Fast drei Viertel der Schweizer Bevölkerung leben in Städten und Agglomerationen. Eine hohe Landschaftsqualität sowie eine reichhaltige Biodiversität sind in diesen Räumen wesentlich für das Wohlbefinden der Menschen.
Zur «Agglomeration» gehört der urbane und suburbane, teilweise auch der periurbane Raum gemäss Raumkonzept Schweiz.
- urbaner Raum: Kern einer Agglomeration sowie dicht bebaute, an den Kern angrenzende Quartiere und Vororte. Wohn- und Arbeitsort mit einem breiten Angebot an Gütern, Dienstleistungen, kulturellen Einrichtungen und Parkanlagen.
- suburbaner Raum: Umgibt ein Zentrum und grenzt an den urbanen Raum. Enge funktionale Beziehungen zum Zentrum. Mosaik aus Siedlungen, Infrastrukturen, Erholungsgebieten, Landwirtschaftsgebieten und Wald.
- periurbaner Raum: Konzentriert sich in Agglomerationsnähe sowie entlang der Hauptverkehrsachsen. Oft erst wenig dicht bebaut und landwirtschaftlich geprägt, aber mit erheblicher baulicher Entwicklung.
Landschaftsleistungen sichern
Hohe städtebauliche Qualitäten sowie gut gestaltete Grün- und Gewässerräume machen das nahe Wohn- und Arbeitsumfeld für die Bevölkerung zu attraktiven Orten, um sich zu bewegen und zu erholen. Qualitativ hochwertige Landschaften stärken damit insbesondere die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden, und sie tragen dazu bei, dass Menschen sich mit ihrem Wohn- und Arbeitsort identifizieren. Die Standortattraktivität steigt und mit ihr die Wertschöpfung.
Durchgrünte Stadträume wirken zudem der Bildung von Hitzeinseln entgegen und mildern so die Folgen des Klimawandels. Siedlungen beherbergen schliesslich eine erstaunliche Artenvielfalt. Sie spielen damit eine wichtige Rolle für die Biodiversität und können einen Beitrag leisten beim Vernetzen von Lebensräumen.
Qualitätsorientierte Siedlungsentwicklung nach innen
In den Agglomerationen wird in den kommenden Jahren ein besonders starkes Bevölkerungswachstum erwartet. Der Bedarf an Wohnfläche steigt und Verkehrsinfrastrukturen werden immer dichter. Die im Raumplanungsgesetz festgeschriebene bauliche Entwicklung gegen innen schützt die offene Landschaft vor Zersiedelung und Zerschneidung, reduziert mit kürzeren Reisedistanzen die Umweltbelastung und senkt den Ressourcenverbrauch.
Eine bauliche Verdichtung ohne Rücksicht auf die Qualitäten des Siedlungsraums läuft allerdings Gefahr, noch mehr Böden zu versiegeln, Lebensräume für Pflanzen und Tiere zu zerstören und die Lärmbelastung zu verstärken.
Eine qualitätsorientierte bauliche Entwicklung nach innen verbessert demgegenüber die Landschaftsqualität: Das Ortsbild wird aufgewertet, es entstehen zugängliche, naturnahe Grünflächen sowie identitätsstiftende Orte. Pflanzen und Tiere finden neue Lebensräume, die Böden nehmen ihre Funktionen besser wahr. Die Durchlüftung des Siedlungsraums wird verbessert, Umweltbelastungen sinken und es entsteht ein angenehmes Stadtklima.
Beispiele solcher Entwicklungen sind umgenutzte Industrieareale, überdeckte Strassen, begrünte Fassaden und bepflanzte Flachdächer oder ökologisch aufgewertete Umgebungsareale und renaturierte Gewässerräume.
Um diese Potenziale zu realisieren, braucht es die Orientierung an einem gemeinsamen Zielbild und die Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen (Stadtplanung, Landschaftsarchitektur, Architektur, Ingenieurwesen) und Bauherrschaften. Um gute Lösungen zu finden, ist es meist zielführend, die Bevölkerung in einem partizipativen Prozess aktiv miteinzubeziehen.
Die Agglomerationspolitik entwickelt sich weiter
Die Agglomerationsprogramme Verkehr und Siedlung sind ein zentraler Pfeiler der Agglomerationspolitik des Bundes. Sie zielen auf eine koordinierte Entwicklung von Verkehr und Siedlung mit Hilfe einer gesamträumlichen Planung und Abstimmung. Die Projekt-Trägerschaften sind dazu aufgefordert, dabei auch die Landschaft zu berücksichtigen.
Ein vom BAFU über den Aktionsplan Strategie Biodiversität mit den Kantonen sowie den Städten und Gemeinden gemeinsam realisiertes Projekt hat die Voraussetzung untersucht, wie Biodiversität und Landschaftsqualität verstärkt in die Agglomerationspolitik aufgenommen werden können.
Agglomerationen sind gemäss diesem Projekt für die Landschaft eine wichtige Handlungsebene. Der Bund, die Kantone und die Gemeinden können diese Ebene stärken, indem sie:
- kohärente und integrierte Qualitätsziele für die Landschaft und die Biodiversität auf Agglomerationsebene formulieren;
- mehr Landschafts- und Biodiversitäts-Projekte in den Agglomerationsräumen ermöglichen;
- die Handlungsfähigkeit der Agglomerationen bei den Themen Landschaft und Biodiversität verbessern.
Das LKS formuliert unter den sieben Qualitätszielen für spezifische Landschaften je eines für städtische und für periurbane Landschaften:
- Ziel 8: Städtische Landschaften – qualitätsorientiert verdichten, Grünräume sichern
- Ziel 9: Periurbane Landschaften – vor weiterer Zersiedlung schützen, Siedlungsränder gestalten
Ausserdem befassen sich zwei Sachziele explizit mit Agglomerationen. Das erste (7.A) richtet sich an die Raumplanung, das zweite (10.D) an die Verkehrspolitik:
- Ziel 7.A Qualitätsorientierte Siedlungsentwicklung nach innen
- Ziel 10.D Landschaft und Biodiversität in Agglomerationen
Letzte Änderung 15.05.2024