpol und des Umweltprogramms der UNO (UNEP) macht der Handel mit illegalem Holz 15 bis 30 % des globalen Holzmarkts aus. In wichtigen Produzentenregionen wird mehr als die Hälfte des Holzes widerrechtlich eingeschlagen: Bis zu 70 % sollen es im brasilianischen Amazonas sein, bis zu 60 % in Indonesien und bis zu 90 % in der Demokratischen Republik Kongo.

Umweltkriminalität schädigt die legale Wirtschaft

Genaue Zahlen zur Bedeutung des wohl wichtigsten Zweigs der Umweltkriminalität gibt es keine. Der UNEP-Bericht «The Rise of Environmental Crime» schätzt den Wert der durch illegalen Holz­einschlag und Handel geraubten natürlichen Ressourcen auf 50 bis 150 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Der illegale Holzeinschlag wirkt sich nicht nur verheerend auf wichtige Ökosysteme aus, sondern hat viel weitreichendere Folgen. Unter anderem entzieht er Staaten, die dringend auf Einnahmen angewiesen wären, Steuern und Abgaben und destabilisiert so politisch ohnehin fragile Regionen. Und weil das verbotene Geschäft einen Preiszerfall von 7 bis 16 % bewirkt, konkurriert es die legal wirtschaftenden Unternehmen.

Laut Angaben der UNEP gelangt illegal geschlagenes Holz inzwischen vor allem in Form von verarbeiteten Produkten aus China und Vietnam in den Westen. Aber nur rund 10 % der Holzprodukte werden international gehandelt; den illegalen Holzeinschlag dominieren vor allem kleinere kriminelle Banden, die Holz auf den Heimmärkten absetzen. Immer mehr tropische Wälder werden gerodet, um Landwirtschaftsland zu gewinnen. «Die Umwandlung von tropischen Wäldern in Palm­ölplantagen ist heute einer der grössten Treiber für den Waldverlust», erklärt Achim Schafer. Die Ausweitung der agroindustriellen Landfläche sei für bis zu 80 % der weltweiten Entwaldung verantwortlich – ein grosser Teil davon erfolge illegal; genaue Zahlen kennt man nicht. Dieser Waldverlust hat auch gravierende Folgen für das Klima, denn Wälder und Waldböden sind grosse Kohlenstoffspeicher. Wird der Wald nachhaltig bewirtschaftet, bleibt der Kohlenstoff im Boden gespeichert. Bei illegalem Holzeinschlag und der Umnutzung der Waldfläche hingegen verkehrt sich dieser Effekt ins Gegenteil. Diese beiden Faktoren tragen 17 % zu den gesamten vom Menschen verursachten CO2-Emissionen bei.

Kunst aus illegal geschlagenem Holz
Illegal geschlagenes Holz gelangt vor allem in Form von verarbeiteten Produkten wie Möbeln oder Kunstwerken aus China und Vietnam in den Westen.
© Greenpeace

Doch es gibt auch erste Erfolge im Kampf gegen kriminelle Machenschaften im Holzhandel zu vermelden. Sie sind vor allem auf strengere Gesetze in den USA (seit 2008), in Australien (seit 2012) und in der EU (seit 2013) zurückzuführen. Die Bestimmungen verlangen von Importeuren und Verarbeitern höchste Sorgfalt bei der Herkunftsabklärung von Holz. Für viel Aufregung sorgte etwa eine Klage gegen den Gitarrenhersteller Gibson in den USA, weil dieser illegales Rosenholz aus Madagaskar verarbeitet hatte. Prominente Musiker fürchteten, mit ihren Gibson-Gitarren bei der Einreise in die USA verhaftet zu werden.

Die Schweiz steht momentan noch hinter dieser internationalen Entwicklung zurück. Sie führte zwar 2010 eine Deklarationspflicht für Holz und Holzprodukte ein, die sicherstellt, dass die Konsumentinnen und Konsumenten beim Kauf Informationen zu Holzart und Herkunft des Holzes erhalten. «Falls aber eine Baumart nicht durch das internationale Artenschutzabkommen CITES geschützt und bewilligungspflichtig ist, darf ihr Holz dennoch eingeführt werden», räumt Achim Schafer ein. Gleichzeitig gelte es zu bedenken, dass unser Land nur eine marginale Menge von Holz direkt aus tropischen Regionen importiere.

Die Schweiz riskiert ihren guten Ruf

Dass der Import von illegal geschlagenem Holz in der Schweiz nicht verboten ist, hat vor allem mit gesetzgeberischen Unwägbarkeiten zu tun. Eigentlich wollte die Schweiz Bestimmungen einführen, die denen der EU-Holzhandelsverordnung entsprechen. Sie waren Teil eines Gegenvorschlags, den der Bundesrat 2015 zur Initiative «Grüne Wirtschaft» vorlegte, der dann aber vom Parlament abgelehnt wurde. Es ist allerdings davon auszugehen, dass es früher oder später zu einem Importverbot kommt, denn nicht nur die Umweltverbände drängen darauf – auch der Holzbranche ist sehr an EU-verträglichen Vorschriften gelegen, denn sie sieht sich in der jetzigen Situation beim Export von Holzprodukten in die EU benachteiligt. Kommt dazu: Solange sich die Schweiz nicht klar vom Handel mit illegalem Holz distanziert, riskiert sie ihren guten Ruf. Oder wie Achim Schafer erklärt: «Wir wollen nicht zum Schlupfloch werden für Holz, das sich in der EU nicht mehr verkaufen lässt.»

Koordinierter Kampf gegen die Umweltkriminalität  

Die Umweltkriminalität ist ein globalisiertes Geschäft – und eines der wichtigsten Betätigungsfelder des organisierten Verbrechens überhaupt. Sie wird von Interpol als viertgrösster Kriminalitätsbereich eingestuft, hinter Drogenhandel, Produktepiraterie und Menschenhandel. Deshalb ist bei ihrer Bekämpfung die internatio­nale Zusammenarbeit zentral.

Doch auch innerhalb der Staaten ist eine bessere Koordination nötig, denn die zahlreichen Behörden, die sich mit Umweltdelikten beschäftigen, sind zum Teil nur schlecht vernetzt. Interpol empfiehlt ihren Mitgliedern deshalb, nationale Netzwerke zur Stärkung des Vollzugs zu schaffen. Ziel einer solchen National Environmental Security Task Force (NEST) ist es, die Zusammenarbeit zwischen den relevanten Akteuren zu verbessern und die Koordination mit Interpol zu vereinfachen. In der Schweiz sind die betroffenen Bundesstellen daran, gemeinsam mit kantonalen Stellen eine entsprechende Arbeitsgruppe aufzubauen.

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Letzte Änderung 10.04.2018

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