Treppen für die Fische: Fischwanderungen: weg mit dem Hindernisparcours

Schweizer Flüsse und ihre Bewohner sind vielen Belastungen ausgesetzt. So wirken sich etwa der Klimawandel und die Wasserkraft unmittelbar auf die Wanderungen der Fische aus. Ihre Bewegungsfreiheit ist für die Tiere aber lebenswichtig. Zum Glück gibt es Lösungen.

Text: Stéphanie de Roguin

Naturnahes Umgehungsgewässer
Umgehungsgewässer schaffen Durchgänge für Fische

Fische wandern. Das tun alle Fische – sei es für die Nahrungssuche, zur Fortpflanzung oder um neue Lebensräume zu besiedeln. Einige Arten legen dabei jedes Jahr Dutzende oder sogar Tausende von Kilometern zurück. Doch diese lebensnotwendigen Wanderungen können für die Fische zu einem Hindernisparcours werden, wenn sie auf Schwellen oder Wasserkraftanlagen treffen.

Wenn die Fische flussaufwärts schwimmen, können Querverbauungen ihre Wanderung verlangsamen oder gar blockieren. Schwimmen sie flussabwärts, können solche Hindernisse den Fischen nicht nur den Weg versperren, sondern sie sogar in Turbinen treiben, wo sie sich womöglich verletzen oder sterben.

Achtung Klimawandel

Zu diesen Bedrohungen kommen die Auswirkungen des Klimawandels: «Bestimmte Gebiete sind für das Überleben der Fischarten unerlässlich. Wenn sie sich zu stark verändern, hat das zwangsläufig Auswirkungen auf die Bestände», erklärt Martin Huber Gysi, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Sektion Sanierung Wasserkraft des BAFU.

Besonders problematisch sind Trockenperioden. Dann sinken die Abflussmengen so stark, dass einige Flussabschnitte nur noch schwer passierbar sind. Bei Hochwasser wiederum besteht die Gefahr, dass Fische weggeschwemmt und – vor allem in Fliessgewässern mit vielen Hindernissen – in weniger günstigen Lebensräumen isoliert werden. Zudem setzen Hitzewellen viele Arten unter erhöhten Stress und zwingen sie dazu, in kühlere Gebiete abzuwandern. Das wiederum kann den Erfolg der Fortpflanzung und das Überleben der Jungtiere gefährden.

Zu sanieren: 1000 Anlagen

Nun schreibt das Bundesgesetz über die Fischerei bereits seit 1991 vor, dass alle neuen Wasserkraftanlagen die Wanderungen der Fische gewährleisten müssen. Doch: «Das Problem sind Wasserkraftwerke, die vor 1991 gebaut wurden, sowie spätere Anlagen, die mit unzureichenden Wanderhilfen ausgestattet sind», sagt Jérôme Plomb, Projektleiter bei Aquarius, einem auf Gewässer- und Fischökologie spezialisierten Büro in Neuenburg.

Darum verabschiedete das Parlament im Jahr 2009 den von verschiedenen NGOs initiierten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser». Dieser umfasste Änderungen mehrerer Bundesgesetze und soll die Revitalisierung der Gewässer fördern sowie die negativen Auswirkungen der Wasserkraft reduzieren. Die Kantone erhielten damit die Aufgabe, die für die Fischgängigkeit problematischen Hindernisse zu identifizieren. Ergebnis: Insgesamt müssen bis 2030 fast 1000 Anlagen saniert werden. Dieser Vorgang beginnt jeweils damit, dass der Kanton eine Sanierungsverfügung an die Betreiber der Wasserkraftanlagen erlässt. Die Kosten für Studien und Massnahmen, um die Wanderungen der Fische wiederherzustellen, werden vollumfänglich vom Bund entschädigt.

Treppen und Lifte für Fische

Eine der gängigsten Massnahmen, um Fischen dabei zu helfen, trotz Hindernissen flussaufwärts zu schwimmen, ist die Fischtreppe. Diese besteht aus einer Reihe aufeinanderfolgender Wasserbecken, die durch Öffnungen in den Trennwänden miteinander verbunden sind. Die Fische können die Höhendifferenz über die kleinen Wasserfälle zwischen diesen Becken bewältigen. Bei grösseren Höhenunterschieden lässt sich alternativ ein Fischlift bauen, wie kürzlich bei der Anlage Les Moulinets an der Orbe in der Nähe von Yverdon (VD) oder an der Birs in Grellingen (BL).

Und es gibt weitere Möglichkeiten: Im Hagneckkanal (BE), wo die Aare in den Bielersee mündet, wurde vor Kurzem ein seesternförmiges Umgehungsgerinne für Fische errichtet – so können sie die Hindernisse von zwei Anlagen umschwimmen. Eine andere Lösung sind Umgehungsgewässer. Beim Flussabwärtswandern lassen sich die Fische durch einen feinen Rechen davor bewahren, in die Turbinen zu geraten. Stattdessen werden sie durch sogenannte Bypass-Systeme an den Anlagen vorbeigeleitet. Ein Beispiel für eine solche Fischabstiegshilfe findet sich an der Limmat beim Kraftwerk Stroppel (AG). 

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Letzte Änderung 13.09.2023

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