Torffreie Sackerden: Die Erfolgsgeschichte soll fortgesetzt werden

31.03.2021 - Der Frühling lockt Herrn und Frau Schweizer in den Garten. Ob Familien mit Einfamilienhaus auf dem Land, Seniorinnen und Senioren im Schrebergarten oder Studierende beim Urban Gardening: Seit 2020 gärtnern die meisten Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner ohne Torf. Dies ist unter anderem einer Kooperation zwischen den Branchenakteuren und dem Bund zu verdanken.

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Wie Torf aus den Sackerden entfernt wurde

Die Kooperation zwischen den Branchenakteuren und dem Bund hat bezüglich Torf in Sackerden sehr gut funktioniert. Dies nicht zuletzt aufgrund der besonderen Ausgangslage: Schlüsselakteure wie beispielsweise Coop und Migros sowie der Erdenhersteller RICOTER, waren bereits vor 2016 daran, Massnahmen zur Torfreduktion aufzugleisen. Deren Erfahrungen sowie das Engagement aller Unterzeichnenden der Absichtserklärung haben es ermöglicht, zusätzliche Akteure entlang der Lieferkette zu gewinnen und das torffreie Substratangebot für den Hobbybereich auszubauen.

«Mit dem Verzicht auf Torf in Sackerden ermöglichen wir unseren Kundinnen und Kunden umweltfreundliche Gärtnerfreuden.»

Sascha Behnemann, verantwortlicher Bereichsleiter für Blumen und Pflanzen bei Lidl Schweiz

Ausserdem haben die gesellschaftlichen Trends wie Klimajugend und Urban Gardening den Torfausstieg im Bereich Sackerden unterstützt. Ein wachsendes Umweltbewusstsein und nicht zuletzt Corona haben der Hobbygärtnerbranche Aufschwung verliehen. Dies ist eine gute Ausgangslage, um den Torfausstieg in weiteren Bereichen, insbesondere im produzierenden Gartenbau und Gartenhandel, voranzutreiben.

«Anfang 2020 haben viele Gärtnerbetriebe unter den Folgen der Coronamassnahmen gelitten. Grossmehrheitlich hat sich daraus aber doch ein erfreuliches Gärtnerjahr entwickelt: Die Leute hat es in die Gärten gezogen, sie haben Pflanzen und Erde gekauft und der Gärtnerbranche somit zu einer positiven Geschäftsbilanz des Corona-Jahres 2020 verholfen.»

Josef Poffet, Bereichsleiter Produktion/Handel bei Jardin Suisse

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Sackerden der Unterzeichnenden der Absichtserklärung sind grösstenteils torffrei
© BAFU

Der Torfausstieg bei Sackerden in Zahlen

Die Sackerden, die von den unterzeichnenden Unternehmen verkauft werden, enthielten in 2020 noch knapp 4 % Torf. Der Marktanteil der Sackerden der Unterzeichnenden der Absichtserklärung betrug im Zieljahr 2020 rund 90 %. Branchenakteure und das BAFU arbeiten an der Umsetzung des Torfausstiegskonzepts des Bundesrates von 2012 und ergreifen auch in anderen Anwendungsbereichen Massnahmen zur Reduktion des Torfverbrauchs.

«Jetzt, wo wir das Ziel zum Torfausstieg in Sackerden gemeinsam erreicht haben, gilt es, den Torfanteil auch weiterhin tief zu halten: Zum Schutz der Biodiversität in Moorlandschaften und fürs Klima.»

Jérôme Meyer, Landesgeschäftsführer der ALDI SUISSE AG

Grafik Gesamtmenge verarbeitete Erdsubstrate inklusive Torfanteil in Sackerden für den Hobbybereich
Gesamtmenge der verarbeiteten Erdsubstrate inkl. Torfanteil in Sackerden für den Hobbybereich. (Daten: Coop, Ernst Meier AG, Jumbo AG, Landi Schweiz AG, Lidl Schweiz AG, Migros Genossenschaftsbund MGB, Aldi Suisse AG, Compo Jardin AG, ökohum GmbH, RICOTER Erdaufbereitung AG).
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Der Torfanteil in den Sackerden der beteiligten Unternehmen konnte bereits zwischen 2016 und 2018 halbiert werden. Von 2018 bis 2020 hat eine weitere Halbierung auf rund 4 % Torfanteil stattgefunden. Trotz der starken Zunahme der verarbeiteten Menge an Erdsubstraten hat die absolute Torfmenge 2020 im Vergleich zu 2015 um knapp 23'000 m3 abgenommen. Dies entspricht jährlich einer Torfschicht von 1 m Höhe auf 3.2 Fussballfeldern.

«Ein Moor kann nicht wieder renaturiert werden: Ein gesundes Moor wächst ein Millimeter pro Jahr, die darin enthaltenen Torfmoose sind bis zu 2000 Jahre alt. Dies treibt uns an, in Erdsubstraten Torf-Ersatzstoffe einzusetzen.»

Frank Engesser, Berater Produktion und Gartenbau bei ökohum GmbH

«Uns ist wichtig, dass wir auch die Umweltwirkungen, die pflanzenbaulichen Eigenschaften und die Regionalität der Ersatzstoffe, mit welchen der Torf ersetzt wird, berücksichtigen: Jetzt wo Torf weg ist, müssen lokale Ersatzstoffe für Erdsubstrate gefördert werden.»

Beat Sutter, Geschäftsführer RICOTER Erdaufbereitung AG

Wie kann der Torfausstieg weiter vorangetrieben werden?

Der Erfolg mit den Sackerden erlaubt den nächsten Schritt mit der eigenverantwortlichen Torfreduktion im Bereich produzierender Gartenbau und Gartenhandel. Während die Branche in der Stauden- und Baumschulproduktion die Verwendung von Torf schon stark reduziert hat, ist der Prozess bei der Produktion von Zierpflanzen noch in vollem Gange: Die Produktion muss aufgrund der abweichenden Eigenschaften der torffreien Erdsubstrate angepasst werden. Dies ist herausfordernd, weil die Kultursicherheit abnimmt und die Branche gleichzeitig einem hohen Preisdruck ausgesetzt ist. Eine weitere Hürde ist die grösstenteils noch fehlende Information zum Torfgehalt bei Importprodukten.

«Der unproblematische Torfausstieg bei Hobbyerden darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Torfreduktion im professionellen Zierpflanzenanbau deutlich komplexer ist.»

Erwin Meier Honegger, Geschäftsführer Ernst Meier AG

Studien und Praxistests im Auftrag des Bundes haben gezeigt, wie die torffreie Produktion möglich ist. Das BAFU unterstützt Betriebe bei der Umstellung mit einem Beratungsangebot für Baumschulen und für den Zierpflanzenbau. Auch engagierte Branchenakteure und Erdenhersteller fördern die Torfreduktion im professionellen Gartenbau über Testkulturen und stellen ihr grosses Wissen im Rahmen von Kundenberatungen zur Verfügung.

«Mit dem Torfausstieg bei Sackerden ist ein erster Meilenstein erreicht. Die Reise ist damit jedoch nicht abgeschlossen: Wir engagieren uns weiter im Torfausstieg bei Zierpflanzen.»

Lukas Frey, Category Manager Gartenhartwaren bei Coop

Torffreie Pelargonien
© T. Ruprecht

Was können Konsumentinnen und Konsumenten dazu beitragen, den Torfanteil auch in Topfpflanzen zu reduzieren?

Aufgrund der Herausforderungen in der Produktion, des Preisdrucks sowie des hohen Importanteils ist das Angebot an torffreien Topfpflanzen eingeschränkt. Wenn torffreie Pflanzen im Angebot sind, kann davon ausgegangen werden, dass diese angeschrieben sind. Einen grossen Anteil an torffreien oder zumindest torfreduzierten Pflanzen findet man in kleinen Gärtnereien, insbesondere im Bereich Wildpflanzen und Stauden.

Orientierung bei Pflanzen mit tiefem Torfanteil bietet ebenfalls das Bio-Knospe-Label: Bereits torffrei sind alle biologisch produzierten einheimischen Wildpflanzen, und bis 2025 sollen Beet- und Balkonpflanzen sowie Stauden folgen. Der Torfgehalt kann aktuell bei den nach Bio-Knospe-Label produzierten Topfpflanzen inklusive Kräuter bis zu 50 %, bei Anzuchtsubstraten für Jungpflanzen (bspw. Setzlinge) bis zu 70 % betragen. Es ist deshalb wichtig, dass Konsumentinnen und Konsumenten im Gartenhandel torffreie Topfpflanzen nachfragen und dadurch klar machen, dass ein Bedarf besteht.

«Da der Migros die Natur und das Gärtnern am Herzen liegen, haben wir den Torfausstieg vorangetrieben. Seit einigen Jahren verzichten wir auf Torf in unseren Sackerden. Helfen auch Sie mit, die Gärten, Beete und Blumentöpfe der Schweiz noch nachhaltiger zu gestalten und die Biodiversität sowie das Klima zu schützen.»

Mirjam Sacchelli, Fachspezialistin Nachhaltigkeit beim Migros-Genossenschafts-Bund

Wie können Sie den Torfausstieg unterstützen?

  • Achten Sie sowohl bei Sackerden als auch bei Pflanzen auf die Bezeichnung torffrei. Auch bei Bio-Produkten gilt es genau hinzuschauen.
  • Fragen Sie beim Personal nach torffreien Produkten, sowohl bei Sackerden als auch bei Pflanzen.
  • Verwenden Sie im Garten und auf dem Balkon einheimische Pflanzen. Diese sind gut an die hiesigen eher kalkhaltigen, alkalischen Bodenverhältnisse angepasst und brauchen keine sauren Torfsubstrate.
  • Achten Sie bei Sackerden auf Torf-Ersatzstoffe aus regional angebauten, nachwachsenden Reststoffen mit geringer Konkurrenz anderweitiger Nutzung oder aus Abfallprodukten, wie zum Beispiel Rinden-, Maisstengeln oder Grüngutkompost.

Umweltbelastung durch den Abbau von Torf

Torf ist die Bezeichnung für trockengelegte Moorerde. Torf ist ein Naturprodukt, das nur sehr langsam neu gebildet wird: In Mooren entsteht jährlich rund 1 mm Torf. Um Torf abzubauen, werden Moore entwässert und dadurch wertvolle Lebensräume für Pflanzen- und Tierarten zerstört. Moore bilden ein einzigartiges Ökosystem für Arten, die nur in diesen Biotopen vorkommen. Moore bedecken zwar nur 3 Prozent der Erdoberfläche, speichern jedoch rund einen Drittel des im Boden eingelagerten Kohlendioxids. Damit übertreffen sie sogar die Speicherkapazität der Wälder. Kommt Torf mit Sauerstoff in Kontakt, wird es von sauerstoffzehrenden Organismen zersetzt. Dabei werden klimaschädliches Kohlendioxid und Lachgas freisetzt. Torf ist aufgrund von Transportierbarkeit, Verarbeitungseigenschaften und Wasserspeicherungsvermögen sehr beliebt. Allerdings besteht letzteres nur solange, bis der Torf von den Bodenorganismen abgebaut ist. Die positive Wirkung auf die Bodenstruktur und das Pflanzenwachstum ist daher nur von kurzer Dauer.

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Letzte Änderung 31.03.2021

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