Mit den NIS-Expositionsmessungen soll die tatsächliche Belastung der Bevölkerung durch die wichtigsten Quellen von nichtionisierender Strahlung (z.B. Hochspannungsleitungen, Rundfunksender, Mobilfunkanwendungen, WLAN) erfasst werden. Zu diesem Zweck lässt das BAFU seit 2021 schweizweit Messungen in typischen öffentlichen Aussen- und Innenbereichen und in Privatwohnungen durchführen. 2022 konnten die ersten Ergebnisse publiziert werden.

Der erste Auftrag zur Erfassung der Belastung der Schweizer Bevölkerung durch NIS wurde vom BAFU für den Zeitraum 2021–2025 in einem öffentlichen Beschaffungsverfahren ausgeschrieben. Im November 2020 erhielt ein Konsortium namens SwissNIS, bestehend aus drei Privatunternehmen und einem öffentlichen Forschungsinstitut, den Zuschlag für das Projekt. Die Auftragssumme beträgt 1,1 Mio. CHF. Neben der Durchführung der Messungen umfasst der Auftrag die Aufbereitung und Veröffentlichung der Messergebnisse in einer Berichtserie mit jährlicher Auflage. Der erste von fünf Berichten dieser Berichtserie erschien am 15.06.2022 auf der Website des BAFU (siehe Medienmitteilung: BAFU - Erster Monitoringbericht zu nichtionisierender Strahlung).
Das vom BAFU beauftragte Projektkonsortium SwissNIS setzt bei den NIS-Expositionsmessungen auf ein innovatives Messkonzept mit Messungen an Orten, an denen sich Menschen typischerweise aufhalten. Es basiert weitestgehend auf dem im Dezember 2015 vom Bundesrat beschlossenen Konzept für ein nationales Monitoring elektromagnetischer Felder (PDF, 0.7 MB). Um die Belastung der Bevölkerung möglichst repräsentativ zu erfassen, kommen dabei drei verschiedene Messmethoden zum Einsatz.
Routenmessungen
Bei den sogenannten Routenmessungen werden zu Fuss Messungen mit mobilen Messgeräten auf vordefinierten Messrouten durchgeführt. Die Messrouten sind schweizweit auf alle Kantone verteilt und decken typische Aussenbereiche (z.B. Stadtzentren, Wohngebiete, ländliche Gebiete), unterschiedliche öffentliche Aufenthaltsbereiche (z.B. Bahnhöfe, Restaurants) sowie den Fahrgastbereich im öffentlichen Verkehr (z.B. Zug, Tram, Bus) ab. Die mobilen Messgeräte werden vom Messpersonal in einem speziellen Messrucksack transportiert. Der Abstand der Messgeräte zum Körper ist dabei so gewählt, dass Effekte durch Körperabschirmung minimiert ist. Der Messrucksack enthält Messgeräte für hochfrequente Strahlung, wie bspw. Mobilfunk oder WLAN, und auch solche für niederfrequente Felder, wie etwa von Hochspannungsleitungen. Die einzelnen Routenmessungen werden im Abstand von zwei Jahren wiederholt. Auf diese Weise lässt sich die zeitliche Entwicklung der Belastung erfassen.
Spotmessungen
Einen grossen Teil ihrer Zeit verbringen Menschen in ihren Wohnungen und Häusern. Private Wohnräume gelten gemäss der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) als Orte mit empfindlicher Nutzung. Sie werden zusätzlich durch strengere Grenzwerte geschützt. Daher werden in privaten Innenräumen detailliertere Messungen – die sogenannten Spotmessungen – durchgeführt. Diese bestehen aus mobilen Messungen in der ganzen Wohnung, einer stationären Kurzzeitmessung in der Mitte des Wohnzimmers und einer 24h-Messung im Schlafzimmer. Die Spotmessungen fanden in unterschiedlichen Wohnlagen (z.B. Stadtzentren, ländliche Gebiete) und Gebäudetypen (z.B. Einfamilienhaus, Mehrfamilienhaus, Bauernhaus) statt und schliessen Wohnungen in unmittelbarer Nähe zu den wichtigsten stationären NIS-Quellen ein (z.B. Hochspannungsleitung, Mobilfunkanlage).
Stationäre Dauermessungen
Seit Ende 2022 werden in einer Pilotphase stationäre Dauermessungen mit fünf ortsfesten Messstationen betrieben. In der Pilotphase wird getestet, ob eine kontinuierliche Datenaufzeichnung an einzelnen Orten zusätzliche Informationen zu saisonalen und tageszeitlichen Schwankungen und zur zeitlichen Entwicklung der NIS-Belastung liefern können.
Mit diesem Konzept wird zwischen 2021 und 2025 in mehr als 70 Gemeinden, schweizweit die NIS-Belastung gemessen (siehe Abbildung 3).
Allgemeines
Das Messkonzept der NIS-Expositionsmessungen ist darauf ausgelegt die typische Belastung der Bevölkerung über einen längeren Zeitraum zu erfassen. Im ersten Messjahr 2021 lag der Fokus auf der Umsetzung des Messkonzepts in die Praxis. Es hat sich gezeigt, dass das innovative Messkonzept in der Praxis gut funktioniert. Die ersten Ergebnisse weisen insgesamt auf eine moderate Belastung der Bevölkerung durch nichtionisierende Strahlung hin, deutlich unterhalb des Immissionsgrenzwerts. Durch die in Zukunft stetig wachsende Anzahl an Messungen, werden darauf basierende Erkenntnisse und Schlussfolgerungen nun kontinuierlich robuster und zuverlässiger.
Belastung durch hochfrequente Strahlung in öffentlich zugänglichen Bereichen
Die Belastung durch hochfrequente Strahlung in öffentlich zugänglichen Bereichen, d.h. dort wo sich Menschen üblicherweise im Alltag aufhalten, liegt auf einem tiefen Niveau (Datenstand: Dez. 2021). Die höchsten mittleren Belastungen – auf allerdings tiefem Niveau – wurden an Tramhaltestellen (0.66 V/m), in Industriegebieten (0.4 V/m) und Grossstadtzentren (0.38 V/m) gemessen. Die tiefsten mittleren Belastungen wurden in Landwirtschaftszonen (0.17 V/m) und im Naturgebiet (0.08 V/m) registriert (vgl. Abbildung 4).
Belastung durch niederfrequente Magnetfelder in öffentlich zugänglichen Bereichen
Die Belastung durch niederfrequente Magnetfelder in öffentlich zugänglichen Bereichen liegt im Mittel zwischen 0.02 und 1.15 µT. Die höchsten mittleren Belastungen – auf tiefem Niveau – traten dabei im Zug (1.15 µT), an Bahnhöfen (0.62 µT) und an Busshaltestellen (0.51 µT) auf (vgl. Abbildung 5).
Belastung in privaten Wohnungen
In Privatwohnungen stehen die Messungen erst am Anfang (Stand Dezember 2021). Die dort bisher gemessene Belastung ist durchwegs tief. Die Anzahl der Messungen ist aber noch so gering, dass sich noch keine allgemeingültigen Aussagen ableiten lassen. Erste belastbare Ergebnisse werden mit dem nächsten Jahresbericht im 2. Quartal 2023 erwartet.
Zeitliche Entwicklung der NIS-Belastung
Im Vergleich mit einer Studie von 2014, die im Auftrag des BAFU mit ähnlichem Messkonzept durchgeführt wurde, zeigt sich, dass die Belastung 2021 auf einem ähnlichen Niveau wie 2014 liegt – trotz einer Verzwanzigfachung der übertragenen Datenmenge per Mobilfunk im gleichen Zeitraum [vgl. Indikator Elektrosmog (admin.ch)]. Die Fortführung und Wiederholung der Messungen in der jetzigen Messreihe und die stationären Dauermessungen werden zukünftig weitere Analysen zur zeitlichen Entwicklung der NIS-Belastung ermöglichen.
Im Hochfrequenzbereich sind es meistens Mobilfunkanlagen, die den grössten Beitrag zur mittleren Belastung durch aus der Umgebung stammende Strahlungsquellen liefern (siehe Abbildung 6 hellblaue Balken). Lediglich im Zug und in der Metro stammt der Hauptanteil der mittleren Belastung von den Mobiltelefonen der Mitreisenden (siehe Abbildung 6 azurblaue Balken).
Hinweis: Die NIS-Expositionsmessungen erfassen gezielt diejenigen Strahlungsanteile, die aus der Umgebung stammen, nicht jedoch die Anteile, die durch das eigene Mobiltelefon entstehen. Es ist aber bereits aus anderen Studien bekannt, dass die Nutzung des eigenen Mobiltelefons die individuelle Belastung am stärksten bestimmt (z.B. Birks et al. (2018), van Wel et al. (2021); weitere Informationen siehe https://www.5g-info.ch/welchen-anteil-hat-mein-mobiltelefon-an-der-gesamtbelastung-durch-nichtionisierende-strahlung/ ).
Im Niederfrequenzbereich stammt der Hauptteil der Belastung meist von Anlagen zur Stromversorgung. Davon ausgenommen sind Bahnhöfe, Züge, Metros und Bushaltestellen, wo die Anteile des Eisenbahnstroms die Belastung bestimmen. Dabei ist anzunehmen, dass 2021 noch vergleichsweise viele Bushaltestellen und Restaurants in Bahnhofsnähe gemessen wurden und der Anteil Eisenbahnstrom dort in Zukunft mit der wachsenden Anzahl Messungen abnehmen wird. Im Tram und an der Tramhaltestelle ist die Belastung durch Tram-Rippelstrom erwartungsgemäss am stärksten ausgeprägt.
Für 2022 sind vier weitere Routenmesskampagnen an öffentlich zugänglichen Orten vorgesehen. Können diese Messungen wie geplant durchgeführt werden, steht Ende 2022 erstmalig ein vollständiger Datensatz mit repräsentativen Messungen aus allen Landesteilen zur Verfügung. Ab 2023 werden die Messungen im öffentlichen Raum wiederholt, um auch Erkenntnisse über die zeitliche Entwicklung der Belastung zu gewinnen. Zudem sind für 2022 ca. 40 Spotmessungen geplant, sodass mit dem 2. Jahresbericht robustere Ergebnisse zur Belastung in privaten Innenräumen erwartet werden können. Zusätzlich ist im Sommer 2022 eine Pilotstudie mit stationären Dauermessungen an 5 fixen Standorten gestartet. Der nächste Jahresbericht wird im 2. Quartal 2023 erwartet.
Die Ergebnisse und die darauf basierenden Erkenntnisse (z.B. zeitliche Veränderung) werden in den kommenden Jahren mit der wachsenden Anzahl Messdaten stetig robuster.
Berichte
Publikation «Expositionsmessungen nichtionisierender Strahlung: Jahresbericht 2021 - Projektkonsortium SwissNIS» (PDF, 6 MB, 24.05.2022)Im Auftrag des BAFU
Publikation «Expositionsmessungen nichtionisierende Strahlung: Jahresbericht 2022 - Projektkonsortium SwissNIS» (PDF, 4 MB, 30.08.2023)Im Auftrag des BAFU
Letzte Änderung 08.09.2023