Kampagne: Begeisterung wecken und Türen öffnen

Die Kampagne #WOODVETIA weckt Emotionen für Schweizer Holz. Sie macht nicht nur den hohen Stellenwert dieses einheimischen Rohstoffs zum Thema, sondern brachte auch unterschiedliche Akteure der Holzbranche an einen Tisch.

Text: Kaspar Meuli 

Woodvetia-Figuren auf dem Waisenhasplatz in Bern
Gesamtschau der 20 Figuren im November 2017 auf dem Waisenhausplatz in Bern
© Woodvetia

Alle Umfragen sind sich einig: Wir Schweizerinnen und Schweizer lieben unsere Wälder. Wer Erholung sucht, tut das zum Beispiel am liebsten auf einem Spaziergang durch einen lichtdurchfluteten Wald. Doch so gross die Zuneigung zum Forst ist – dieser Liebe fehlt es an Konsequenz. Wir machen uns kaum je Gedanken darüber, dass der Wald weit mehr ist als eine angenehme Kulisse für eine Joggingrunde oder ein Picknick. Und den wenigsten von uns ist bewusst, dass die Wälder gepflegt und verjüngt werden müssen, damit sie alle ihre Funktionen erfüllen können. Verjüngen aber heisst: erntereife Bäume fällen. Dies geschieht nur, wenn das Holz auch Abnehmer findet, die einen fairen Preis bezahlen. Und damit steht es in der Schweiz schlecht: Seit 10 Jahren sind die Holzerntezahlen rückläufig, weil lieber billigere Holzprodukte aus dem Ausland gekauft werden.

Diese Zusammenhänge möglichst vielen Menschen vor Augen zu führen, war und ist das Ziel der langfristig angelegten Kampagne «#WOODVETIA – Aktion für mehr Schweizer Holz», die das BAFU 2017 zusammen mit der Wald- und Holzwirtschaft lanciert hat. «Wir wollen die Bevölkerung dafür sensibilisieren, Schweizer Holz nachzufragen», sagt Claire-Lise Suter von der Sektion Holzwirtschaft und Waldwirtschaft des BAFU. «Und wir wollten aufzeigen, dass es mit Holz aus Schweizer Wäldern einen erstklassigen Rohstoff direkt vor unserer Haustüre gibt, der es wert ist, genutzt zu werden.»

Strategie Emotionstransfer

Der Grundgedanke hinter der Sensibilisierungsaktion: Wem der Schweizer Wald am Herzen liegt, der kauft Schweizer Holz. Die Strategie der Kampagne, so Claire-Lise Suter, sei es, «die starke Beziehung der Bevölkerung zum Wald auf einheimisches Holz umzulegen». Ein Emotionstransfer gewissermassen. Um diese Aufgabe zu lösen, waren Profis gefragt.

Aus einem entsprechenden Wettbewerb ging die Zürcher Kommunikationsagentur Rod als Siegerin hervor. Ihr Ansatz: Das Zielpublikum soll physisch in Kontakt mit Holz kommen. Denn erst, wenn man Holz riechen und berühren kann, lässt sich erleben, wie faszinierend es ist. Der konkrete Vorschlag der Werber: lebensechte Statuen von bekannten Schweizer Persönlichkeiten aus verschiedenen helvetischen Holzarten schaffen und sie dann während eines ganzen Jahres publikums- und medienwirksam in Szene setzen.

Die Idee des Holzfigurenkabinetts gefiel und wurde mit grossem Echo umgesetzt. 320 Medienberichte machten die Kampagne 2017 zum Thema – von der SRF «Tagesschau» bis zur Berner Oberländer «Jungfrau Zeitung». Gratispublizität im Wert von rund 4,77 Millionen Franken, wie die Kampagnenmacher berechnet haben. Vor diesem Hintergrund war das #WOODVETIA-Budget von 2,25 Millionen Franken also höchst erfolgreich ausgegebenes Geld. Das positive Echo auf die Kampagne benötigt allerdings noch weiteren Elan, damit es sich in steigenden Verkaufszahlen für einheimisches Holz niederschlägt.

Bewegung in der Holzbranche

Die «Aktion für mehr Schweizer Holz» sorgte nicht nur in der Öffentlichkeit für Aufsehen, sie zeigte auch gegen innen Wirkung. «Die Kampagne hat Bewegung in die Branche gebracht und viel Dynamik unter den verschiedenen Akteuren ausgelöst», bilanziert Regina Weber von Holzindustrie Schweiz, der Dachorganisation der Schweizer Säger und verwandter Betriebe. Auslöser für den neuen Schwung waren die «Tage des Schweizer Holzes», sozusagen eine Verstärkung von #WOODVETIA. Im vergangenen September gaben rund 200 Betriebe Einblick in ihre Tätigkeit rund ums Holz – von der Waldbewirtschaftung über das Verarbeiten der Stämme in der Sägerei bis zur Veredelung des einheimischen Rohstoffes im Holzbau. Nicht zuletzt sollte den Besucherinnen und Besuchern dieser Tage der offenen Türen bewusst werden, dass viele Arbeitsplätze von Schweizer Holz abhängen. Die unterschiedlichen Akteure spannten an 27 Standorten in der ganzen Schweiz zusammen – und lernten sich bei der Öffentlichkeitsarbeit zum Teil überhaupt erst kennen.

«Wir haben bei der Organisation dieser Anlässe Partner getroffen, zu denen wir bisher kaum Kontakt hatten», erzählt Stefan Flückiger, Forstmeister der Burgergemeinde Bern. Die grösste Waldeigentümerin der Region arbeitete für die «Tage des Schweizer Holzes» mit einer Sägerei und zwei Holzbaufirmen zusammen. Durch die gemeinsame Aktion, so Flückiger, seien persönliche Vertrauensverhältnisse entstanden, auf die man künftig auch in Geschäftsbeziehungen bauen könne.

Alle im gleichen Boot

An Vertrauen und gegenseitigem Verständnis hat es in der Schweizer Holzbranche bis anhin offensichtlich gefehlt. Dies, obwohl man annehmen müsste, die verschiedenen Akteure sässen im selben Boot. Die Gründe für das distanzierte Verhältnis sind vielschichtig – von historischen Rivalitäten bis zu den fehlenden Berührungspunkten in der Ausbildung. Kommt dazu, dass nicht alle Glieder der Wertschöpfungskette gleich stark davon profitieren, dass Holz als Baumaterial boomt, stammt doch die Hälfte des verbrauchten Holzes aus dem Ausland.

Dem müsste nicht so sein, beteuert Heinz Beer von der gleichnamigen Holzbaufirma mit 65 Mitarbeitenden in Ostermundigen (BE), der auch an der #WOODVETIA-Aktion mitmachte. Das neue Produktions- und Verwaltungsgebäude seiner Firma, zu dem er an den Holztagen die Türen öffnete, ist zu 81,5 Prozent aus Schweizer Holz gebaut. «Wir wollen als Firma vorleben, was wir auch unseren Kunden empfehlen.»

«Who is who» aus einheimischem Holz

20 Statuen umfasst das #WOODVETIA-Holzfigurenkabinett: von der Frauenrechtlerin Iris von Roten über die OL-Läuferin Simone Niggli-Luder bis zum Clown Dimitri und zum Forscher Auguste Piccard. Die vom Zürcher Künstler Inigo Gheyselinck geschaffenen Kunstwerke verblüffen nicht nur durch ihre täuschend echte Machart, sie boten auch Stoff für viele Geschichten. Der verstorbene Musiker Polo Hofer etwa enthüllte seine Skulptur bei einem seiner letzten öffentlichen Auftritte vor dem Thunerseeschiff «Blüemlisalp». Das gleichnamige Bergmassiv spielt in seinem Hit «Alperose» eine zentrale Rolle. Jede der Statuen wurde aus einer anderen Holzart geschaffen. Das verwendete Holz stammte jeweils aus der Herkunftsregion der dargestellten Persönlichkeit. Für die Figur von Alfred Escher zum Beispiel kam eine 150 Jahre alte Eiche aus Regensdorf (ZH) zum Einsatz – eine Ehrerweisung an den Zürcher Bahnpionier, da zu seiner Zeit Bahnschwellen ausschliesslich aus Eiche hergestellt wurden. Die Escher-Skulptur reiste während 10 Monaten durchs ganze Land, fest auf einen Sitz montiert in einem Personenwagen der SBB und mit eigenem Generalabonnement.

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Letzte Änderung 16.05.2018

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