Nachhaltiger Rohstoffumgang dank Phosphorrecycling
Phosphor ist ein lebenswichtiges Element und gehört zusammen mit Stickstoff und Kalium zu den wichtigsten Bestandteilen der Körperzellen und Knochen. Zudem ist die menschliche DNA – als Trägerin der Erbinformation – ebenfalls aus Phosphorsäure aufgebaut. Auch das Pflanzenwachstum basiert auf Phosphor – ein Weizenfeld von einer Hektare benötigt pro Saison 60 Kilogramm dieses Nährstoffs. In der Landwirtschaft ist Phosphor der Hauptbestandteil aller Düngerprodukte. In Kläranlagen und Verwertungsbetrieben für Schlachtabfälle und Tierkadaver entstehen grosse Mengen an Rückständen, die viel Phosphor enthalten und zurückgewonnen werden können.
Ab 2026 muss Phosphor aus Abwasser, Klärschlamm oder Klärschlammasche zurückgewonnen und beispielsweise als Dünger stofflich verwertet werden. Damit ist die einheimische Landwirtschaft in der Lage, ihren Bedarf am wertvollen Mineralstoff aus hiesigen Quellen zu decken, ohne Mineraldünger mit problematischer Herkunft und schädlichen Schwermetallen importieren zu müssen. Zudem schliesst sich mit dem Phosphorrecycling ein wichtiger Stoffkreislauf, primäre Phosphat-Vorräte werden geschont.
Phosphorhaushalt der Schweiz
Der wichtigste phosphorreiche Abfall ist das Abwasser. Rund 6’500 Tonnen Phosphor gehen in der Schweiz jährlich in diesem Abfallstrom verloren. Phosphor kann heute aus Abwasser und aus Klärschlamm sowie aus der Asche des Klärschlamms zurückgewonnen werden. In jedem Fall ist dieser seit dem Verbot der direkten Ausbringung des Klärschlamms in der Landwirtschaft thermisch zu behandeln. Der zweite wichtige phosphorreiche Abfallstrom sind die tierischen Nebenprodukte. Rund 1’200 Tonnen Phosphor gehen in der Schweiz jährlich über diese Abfälle in der Abfallwirtschaft verloren. Tierische Nebenprodukte weisen im Vergleich zu Klärschlamm hohe Phosphorkonzentrationen und geringe Verunreinigungen auf. Entsprechend lässt sich Phosphor in tierischen Nebenprodukten technisch vergleichsweise einfach stofflich verwerten.
Phosphordünger-Importe
Die Schweiz kann derzeit ihren Phosphorbedarf, insbesondere den Bedarf an Phosphordünger, nur mittels Importen aus dem Ausland decken. Es gibt keine primären Phosphorvorkommen in der Schweiz und die direkte Ausbringung des phosphorhaltigen Klärschlamms (KS) in die Landwirtschaft ist seit 2006 verboten. Die Phosphorimporte betragen jedes Jahr netto knapp 15’000 Tonnen Phosphor. Diese Abhängigkeit ist Anlass zur Sorge. Zwar stehen mittelfristig ausreichend Phosphaterze zur Verfügung, aber die Vorkommen konzentrieren sich auf wenige Länder und geopolitisch instabile Regionen. Die aus Primärvorkommen produzierten Phosphordünger weisen zudem Cadmium- und Urankonzentrationen auf, die im Fall von Cadmium die geltenden Grenzwerte überschreiten können.
Rechtliche Grundlagen
Das Bundesgesetz über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG, SR 814.01), das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG, SR 814.20), sowie die Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (Abfallverordnung, VVEA, SR 814.600) enthalten die grundsätzlichen Vorschriften für den umweltverträglichen Umgang mit Abfällen.
Artikel 15 Absatz 1 VVEA bildet die Grundlage für die Phosphorrückgewinnungspflicht und besagt, dass aus Abwasser, aus Klärschlamm zentraler Abwasserreinigungsanlagen oder aus der Asche aus der thermischen Behandlung von solchem Klärschlamm Phosphor zurückzugewinnen und stofflich zu verwerten ist. Gleiches gilt für den Phosphor in Tier- und Knochenmehl, das nicht als Futtermittel verwendet wird (Artikel 15 Absatz 2 VVEA).
Der Bundesrat hat mit Artikel 51 VVEA festgelegt, dass diese Rückgewinnungspflicht für Phosphor ab dem 1. Januar 2026 gilt. Die Verwertung muss nach dem Stand der Technik erfolgen (Artikel 12 Absatz 2 VVEA).
Möglichkeiten und Anforderungen der Phosphorrückgewinnung
Bei der Phosphorrückgewinnung aus Abwasser, Klärschlamm oder aus der Asche der thermischen Behandlung von Klärschlamm sowie aus Tier- und Knochenmehl handelt es sich um einen neuen Technologiezweig. Der Stand der Technik bei der Phosphorrückgewinnung lässt sich somit zum heutigen Zeitpunkt noch nicht anhand von Erfahrungswerten aus grosstechnischen Anlagen beschreiben. Auf der Basis diverser Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie der bestehenden rechtlichen Vorgaben wurden sinnvolle quantitative und qualitative Anforderungen hergeleitet, welche den derzeitigen Stand der Technik beschreiben.
Grundsätzlich soll so viel Phosphor aus dem jeweiligen Abfallstrom zurückgewonnen werden, wie nach dem Stand der Technik machbar ist. In der Schweiz soll langfristig mindestens so viel Phosphor zurückgewonnen werden, wie zurzeit mit Mineraldünger und chemischen Produkten importiert wird. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, ist eine Rückgewinnungsquote erforderlich. Das Vollzugshilfemodul Phosphorreiche Abfälle gibt den Kantonen und den betroffenen Organisationen der Wirtschaft einen Rahmen für einen möglichst einheitlichen Vollzug bei der Phosphorrückgewinnung. Es werden sowohl die Anforderungen aus der Gesetzgebung erläutert als auch der Stand der Technik bei der Phosphorrückgewinnung beschrieben.