16.07.2024 - Wiederkehrende Niederschläge im Juni und Juli 2024 haben vielerorts zu Hochwasser geführt. Der Pegel des Bodensees lag seit Anfang Juni über der Hochwassergrenze und Starkniederschläge und Gewitter haben in der zweiten Junihälfte insbesondere im Wallis und Tessin Flüsse und Bäche extrem ansteigen lassen. Überschwemmungen und Murgänge haben grosse Schäden an Siedlungen und Infrastruktur verursacht. Es kamen mehrere Menschen ums Leben. Die Bewältigung und Aufarbeitung dieser Ereignisse wird viel Zeit beanspruchen. Eine erste Einordnung aus hydrologischer Sicht ist jedoch schon möglich.
- Viel Regen und starke Schneeschmelze
- Anfang Juni: Hochwasser am Bodensee und in anderen Regionen der Schweiz
- 21. Juni: Hochwasser im Wallis und Misox
- Hochwasser-Messwerte der Ereignisse im Sommer 2024 und Vergleich mit den Gefahrenstufen
- 29./30. Juni 2024: Überschwemmungen im Wallis und Maggiatal
- 7. Juli 2024: Sehr viel Regen und Hochwasser im Südtessin und in Graubünden
- Achtung Sommer!
Der Frühling 2024 war schon regnerisch. Und auch im Juni 2024 hatte es immer wieder geregnet. Es waren nicht immer dieselben Regionen betroffen, und zwischendurch gab es auch trockene Sommertage. Aufgrund der wiederkehrenden Niederschläge und teilweise heftigen Gewitter blieben die Pegel der Gewässer erhöht und die Böden nass. Einige sonnige Tage reichten nicht, um die Böden wieder abzutrocknen und die Situation in den Gewässern überall zu entspannen. Daher stiegen die Flüsse und Seen bei den einzelnen Niederschlagsereignissen rasch und stark an.
Viel Regen und starke Schneeschmelze
Hinzu kam, dass bis im Juni in höheren Lagen für die Jahreszeit überdurchschnittlich viel Schnee lag, der aufgrund der kühlen Witterung im Frühling lange nicht geschmolzen war. Nach den wärmeren Tagen in der zweiten Juni-Hälfte war die Schneedecke durchfeuchtet und «abflussbereit». Bei den Ereignissen in der zweiten Juni-Hälfte war aufgrund der hohen Schneefallgrenze eine starke Schneeschmelze hinzugekommen, die – insbesondere im Einzugsgebiet der Rhone – massgebend zu den grossen Abflussmengen beigetragen hatte.
Anfang Juni: Hochwasser am Bodensee und in anderen Regionen der Schweiz
Seit Ende Mai kam es in mehreren Regionen der Schweiz zu Hochwasser und Überschwemmungen: Verschiedene Niederschlagsereignisse liessen u.a. in der Ost- und Nordostschweiz sowie im Berner Oberland die Pegel der Gewässer immer wieder ansteigen. Da nicht immer dieselbe Region vom Regen betroffen war, konnte sich die Situation mancherorts zwischenzeitlich wieder entspannen.
Rund die Hälfte der BAFU-Messstationen verzeichnete seit Ende Mai 2024 ein Hochwasser mit einer Wiederkehrperiode von zwei oder mehr Jahren (siehe Tabelle und Karte unten).
Bereits seit Anfang Juni ist der Bodensee und dessen Ausfluss am Rhein bewarnt. Der Pegel des Bodensees (Untersee) bei Berlingen lag seit dem 4. Juni im Bereich der Gefahrenstufe 4, am Obersee bei Romanshorn wurde am 8. Juni die Gefahrenstufe 4 erreicht. Seither lag er nur an wenigen Tage zwischenzeitlich im Bereich der Gefahrenstufe 3. Der Höchststand wurde am 11. bzw. 12. Juni erreicht, mit 397.31 m ü.M. am Obersee und 397.00 m ü.M. am Untersee. Dieser Wasserstand entspricht statistisch gesehen etwa einem 10-jährlichen Hochwasser. Er lag in einem ähnlichen Bereich wie beim Hochwasser im Sommer 2016, aber tiefer als beim bisher grössten Ereignis im Frühling 1999.
Inzwischen liegt der Bodensee wieder unterhalb der Hochwassergrenze, aber immer noch in der Gefahrenstufe 3. Es wird - je nach Witterungsverlauf den Sommer über - mehrere Wochen dauern, bis er sich wieder auf einem für die Jahreszeit normalen Stand befinden wird. Entsprechend wird auch der Rhein unterhalb des Bodensees noch einige Zeit Hochwasser führen.
Mehr Informationen zum Hochwasser am Bodensee und am Rheinfall sind in folgendem Beitrag zu finden:
21. Juni: Hochwasser im Wallis und Misox
Am 21. Juni führten heftige Gewitter im Wallis, aber auch an zahlreichen Flüssen in Graubünden und im Tessin und den angrenzenden Regionen zu Hochwasser und Überschwemmungen. An der Moesa bei Lumino wurde mit 649 m3/s ein Abflusswert beobachtet, welcher der Gefahrenstufe 5 (sehr grosse Gefahr) und einem Ereignis entspricht, das statistisch gesehen alle 50 bis 100 Jahre vorkommt. Dies ist ein neuer Höchstwert in der 43-jährigen Messreihe dieser Station. An zahlreichen anderen Flüssen der betroffenen Regionen wurden 10- bis 30-jährliche Hochwasser verzeichnet (vgl. Tabelle mit den höchsten Hochwasser-Messwerten weiter unten). So auch bei der Rhone im Wallis, wo der Pegel an mehreren Stationen die Gefahrenstufe 4 erreichte (siehe Grafik unten).
Weitere Informationen zum Ereignis vom 21. Juni 2024
MeteoSchweiz-Blog vom 22.06.2024: Rückblick auf die Gewitterlage vom 21. Juni 2024 auf der Alpensüdseite
Hochwasser-Messwerte der Ereignisse im Sommer 2024 und Vergleich mit den Gefahrenstufen
29./30. Juni 2024: Überschwemmungen im Wallis und Maggiatal
Vom 28. bis 30. Juni zogen erneut heftige Gewitter über die Schweiz. Besonders betroffen waren wiederum das Wallis (v.a. Goms, Binntal, Matter- und Saastal sowie Rhonetal) und das Tessin (Maggiatal und dessen Seitentäler). Im oberen Maggiatal fielen innerhalb von 24 Stunden rund 200 Liter Regen pro Quadratmeter.
Aufgrund der extremen Regenfälle mit sehr hohen Intensitäten und einer starken Schneeschmelze stiegen die Gewässer sehr rasch an und traten mancherorts über die Ufer, so z.B. die Matter Vispa, der Triftbach im Saastal, die Rhone im ganzen Wallis sowie die Maggia im Tessin.
Eine erste Einordnung der Messwerte in die Hochwasserstatistik ergibt folgendes Bild:
- 100- bis 300-jährliches Ereignis: Rhone-Reckingen, Reuss-Andermatt
- 50- bis 100-jährliches Ereignis: Rhône-Sion, Rhône-Branson und Rhône-Porte du Scex sowie Maggia-Bignasco
An diesen Stationen sowie an der Rhone bei Brig stellen diese Abflussspitzen neue absolute Höchstwerte für die jeweilige Messperiode dar.
Weitere Flüsse im Wallis und Tessin führten an diesen Tagen Hochwasser, jedoch entsprechen die Messwerte kürzeren Wiederkehrperioden. Eine detaillierte Zusammenstellung aller Hochwasser-Messwerte an den BAFU-Stationen ist weiter oben zu finden.
Weitere Informationen zum Ereignis vom 29./30. Juni 2024
7. Juli 2024: Sehr viel Regen und Hochwasser im Südtessin und in Graubünden
Starkregen und Gewitter – wiederum kombiniert mit einer hohen Schneefallgrenze - hatten auch am Wochenende des 6./7. Juli Hochwasser zur Folge. Der Schwerpunkt der Regenfälle lag diesmal im Südtessin und im Engadin.
Im Laufe des 7. Juli führten kleinere Flüsse im Tessin Hochwasser. So zum Beispiel die Breggia in Chiasso, die mit einem Abfluss von etwa 138 m3/s in die Gefahrenstufe 3 anstieg. Dieser Abfluss entspricht bei der Breggia einem 10- bis 30-jährlichen Hochwasser. Stark angestiegen waren auch die Flüsse im Engadin und in weiteren Regionen des Kantons Graubünden. So wurde etwa am Inn bei Tarasp ein Abfluss von 333 m3/s im Bereich der Gefahrenstufe 3 beobachtet, was einem 10- bis 30-jährlichen Ereignis entspricht. Der Dischmabach bei Davos verzeichnete mit einem Abfluss von 21 m3/s ein 50- bis 100-jährliches Hochwasser im Bereich der Gefahrenstufe 5.
Die höchsten Abflusswerte der betroffenen Flüsse sowie die Einordnung in die Statistik sind auch für dieses Ereignis in der weiter oben verlinkten Zusammenstellung enthalten.
Achtung Sommer!
Es scheint, als ob das ersehnte Sommerwetter nun doch noch kommt. Da gilt es Folgendes zu beachten: Die grossen Abflussmengen der Flüsse bringen auch hohe Strömungsgeschwindigkeiten mit sich. Hochwasser führende Flüsse können ausserdem trüb sein, Gefahrenstellen sind daher weniger gut sichtbar. Ausserdem sind die Gewässer zurzeit für die Jahreszeit relativ kalt. Beim Schwimmen in Flüssen ist daher besonders grosse Vorsicht geboten.
Die aktuellen Messwerte, Wasserstands- und Abflussvorhersagen und Hochwasserwarnungen sind zu finden unter:
Die Warnungen des Bundes vor Naturgefahren sind ebenfalls publiziert auf dem Naturgefahrenportal des Bundes sowie auf der App von MeteoSchweiz:
naturgefahren.ch: Naturgefahrenportal des Bundes
Lokale und regionale Warnungen der Kantone sind auf Alert Swiss und der dazugehörigen App publiziert:
Dieser Rückblick bietet eine erste Einordnung der Ereignisse aus hydrologischer Sicht. Die Überprüfung der Hochwasser-Messwerte, aber insbesondere die Analyse der Folgen des Unwetters bezüglich Massenbewegungen (Rutschungen und Murgänge), Schäden sowie der umgesetzten Massnahmen benötigt mehr Zeit. Eine umfassende Ereignisanalyse der Bundesstellen in Zusammenarbeit mit den betroffenen kantonalen Fachstellen ist in Planung.
Weiterführende Informationen
Links
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Letzte Änderung 16.07.2024