Messnetz Feststoffe in Fliessgewässern

Das BAFU betreibt ein schweizweites Messnetz, mit dem der Feststofftransport in den Gewässern beobachtet wird. Für das Monitoring der Fliessgewässer werden die Konzentration der Schwebstoffe sowie die Trübung gemessen und die Mengen an Geschiebematerial in ausgewählten Geschiebesammlern erhoben. Die Daten der Erhebungen können beim BAFU bezogen werden. In früheren Jahren wurden auch Flussdeltas vermessen. Im Rahmen von Pilotprojekten werden Schwebstoffen auch auf unterschiedliche chemische und physikalische Parameter wie Schwermetalle und Mikroplastik untersucht.



© BAFU

Was ist Feststofftransport?

Feststoffe sind alle festen Stoffe, die im Wasser transportiert oder abgelagert werden. In Flüssen und Bächen kommen sie in drei Formen vor: als Schwimmstoffe, Schwebstoffe und Geschiebe. Gewöhnlich stellen Schwebstoffe den Hauptbestandteil dar.

  • Schwebstoffe: Schwebstoffe sind feine, leichte Partikel, die im Wasser augbewirbelt werden und in der Schwebe gehalten werden. Sie können aus Ton und Schluff bestehen, in Flüssen mit grösserem Gefälle und in Wildbächen manchmal auch in der Form von Sand. In Gewässerabschnitten mit wenig Strömung oder in Seen sinken die Schwebstoffe zu Boden (Sinkstoffe) und bilden Sedimentschichten.

  • Geschiebe: Im Gegensatz dazu besteht das Geschiebe aus gröberem Material: Sand, Kies, Steine bis hin zu grossen Blöcken. Das Geschiebe wird durch «Rollen, Gleiten oder Springen» am Grund von Bächen und Flüssen transportiert. Dazu ist mehr Transportkraft des Fliessgewässers erforderlich, etwa bei höherem Abfluss (Hochwasser) oder durch grösseres Gefälle (Gebirgsbäche).

  • Schwimmstoffe: Schwimmstoffe sind vorwiegend organischen Ursprungs. Wasserpflanzen, treibendes Holz oder auf der Oberfläche schwimmender Plastikmüll.

Besonders bei Hochwasser kommt es häufig zu einem erhöhten Feststofftransport. Innerhalb kurzer Zeit können grosse Mengen an Material in die Überschwemmungsgebiete transportiert werden. Dies kann unter Umständen sogar den Wasserlauf verändern.

Feststoffbeobachtung in der Schweiz

Ein Tätigkeitsbericht der Landeshydrologie. 2005


Bedeutung des Feststoffmonitorings

Kenntnisse über den Feststofftransport sind aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen von grosser Bedeutung:

  • Gewässerschutz und Schadstofftransport: Schwebstoffe spielen eine bedeutende Rolle für die Wasserqualität, da sie zahlreiche Belastungs- und Schadstoffe wie Schwermetalle oder organische Verbindungen adsorbieren und anreichern können. Auf diese Weise transportieren sie diese Stoffe im Wasserkörper und tragen zur Verbreitung von Verunreinigungen bei. Dadurch fungieren Schwebstoffe als Speicher und – wenn sie die Verbindungen langsam wieder an die Umgebung abgeben – als sekundäre Quellen langfristiger Umweltbelastungen. Die Kenntnis der physikalischen und chemischen Eigenschaften dieser Partikel sowie ihrer Schadstoffbelastung ist daher für den Schutz der ökologischen Integrität aquatischer Ökosysteme und die Bewertung der Wasserqualität von grosser Bedeutung.

  • Schutz von Wasserlebewesen: Feinkörnige Sedimente können die aquatischen Lebensräume beeinträchtigen. Lücken zwischen gröberen Partikeln am Gewässergrund ermöglichen eine gute Durchlässigkeit für Wasser und bieten kleine Nischen für sogenannte litho-rheophile Arten. Am Beipiel der Forelle kann man die Bedeutung gut erkennen: Forellen legen ihren Laich in Kies ab und die Eier werden gut mit sauerstoffreichem Wasser versorgt. Wenn die Zwischenräume zwischen dem Kies durch Feinsediment verstopft werden, wird der Austausch zwischen Fluss und Kies behindert, die Forelleneier werden nicht mehr mit genug Sauerstoff versorgt und können absterben. Durch zuviel Feinsediment kann wichtiger Lebensraum für litho-rheophile Arten verloren gehen, was zu hoher Laichsterblichkeit und einem Rückgang der Biodiversität führt. Zudem verringert eine hohe Konzentration von Schwebstoffen im Wasser den Lichteinfall, wodurch die Photosyntheseaktivität und somit die Primärproduktion eingeschränkt werden. Algen und Wasserpflanzen wachsen weniger gut. Zusätzlich absorbieren die suspendierten Partikel Wärme, was zu einem Anstieg der Wassertemperatur führt. Hohe Konzentrationen von Schwebstoffen können zudem Wirbellose und Fische schädigen, indem sie deren Filter- und Atmungsorgane verstopfen und die Entwicklung von Eiern und Larven hemmen. Feine Partikel wirken sich dabei stärker negativ aus als grobkörnigere. Die Kontrolle der Schwebstoffbelastung ist daher unerlässlich, um aquatische Biodiversität zu schützen.

  • Schutz des Grundwassers: Feine Sedimente können auch die Grundwasserneubildung beeinträchtigen. Der Prozess der Verstopfung der Zwischenräume des Substrats am Gewässergrund heisst auch Kolmatierung des Bettes. Kolmatierung beeinträchtigt den Austausch mit dem Grundwasser und kann ein Auffüllen des Grundwassers mit Flusswasser einschränken. Bei zu starker Förderung von Grundwasser sinkt dann der Grundwasserspiegel ab. Andererseits wirken Feinsedimente als Filterschicht, die Partikel, Bakterien und teilweise Schadstoffe zurückhalten und verhindern, dass sie ins Grundwasser gelangen.

  • Schutz der technischen Anlagen und Infrastruktur: Der dynamische Feststofftransport kann ein erhebliches Risiko für Infrastrukturen wie Brücken, Dämme und technische Anlagen darstellen. Durch gezieltes Monitoring können Gefahren wie Erosion und Abrieb frühzeitig erkannt und Schutzmassnahmen ergriffen werden. Bei der Bewirtschaftung von Reservoiren kann das Auffüllen des Stauraumes mit Sedimenten zur Verringerung der Speicherkapazität führen und damit auch zur Verringerung des für die Stromerzeugung nutzbaren Wasservolumens. Da in der Schweiz rund 59,6 % der Stromerzeugung aus Wasserkraft stammen (BFE, 2024), ist die aktive Überwachung dieser Infrastruktur durch die Anlagenbetreiber essenziell. Auch Turbinen müssen vor Verschleiss geschützt werden. Dies geschieht durch Abscheideanlagen wie Entsander oder andere technische Einrichtungen, die auf der Grundlage von Messungen der Konzentration und Partikelgrössenverteilung der Schwebstoffe basieren. Die Daten aus der Schwebstoffüberwachung können somit Schäden durch Verschleiss verhindern und die Effizienz der Anlagen langfristig sichern.

  • Verlandung und Schifffahrt: Feststoffe, die von Zuflüssen in Seen transportiert werden, lagern sich dort ab und bilden Deltas. Dieser natürliche Prozess der Verlandung kann langfristig die Schifffahrt beeinträchtigen. Um Wasserwege offen zu halten, ist es notwendig, die transportierten und abgelagerten Sedimentmengen zu messen. Gegebenfalls sind dann Baggerungen nötig, um Hindernisse für die Schifffahrt zu beseitigen.

    Zum anderen birgt die Ansammlung von Feststoffen in Deltas ein Risiko von Deltainstabilität und Rutschungen, insbesondere bei Hochwasser. Solche Rutschungen können erhebliche Schäden an Infrastrukturen verursachen. Das Monitoring der Schwebstofffrachten ist daher entscheidend, um die Entwicklung der Deltas sowie die langfristige Risikobewertung und Planung von Gegenmassnahmen zu ermöglichen.

  • Abschätzung von Stabilität, Erosion und Bodenverlusten in Wassereinzugsgebieten: Die Folgen des Klimawandels, wie längere Dürreperioden, intensivere Niederschläge, Gletscherrückzug und steigende Temperaturen, führen zu einer Zunahme der Erosionsrate und des Bodenverlusts in den Wassereinzugsgebieten. Dies wiederum kann den Transport von Schwebstoffen in den Gewässern erhöhen. Durch die Schwebstoff- und Geschiebemessung erhält man Hinweise auf erosive Vorgänge in einem Einzugsgebiet. So können Erosionsraten von Einzugsgebiete verglichen, aber auch erosionshemmende Massnahmen bewertet werden.

Informationen zu den einzelnen Messnetzen

Geschiebemessnetz

Das BAFU erfasst die von Gewässern transportierten Geschiebemengen von rund 100 Geschiebesammlern. Die Kantone und Forschungsinstitute liefern dem BAFU die Werte der transportierten und in den Sammlern abgelagerten Geschiebemengen, welche mit Vermessungsinstrumenten oder bei der Entleerung der Geschiebesammler geschätzt werden.

Schwebstoffmessnetz

Das Schwebstoff-Monitoring startete in den 1960er-Jahren und dient der Dokumentation des Gewässerzustandes und längerfristiger Veränderungen sowie der Kontrolle der Wirksamkeit der Gesetzgebung im Bereich des Gewässer- und Umweltschutzes.

Im Laufe der Jahre wurden an 59 Messstellen Schwebstoffe in Fliessgewässern erfasst. Derzeit werden die Schwebstoffkonzentrationen an 14 strategisch gelegenen Messstationen überwacht, die sich an den wichtigsten Flüssen, jeweils oberhalb grosser Seen, befinden. Die Stichproben werden zweimal pro Woche in der Mitte des Flusses an der Oberfläche mit einem vom BAFU entwickelten Schwebstoffprobenehmer entnommen. Zusätzlich wird einmal jährlich eine detailliertere Schwebstoffquerprofilaufnahme des Flusses durchgeführt, indem verschiedene Vertikalen in unterschiedlichen Tiefen beprobt werden. Diese mehrdimensionale Probenahme ermöglicht eine Erfassung der Verteilung der Schwebstoffkonzentrationen über den Flussquerschnitt.

Die gemessenen Schwebstoffkonzentrationen werden unter Berücksichtigung der Abflussmessungen zur Berechnung der jährlichen Schwebstofffracht verwendet. Die Trübung dient dabei als Hilfsgrösse (s.u.). Für die kommenden Jahre sind zusätzliche chemische Analysen der Schwebstoffe geplant, um die chemische Belastung und Kontamination der Gewässer umfassend zu bewerten. Dazu gehören auch Untersuchungen auf Schwermetalle und persistente stark hydrophobe organische Schadstoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs), da diese oft an Schwebstoffe gebunden transportiert werden. Ausserdem wird die Grösse der Partikel bestimmt (Korngrössenverteilung). Zu den Schwebstoffen gehören auch Mikroplastik und Reifenabrieb.

Zusammenfluss von Sihl und Limmat
Zusammenfluss von Sihl (trübes Wasser) und Limmat beim Zürcher Hauptbahnhof im August 2005.
© AWEL, Kantonale Baudirektion Zürich/Kantonspolizei Zürich

Trübungsmessnetz

Die Messung der Trübung (Verringerung der Transparenz) im Gewässer wird unter anderem zur Abschätzung der Schwebstoffkonzentration zwischen den Terminen der Stichprobenahmen verwendet. Trübungswerte stellen eine unspezifische Messgrösse für die Schwebstoffkonzentration dar. Die Korrelation zwischen Trübung und Schwebstoffkonzentration ist aufgrund der optischen Eigenschaften von Schwebstoffen, z. B. ihres Brechungskoeffizienten, ihrer Form und anderen Eigenschaften nicht immer linear.

Die 14 Schwebstoffmessstellen des BAFU sind mit optischen Sonden zur kontinuierlichen Messung der Trübung ausgerüstet. Die Trübung wird mit einem nephelometrischen Verfahren gemessen. Die Trübungssonde sendet dazu einen Lichtstrahl ins umgebende Wasser. Das Licht wird an den Partikeln im Wasser gestreut und gelangt nur teilweise zurück zum Messfenster der Sonde. Die Intensität des beim Messfenster ankommenden Streulichtes ist ein Mass für die Konzentration der Partikel im Wasser. Für unterschiedliche Konzentrationsbereiche kann die Sonde das Streulicht in unterschiedlichen Winkeln relativ zum ausgesandten Lichtstrahl erfassen (90° und 140° für höhere Konzentrationen).

Akustischer Sedimentflussprofiler

Optische Trübungsmessungen hängen stark von der Partikelgrösse der Schwebstoffe ab. Die Verteilung der Partikelgrösse ist meist nicht einheitlich und kann sich je nach den Abflussverhältnissen und den Bedingungen im Einzugsgebiet schnell ändern. Als kontinuierliche Eingangsgrösse für die Berechnung der Schwebstofffrachten bringt die Trübungsmessung daher einige Unsicherheiten mit sich. Zur Verbesserung des Schwebstoff-Messnetzes und zur Verringerung von Unsicherheiten hat das BAFU die TU Wien beauftragt, das bestehende System weiterzuentwickeln und zu verbessern. Im Zentrum steht eine hydroakustische Messtechnologie, insbesondere ein akustischer Sedimentflussprofiler (ASFP), der kontinuierliche Messungen der Schwebstoffkonzentration, Korngrösse und Fliessgeschwindigkeit entlang ganzer Flussquerschnitte ermöglicht. Der ASFP soll die Genauigkeit und zeitliche Auflösung der Messungen deutlich verbessern, Ereignisse wie Starkniederschläge besser erfassen und langfristig manuelle Probenahmen und Laboranalysen reduzieren.

Schwemmholz am Kanderdelta
Kanderdelta am 30.08.2023: Das Schwemmholz aus der Kander wird für die Schifffahrt aus dem Weg geräumt.
© Philippe Gyarmati, BAFU

Delta- und Seegrundaufnahmen

Die Beobachtung der Entwicklung von Deltas bei Gewässermündungen in die Seen ist wichtig, da sie Auswirkungen auf die Fliessgewässer (Veränderung der Morphologie, Verringerung des Gefälles) und auf die Seen selber (Verschlammung, Veränderung der Biosphäre, Trinkwassergewinnung) haben können. In der Regel führt das BAFU keine Delta- und Seegrundaufnahmen mehr durch. Die bathymetrischen Daten sind über swissBATHY3D verfügbar, einem digitalen Geländemodell, das die Topografie der Schweizer Seeböden detailliert abbildet.

Dokumente

Geschiebelieferung alpiner Wildbachsysteme bei Grossereignissen (PDF, 9 MB, 02.06.2009)Ereignisanalysen und Entwicklung eines Abschätzverfahrens. Dissertation von Eva Gertsch, Universität Bern, 2009.

Anhänge zur Dissertation von Eva Gertsch (PDF, 20 MB, 02.06.2009)Factsheets zu den untersuchten Wildbacheinzugsgebieten; Anleitung zur GIS-basierten Herleitung der Inputparameter für das Geschiebeabschätzverfahren; Vorlagen der Hang-Beurteilungsmatrix und Gerinne-Beurteilungsmatrix des Geschiebeabschätzverfahrens

Geomorphologische Auswirkungen von Geschiebesammlern auf den Unterlauf in Wildbächen (PDF, 8 MB, 31.05.2016)Eine Untersuchung an Geschiebesammlern der Datenbank Solid. Masterarbeit von Silvia Käser, Universität Bern, 2016.

Das Modell sedFlow und Erfahrungen aus Simulationen des Geschiebetransports in fünf Gebirgsflüssen der Schweiz (PDF, 19 MB, 03.06.2016)Synthesebericht der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, 2015.

Datenbank Solid - Konzeptoptimierung (PDF, 1 MB, 03.06.2016)Schlussbericht, Universität Bern, 2015. Im Auftrag des BAFU

Weitere Literaturhinweise zu diesem Thema sind in untenstehendem Dokument zusammengefasst. Die Studien und Berichte sind auf Anfrage erhältlich über hydrologie@bafu.admin.ch.

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Letzte Änderung 14.10.2025

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