05.09.2022 – Die anhaltend hohen Temperaturen und Trockenheit im Juni, Juli und August führten zu tiefen Wasserständen, zu warmen Gewässern und zu einer hohen Waldbrandgefahr. So lagen die Wassertemperaturen deutlich und längere Zeit höher als sonst und zahlreiche Flüsse führen Niedrigwasser. Das BAFU informiert über die Auswirkungen der Hitzewelle und Trockenheit auf Flüsse, Seen, Grundwasser, Gletscher sowie Wälder und Tiere.
Flüsse und Seen
Wasserstand und Abfluss
Aufgrund der trockenen ersten Jahreshälfte 2022 und der unterdurchschnittlichen Niederschlagsmengen im Juli und bis Mitte August lagen die Pegel der Schweizer Gewässer verbreitet deutlich tiefer als sonst im Sommer. Mitte August verzeichneten zahlreiche kleinere und mittelgrosse Flüsse ein Niedrigwasser, welches statistisch gesehen alle zwei bis zehn Jahre, teilweise auch seltener auftritt. Eine Ausnahme bildeten die Gebirgsflüsse in Gletschereinzugsgebieten, wo Schmelzwasser die Pegel tagsüber deutlich ansteigen liess.
Auch an grossen Flüssen wie Aare, Limmat, Reuss und Rhein wurden markant unterdurchschnittliche Pegelstände gemessen. Die Wasserstände vieler Seen waren tiefer als sonst in den Sommermonaten üblich. Stark unterdurchschnittliche Wasserstände wiesen der Vierwaldstätter-, der Walen-, und der Bodensee sowie der Lago Maggiore und der Lago di Lugano auf.
Seit Sommerbeginn hatten vereinzelt auftretende heftige Gewitter kleinere und mittelgrosse Flüsse kurzzeitig stark ansteigen lassen. Besonders betroffen war der Oberlauf der Emme am 4. Juli 2022 mit dem Gebiet ums Kemmeribodenbad.
Die teils kräftigen Schauer und Gewitter ab dem 17. August 2022 führten in den betroffenen Gebieten zu angestiegenen Abflüssen, insbesondere in kleineren Gewässern. Die Niedrigwassersituation entspannte sich vorübergehend etwas. Insbesondere in vielen grösseren Flüssen und Seen bleiben die Wasserstände jedoch weiterhin auf tiefem Niveau. Es benötigt mehrere Tage anhaltenden Regen in der ganzen Schweiz, bis sich die Lage in allen Regionen und insbesondere in den oben genannten Seen normalisiert.
Wassertemperaturen
Im Juli und im August lagen die Wassertemperaturen der Schweizer Flüsse wie schon im Juni sehr hoch und über den langjährigen saisonalen Durchschnittswerten.
An einigen Messstellen überschritten die Temperaturen die 25-Grad-Marke und es wurden auch neue Juli- und August-Höchstwerte verzeichnet. Teilweise wurden gar neue Rekordwerte erreicht. Auch Anfang September lagen die Wassertemperaturen vielerorts höher als sonst zu dieser Jahreszeit.
Die hohen Wassertemperaturen hatten verschiedene Gründe:
- Die Schneeschmelze war im Juni 2022 vielerorts bereits bis in die obersten Höhenlagen weit fortgeschritten oder sogar abgeschlossen. Somit floss nur sehr wenig kaltes Schmelzwasser aus den Bergen. Eine Ausnahme bilden Flüsse, die einen hohen Anteil an Gletscherschmelze aufweisen.
- Aufgrund der Trockenheit führten die Flüsse weniger Wasser. Dieses erwärmte sich schneller.
- Die erste Hitzewelle trat früh im Jahr auf und die Lufttemperaturen blieben über lange Zeit hoch.
Grundwasser
Im Zuge der Niederschlagsentwicklung der letzten Monate lagen im August verbreitet tiefe Grundwasserstände und Quellabflüsse mit uneinheitlicher Tendenz vor. Grundwasser reagiert generell langsamer als Flüsse und Seen. Jedoch führen Starkniederschläge vor allem in oberflächennahen Grundwasservorkommen ausserhalb der Flusstäler jeweils kurzfristig zu steigenden Grundwasserständen und Quellabflüssen.
Auswirkungen auf die Wasserversorgung
Grundsätzlich verfügt die Schweiz über genügend Wasserreserven. 80% des Trinkwassers werden aus Grundwasser gewonnen, der Rest aus Seen. Auch bei tiefen Verhältnissen steht in den grossen Grundwasservorkommen noch ausreichend Grundwasser zur Verfügung. Bei kleineren lokalen Grundwasservorkommen und Quellen können in Trockenperioden Engpässe entstehen. Immer wieder kommt es daher zu Aufrufen zum Wassersparen.
In der Regel stützen sich die Gemeinden aber auf verschiedene Standbeine. Die Trinkwasserversorgung ist – auch aufgrund bestehender Verbundlösungen – in Trocken- und Niedrigwasserperioden landesweit gesichert.
Auch in Zukunft wird es in der Schweiz genug Wasser geben. Die Verfügbarkeit über das Jahr kann aber schwanken. Auch in der Schweiz sind deshalb Anpassungen auf verschiedenen Sektoren wie der Trinkwasserversorgung (siehe oben) oder in der Landwirtschaft an diese Veränderungen nötig.
Auswirkungen auf Wasserlebewesen und weitere Tiere
In flachen Gewässern kann die Temperatur sehr rasch ansteigen, vor allem dann, wenn keine Ufervegetation vorhanden ist und somit Schatten fehlt. Ein längerer Aufenthalt bei hohen Wassertemperaturen (mehr als 22 bis 25 °C, über mehrere Stunden/Tage) kann bei Fischen, vor allem bei kälteliebenden Arten, wie z.B. lachsartigen Fischen (Äschen, Forellen), Stress verursachen und sogar zum Tod führen. Bei hohen Wassertemperaturen sinkt die Sauerstoffkonzentration im Wasser, gleichzeitig steigt der Sauerstoffbedarf der Fische. Je nach Fischart und Temperatur stellen die Fische die Nahrungsaufnahme ein. Durch den Hitzestress steigt zudem das Risiko für Infektionen und Krankheiten.
Wenn es zu wenig Wasser hat und/oder das Wasser zu warm wird, können die kantonalen Behörden Fische ausfischen und in kühlere Zonen bringen. Solche sogenannten Notabfischungen wurden bereits an etlichen Fliessgewässern der Schweiz durchgeführt. Sie sind aber nicht unproblematisch. Abfischungen und Transport bedeuten auch Stress für die Fische und es fehlt teilweise an geeigneten Stellen für die Umsiedlung. Andernorts werden Bachmündungen und Grundwasseraufstösse künstlich ausgebaut, damit die Fische in kühlere Gebiete ausweichen können. In naturnahen Gewässern sind die Probleme weniger akut, dort können Fische in kühlere, wasserreichere Abschnitte wandern. Das zeigt, wie wichtig renaturierte oder natürliche Gewässer sind.
Hitze und die Trockenheit machen auch manchen Tieren, die nicht im Wasser leben, Probleme. Wildtiere an Land passen sich zwar der Hitze an, suchen Schatten und sind über Tag weniger aktiv. Solange sie Zugang zu Wasser haben, entstehen für sie keine grösseren Probleme. Besonders Vögel und Kleinsäuger wie Igel finden aber häufig kein Wasser. Wer ihnen etwas Gutes tun will, stellt Wasser zur Verfügung, an einer vor Feinden sicheren Stelle.
Gletscher
Der Winter 2021/2022 war sehr schneearm. Deshalb liegt in den Alpen weniger Schnee als üblich. Zusätzlich schmelzen die Gletscher in diesem Sommer wegen der Hitze besonders stark. Sollten die Temperaturen hoch bleiben, dürfte dieser Vorgang in den kommenden Wochen andauern. Dabei verlieren die grossen Gletscher weniger stark an Masse als die kleinen, weniger mächtigen Gletscher. Eine erste Einschätzung der Gletscherschmelze 2022 wird erst im Oktober möglich sein, wenn die Messdaten analysiert sein werden. Die definitive Bilanz wird Ende Jahr nach Auswertung der glaziologischen Daten erstellt.
Waldbrandgefahr
Hitze und Trockenheit haben die Waldbrandgefahr in vielen Gebieten der Schweiz ansteigen lassen. Informationen zur aktuellen Lage sind in der Übersicht des Bundesamtes für Umwelt BAFU unter www.waldbrandgefahr.ch zu finden.
Verschiedene Kantone haben angesichts der steigenden Waldbrandgefahr Massnahmen erlassen, um Brände zu vermeiden. So verbieten verschiedene Kantone angesichts des heissen und trockenen Wetters das Feuern im Wald oder in Waldesnähe. Einige Kantone verbieten Feuer im Freien angesichts der Gefahr vollständig.
Informationen zu den Massnahmen sind bei den zuständigen Fachstellen des Kantons oder der Gemeinde einzuholen.
Ausgiebiger und anhaltender Regen kann die Waldbrandgefahr mildern. Die Behörden verfolgen die Lage und informieren laufend.
Luft: Aktuelle Ozon-Situation
Lange Schönwetterperioden ohne Wind führen oft zu Ozon in der Luft (Sommer-Smog). Mit der Hitze überstiegen wie bereits in den vergangenen Jahren die Ozonwerte auf der Alpennordseite im Juni die Immissions-Grenzwerte an mehreren Tagen. Besonders betroffen war der Süden der Schweiz mit Werten über 200 µg/m³ (Grenzwert 120 µg/m³) ab Mitte Juli 2022.
Empfindliche Personen sollten körperliche Aktivitäten am ehesten morgens ausüben, wenn die Ozonwerte am tiefsten sind. Weiterführende Informationen rund um Ozon:
Welche Verbindung besteht zwischen Hitzewellen und dem Klimawandel?
Mit dem Klimawandel werden Hitzewellen, häufiger länger und intensiver. Die Klimaszenarien CH2018 zeigen, dass bei weiter steigenden Treibhausgasemissionen ein durchschnittlicher Sommer Mitte des Jahrhunderts 4.5°C, die heissesten Tage sogar 5.5°C wärmer sein werden als heute. Auch die Anzahl Hitzetage mit Temperaturen über 30°C könnte sich in Schweizer Städten bis ins Jahr 2035 fast verdoppeln und bis ins Jahr 2060 fast verdreifachen (vgl. Tabelle).
1995 | 2035 | 2035 | 2060 | 2060 | |
---|---|---|---|---|---|
Beobachtung | Mittlere Schätzung | Bandbreite | Mittlere Schätzung | Bandbreite | |
Basel Zentrum (Klingelbergstrasse) | 9.9 | 16.9 | 13.8-23.5 | 26.8 | 21.0-39.6 |
Bern Zentrum (Bollwerk) |
10 | 19.8 | 14.9-27.5 | 29.7 | 24.1.47.1 |
Genève Zentrum (Prairie) |
13.2 | 23.2 | 19.7-29.1 | 36 | 28.2-51.9 |
Lausanne Zentrum (César-Roux) |
9.1 | 17.6 | 15.5-25.2 | 29.6 | 21.4-43.7 |
Zürich Zentrum (Kaserne) |
12.7 | 22.4 | 18.2-27.8 | 31.2 | 26.1-46.1 |
Anzahl Hitzewellen (PDF, 20 kB, 26.07.2022)Anzahl Hitzewellen pro Jahr mit mindestens sieben aufeinanderfolgenden Hitzetagen (Tageshöchsttemperatur über 30 Grad. Datenquelle CH2018 (Szenario RCP8.5). Die Balken kennzeichnen die obere (95. Perzentil) und die untere (5. Perzentil) Schätzung, die horizontale schwarze Linie den Median.
Eine Auswertung im Rahmen der Untersuchungen im Nachgang zum Sommer 2018 verdeutlicht die Zunahme von Hitzewellen als Folge des Klimawandels. Hitzeperioden mit sieben aufeinanderfolgenden Hitzetagen kamen in der Periode von 1980 bis 2009 in Zürich und Basel ungefähr jedes zehnte Jahr, in Lugano ungefähr jedes fünfte Jahr und in Genf jedes zweite Jahr vor.
Bereits in der aktuellen Periode 2010 bis 2039 kommt es in den genannten Städten häufiger zu solchen Hitzeperioden. Bis Mitte des Jahrhunderts dürften sie in Lugano, Basel und Genf im Mittel sogar jedes Jahr auftreten, in Zürich ungefähr jedes zweite.
Neue Warnung des Bundes vor Trockenheit
In Zukunft ist mit dem Klimawandel mit mehr Hitzewellen und Trockenphasen im Sommer zu rechnen. Der Bundesrat hat deshalb am 18. Mai 2022 den zuständigen Bundesstellen BAFU, MeteoSchweiz, WSL und Swisstopo den Auftrag erteilt, ein nationales System zur Früherkennung und Warnung von Trockenheit aufzubauen. Es sollen flächendeckende Informationen zum aktuellen Zustand sowie Vorhersagen zur Trockenheit für die gesamte Schweiz zur Verfügung stehen.
Diese Informationen sollen die Bedürfnisse der verschiedenen Sektoren abdecken. So können diese vorsorglich Massnahmen ergreifen. Es geht beispielsweise um die Planung der Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen, um die Planung von Alternativen zur Rheinschifffahrt oder darum, Fische vorsorglich in wasserreichere Flüsse oder Bäche zu bringen.
Von den Informationen und Vorhersagen sowie den Warnungen vor Trockenheit werden verschiedene Wirtschaftssektoren und auch die Umwelt profitieren. Diese Informationen werden die Sicherheit der Gesellschaft verbessern: Dank ihnen können Schäden und Engpässe bei der Grundversorgung vermieden bzw. minimiert werden. Die Trockenheitswarnung soll 2025 für die Öffentlichkeit verfügbar sein.
Weiterführende Informationen
Letzte Änderung 05.09.2022